Villeroy & Boch-CFO: „Das hilft der Wettbewerbsfähigkeit unserer Produkte“

Villeroy & Boch (WKN: 765723) hat vergangene Woche Details zum Schuldscheindarlehen veröffentlicht, dass die im September bekanntgegebene Übernahme von Ideal Standard zum Teil finanzieren wird. Im ersten Teil des großen sharedeals.de-Interviews habe ich mit V&B-Finanzchef Markus Warncke exklusiv über die kurz- und langfristigen Konsequenzen der Ideal Standard-Übernahme gesprochen. In diesem zweiten Part des Gesprächs geht es um die derzeitige Situation des Konzerns sowie seine Zukunftsaussichten.

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ℹ️ Villeroy & Boch vorgestellt

Das im saarländischen Mettlach angesiedelte Keramikunternehmen Villeroy & Boch AG, kurz V & B, gehört weltweit zu den Premiummarken. Die Schwerpunkte liegen in den Segmenten "Bad & Wellness" sowie "Dining & Lifestyle".

Mit der Übernahme von Ideal Standard baut der Konzern seine Marktposition deutlich aus. Das Mettlacher Unternehmen ist in 125 Ländern vertreten. Die Marktkapitalisierung beträgt rund 216 Millionen €.

„Konjunkturlage ist anspruchsvoll“

sharedeals.de: Wie beurteilen Sie die bisherige Geschäftsentwicklung und was ist noch für das restliche Jahr zu erwarten? Die neue Prognose sieht einen Umsatzrückgang von 3 bis 6% vor, beim operativen EBIT ist mit einem Rückgang von 5 bis 10% zu erwarten.

Markus Warncke: Die Konjunkturlage ist derzeit sehr anspruchsvoll, das merkt Villeroy & Boch bei den Absatzzahlen. Die Jahresprognose wurde daher in dem Halbjahresbericht nach unten angepasst. Diese neue Prognose wird erreicht, allerdings liegen die Werte im unteren Bereich. Der Umsatzrückgang konnte durch eine Preisanhebung nur teilweise ausgeglichen werden.

Im Unternehmensbereich Dining & Lifestyle gehen wir von einem guten Weihnachtsgeschäft aus. Hier ist die Kaufbereitschaft noch gut. Im Unternehmensbereich Bad & Wellness merken wir, dass der Rückgang sich verlangsamt.

Insgesamt sind wir mit dem Jahresverlauf noch zufrieden. Die Planung für das nächste Geschäftsjahr ist teilweise schon erfolgt, diese Werte werden auf der Bilanzpressekonferenz Ende Februar 2024 kommuniziert.

sharedeals.de: Wie positioniert sich das Unternehmen im Hinblick auf die schwache Konjunktur, werden Stellen abgebaut?

Markus Warncke: Der angesprochene Rückgang bei der Nachfrage zwingt auch uns zum Handeln. Eine größere Anpassung bei der Stammbelegschaft ist jedoch nicht vorgesehen.

Außerdem wurden Maßnahmen bei der Produktion ergriffen. Eine Komplettstilllegung einzelner Brennöfen ist technisch schwer möglich. Was geht, ist eine teilweise Reduktion, beispielsweise durch die Verlängerung von Werksferien. Dies ist erfolgt. Der Vorteil hierbei ist auch, dass eine höhere Flexibilisierung bei den Arbeitszeiten möglich ist.

„Rechne mit Markterholung“

sharedeals.de: Die Absatzentwicklung auf den einzelnen Märkten war laut Bericht des dritten Quartals sehr unterschiedlich. Was sind die Hauptmärkte und welche Erwartungen haben Sie für die Zukunft?

Markus Warncke: Das stimmt, hier spielt die jeweilige Marktsituation eine große Rolle. Im EMEA-Markt verzeichneten wir einen Rückgang von 12%. Auf diesem Markt, insbesondere in Europa, machen sich die gestiegenen Zinsen sowie die deutlich höheren Preise für Baumaterialien bemerkbar. Dies drosselt die Nachfrage. Unsere Hauptmärkte sind neben Deutschland in Europa vor allem der Benelux-Raum sowie Skandinavien.

