Friedrich Vorwerk-Aktie -37%: Jetzt kaufen?

Zu den größten Tagesverlierern am deutschen Aktienmarkt gehört heute das Papier der Friedrich Vorwerk Group. Nach Bekanntgabe von enttäuschenden Zahlen stürzte der Titel in der Spitze um rund -45% ab. Mittlerweile hat er sich leicht erholt und notiert bei rund 12,50 €. Sind das jetzt Kaufkurse?

Die Friedrich Vorwerk Group SE, kurz Vorwerk, ist ein führender Anbieter im Bereich der Energieinfrastruktur. Hierzu zählen Konzipierung, Realisierung und Inbetriebnahme komplexer Energienetze für Gas-, Strom- und Wasserstoffanwendungen. Das Unternehmen hat den Hauptsitz im niedersächsischen Tostedt. Die Marktkapitalisierung beträgt 253 Millionen €.

Was ist die Ursache für den Kurssturz?

Bis Ende des dritten Quartals war die Welt in Ordnung, Vorwerk wuchs und erzielte gute Gewinne. Mit der Bekanntgabe der Geschäftszahlen für das vierte Quartal sowie für das Geschäftsjahr 2022 ist es damit vorbei.

Das vierte Quartal ist durch eine völlig konträre Entwicklung geprägt. Der Umsatz wuchs um 56% auf 109 Millionen €, das operative EBIT schmolz dagegen auf kümmerliche 2,8 Millionen €. Die sich daraus ergebende EBIT-Marge fiel auf magere 2,6%.

Deutlich höhere Kosten

Als Ursachen für diese Entwicklung nennt das niedersächsische Unternehmen zwei Gründe. Einerseits sind die Kosten für Material und Personal deutlich gestiegen. Der wichtigere Aspekt ist jedoch, dass die Kosten für Nachunternehmen deutlich gestiegen sind.

Wegen des Zeitdrucks bei den Infrastrukturarbeiten, insbesondere die Fertigstellung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven, mussten verstärkt Nachfolgeunternehmen eingeschaltet werden. Um den Zeitplan einhalten zu können, stiegen die Kosten für deren Arbeiten.

Das vierte Quartal verhagelte die Entwicklung des gesamten Geschäftsjahres. Der Gesamtumsatz stieg auf 368 Millionen €, er lag damit deutlich über den erwarteten 320 Millionen €. Das Problem für Börsianer liegt darin, dass die EBIT-Marge auf 9,2% gesunken ist, erwartet wurde eine Spanne zwischen 13 und 15%.

Für das Geschäftsjahr 2023 ist man seitens des Unternehmens vorsichtiger geworden. Der erwartete Umsatz soll bei 300 Millionen € liegen, die EBIT-Marge wird nur noch mit 9,2% angegeben.

Zu hohe Erwartungen

Die Kursentwicklung seit der Emission zeigt, dass der Ausgabekurs der Aktie mit 45 € deutlich zu hoch war. Die damaligen Erwartungen an das Unternehmen waren zu hoch. Ebenfalls wurden die zukünftigen Erwartungen völlig falsch eingeschätzt.

Für Aktionäre, die seit der Börseneinführung dabei sind, ist das jetzige Kursniveau ein reines Desaster.

Meiner Meinung nach ist die Abstrafung des Papiers übertrieben. Die schnelle Fertigstellung der LNG-Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel konnten nur durch einen verstärkten Einsatz von Nachfolgeunternehmen erreicht werden. Dies sollte jedoch eine Ausnahmesituation gewesen sein.

Gutes Auftragsvolumen

Wichtiger ist ein Blick auf zukünftige Aufträge. Das Auftragsvolumen liegt deutlich über 400 Millionen €. Der letzte Großauftrag mit dem Stromnetzbetreiber Amprion hat ein Volumen von 0,85 bis 1,1 Milliarden €. Der Anteil des Tochterunternehmens Bohlen & Doyen beträgt 30%. Hier dürfte die Gewinnspanne deutlich höher sein als zuletzt.

Um für weiteres Wachstum gewappnet zu sein, erfolgten mehrere Übernahmen in den vergangenen Jahren. Auch zukünftig wird das Unternehmen bei passenden Gelegenheiten Übernahmen durchführen. Das Geschäftsjahr 2023 ist laut Unternehmensangaben ein Übergangsjahr.

Für wen eignet sich die Aktie?

Normale und sicherheitsbewusste Anleger sollten das Papier vorerst meiden. Die weitere Entwicklung, insbesondere im ersten Quartal, wird zeigen, wie sich der Gewinn entwickelt.

Für Trader und risikobewusste Anleger sieht das ganz anders aus. Diese warten auf solche günstigen Gelegenheiten. Oftmals kommt es nach solchen Kursabstürzen zu Kurserholungen, der Markt muss sich neu sortieren.

Trader nutzen diesen Kursanstieg. Risikobewusste Investoren sehen hierin gute Einstiegschancen.

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