BYD-Aktie: Ein Ritterschlag für den Autobauer

13.10.22

Die BYD-Aktie (WKN: A0M4W9) fällt am Morgen in Hongkong leicht um -1,64% auf 191,70 HK$. Wie am Mittwoch bekannt wurde, war der Kompakt-SUV des Autobauers, Atto 3, bei dem europäischen Crashtest-Programm NCAP die große positive Überraschung.

BYD ist ein agiler chinesischer Mischkonzern, der sich in drei Hauptgeschäftsfelder aufteilt: Automobile, das Batterie- und Solarsegment und die eigenständige Holding BYD Electronics. Fahrzeug-Komponenten wie Halbleiter und Akkus erhalten die Chinesen damit aus erster Hand – in Zeiten knapper Rohstoffe und Vorprodukte ein großer Wettbewerbsvorteil. An der Börse hat das Unternehmen derzeit einen Wert von umgerechnet 91 Milliarden US$.

BYDs Kompakt-SUV erhält im Euro-Crashtest Bestnoten

„Das gefährlichste Auto der Welt?“, fragte Autobild, als Jiangling Motors 2005 sein Modell Landwind nach Deutschland brachte. Der ADAC-Crashtest des chinesischen Fabrikats hatte damals ergeben: Ein Frontalaufprall bei 65 km/h würde für den Fahrer des Fahrzeugs den sicheren Tod bedeutet. Der Markteintritt scheiterte krachend, das Image schlampiger Autobauer haftet an den Chinesen bis heute.

Wieviel sich seitdem bei chinesischen Herstellern verändert hat, beweist der Marktführer BYD mit seinem Kompakt-SUV Atto 3: Wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte, schnitt das reinelektrische Modell bei Sicherheitstests im Rahmen des Euro-NCAP-Programms mit fünf von fünf Sternen sehr gut ab. Damit ist der Mischkonzern die einzige chinesische Marke, die bei dem europäischen Crashtest-Rating Bestnoten erhalten hat.

In der Kategorie Schutz von erwachsenen Insassen hat der Atto 3 von den Testern 91% der Gesamtpunktzahl erhalten, beim Schutz von Kindern 89%. Beim Schutz von gefährdeten Verkehrsteilnehmern – der Fußgängersicherheit – wurden nur 69% der Punkte erreicht. Bei den Sicherheitsassistenten wurde das chinesische Elektroauto mit 74% bewertet.

Sixt wird zum ersten deutschen Großkunden

Ende September hatte BYD die Vorverkaufspreise seiner Elektro-Modelle für den Europa-Start bekanntgegeben. Den Atto 3 mit einem Basispreis von 38.000 € hat der Autobauer speziell für den europäischen Markt entwickelt. Der Fronttriebler hat eine Leistung von 204 PS und eine Reichweite von ca. 420 Kilometern. Auf die Batterie gewähren die Chinesen 8 Jahre Garantie.

Die ausführlichen Spezifikationen will der Hersteller noch im Oktober bei der offiziellen Vorstellung der Fahrzeuge auf dem Autosalon in Paris bekanntgeben. Anschließend sollen zwei SUVs und eine Limousine des Mischkonzerns in Skandinavien, den Benelux-Staaten und Deutschland auf den Markt kommen.

Einen Großabnehmer hat BYD hierzulande bereits gefunden. So hat sich vergangene Woche der deutsche Autovermieter Sixt dazu verpflichtet, in den kommenden Jahren rund 100.000 Elektrofahrzeuge des chinesischen Herstellers zu kaufen.

Eine Woche, drei neue Märkte

Es ist nicht zu übersehen, dass der Konzern, dessen Firmen-Kürzel für „Build your Dreams“ steht, seinen Traum einer weltweiten Expansion intensiv vorantreibt. So hat das Unternehmen in der vergangenen Woche seine Präsenz in insgesamt drei Ländern erweitert.

Der Atto 3, der in China als Yuan Plus verkauft wird, feierte unter der Woche sein Debüt in Indien. Wenig später soll der Markteintritt des Modells in Malaysia folgen, wo die Chinesen eine Partnerschaft mit dem Autohändler Sime Darby Motors eingegangen sind. Zudem konnte der Autobauer kürzlich eine Einigung erzielen, um 120 vollelektrische Sattelschlepper des Typs Q3MA nach Mexiko zu liefern.

Ritterschlag für BYD

Bislang ist die Export-Statistik von BYD noch dürftig: Von den über 200.000 im September verkauften E-Fahrzeugen landeten nur knapp 8.000 im Ausland. Mit der aggressiven Expansion, die das Unternehmen insbesondere in Europa und Südamerika nun betreibt, dürfte sich dieses Verhältnis in Zukunft deutlich verbessern und das Wachstum des Herstellers abermals beschleunigen.

Die Elektromobilität eröffnet nun in der Industrie ein neues Kapital und BYD die Chance, auf dem europäischen Markt gegen die etablierten Marken zu punkten. Umfragen haben zuletzt ergeben, dass Kunden vor allem Verarbeitungsqualität, technische Ausstattung und Nachhaltigkeit wichtig sind.

Das europäische NCAP-Programm ist keine verbindliche Bewertung, da es keine Fahrzeuge für den Straßenverkehr zertifiziert. Aber die europäischen Verbraucher achten Marktforschern zufolge stark auf die Euro-Crashtest-Werte, weshalb die Autohersteller aggressiv mit guten Bewertungen werben.

Die Fünf-Sterne-Auszeichnung ist für den chinesischen Autobauer ein Ritterschlag, den Europäern signalisiert, dass die Sicherheitssorgen bei chinesischen Modellen von einst passé sind. In Joint Ventures haben BYD & Co. viel von den Europäern gelernt. Die Verarbeitungsqualität der Fahrzeuge ist mittlerweile über jeden Zweifel erhaben und in Sachen Komfort, technische Spielereien und Preis-Leistung sind sie der europäischen Autoindustrie häufig sogar voraus.

Fazit: Kaufkurse nutzen

Der Aktienkurs von BYD konnte in den vergangenen Monaten kaum von den Wachstumsfantasien profitieren. Die Rezessionsängste der Anleger haben den Titel seit seinem Hoch im Juli um über -40% auf 193 HK$ hinabgerissen.

Langfrist-Investoren sollten sich meiner Meinung nach jedoch keine Sorgen machen und die aktuelle Schwächephase an der Börse lieber für Zukäufe nutzen. Wie kein anderer Hersteller hat der chinesische Mischkonzern den gesamtwirtschaftlichen Widrigkeiten zuletzt getrotzt. Ich bin daher davon überzeugt, dass das Unternehmen auch in einem echten konjunkturellen Tief im Verhältnis zur Konkurrenz profitieren kann.

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