Auf dem chinesischen Markt konnten wir im Projektgeschäft deutlich zulegen – hier lag der Umsatzanstieg bei 13%. Durch die längere Pandemie-Einschränkung fand der Nachholbedarf erst später statt. Auf dem amerikanischen Markt verkaufen wir nur unsere Dining & Lifestyle-Produkte. Aus Russland und Belarus haben wir uns komplett zurückgezogen.

Für die mittlere Zukunft sehen wir im europäischen Markt wieder einen höheren Bedarf. Die Wohnraumsituation macht höhere Investitionen im Bereich Neubau erforderlich. Hiervon werden wir dann wieder profitieren.

Insgesamt bin ich für die Zukunft zuversichtlich, ich rechne daher wieder mit einer Markterholung.

Strompreisbremse als Brückenlösung „sinnvoll“

sharedeals.de: Wie bewerten Sie die Produktivität der einzelnen Standorte und wie begegnet der Konzern steigenden Energiepreisen? Wie ist Ihre Meinung zum Strompreis?

Markus Warncke: Aufgrund der Ukraine-Krise sind die Energiepreise regelrecht explodiert. Da wir diese Preissteigerungen nicht in vollem Umfang weitergeben konnten, litt natürlich unsere Ertragslage.

Technologisch befinden wir uns auf einem hohen Niveau. Somit konnten stärkere Einbrüche vermieden werden. Wir nehmen ständig Optimierungen vor, allerdings gibt es auch gewisse technische Grenzen.

Um den gestiegenen Energiepreisen, insbesondere beim Gas, entgegenzuwirken, beschäftigen wir uns intensiv mit Alternativen. Da Wasserstoff in unserer Produktion erst erforscht wird und daher noch nicht einsatzbereit ist, setzen wir als Brückentechnologie direkt auf Strom. Derzeit ist das Beheizen der Öfen mit Strom nur bedingt möglich. Unsere Ofenlieferanten entwickeln neue Verfahren, dies benötigt allerdings noch Zeit und viele innovative Lösungen.

Wenn genügend erneuerbarer Strom vorhanden ist und der grüne Wasserstoff in ausreichendem Maße zur Verfügung steht, werden wir ihn natürlich einsetzen.

Die zurzeit diskutierte Strompreisbremse ist eine Brückenlösung. Es soll vermieden werden, dass die Produktion aus Deutschland abwandert. Unter diesem Aspekt ist sie sinnvoll. Wenn er eingeführt wird, darf es allerdings zu keinem Unterschied zwischen energieintensiven Großunternehmen und weniger intensiven Kleinunternehmen und Handwerksbetrieben kommen.

Ob der Industriestrom kommt oder nicht, ist eine politische Entscheidung. Wenn sie gerecht gestaltet wird, hilft sie uns natürlich bei der Wettbewerbsfähigkeit unserer Produkte.

„Mettlach 2.0“ und andere deutsche Standorte „auch in Zukunft wichtig“

sharedeals.de: Sind die deutschen Produktionsstandorte, insbesondere Mettlach im Saarland, mittelfristig wettbewerbsfähig?

Markus Warncke: Wir sind im hochpreisigen Segment unterwegs, sowohl was den Sanitärbereich als auch die Tischkultur betrifft. Gerade hier ist eine hohe Produktqualität erforderlich. Unsere deutschen Standorte sind hierfür top aufgestellt und daher auch in Zukunft wichtig für uns.

Aktuell sind wir dabei, unseren Unternehmenshauptsitz inklusive Markenerlebniswelt umzubauen, wir nennen das Projekt „Mettlach 2.0“. Alte, nicht mehr genutzte Bauten werden abgerissen bzw. umgebaut. Dies zeigt, dass wir am Standort Mettlach festhalten.

Wir haben eine neue Ausbildungswerkstatt eingerichtet, auch unser Outlet-Center werden wir nach dem Umbau in unsere neue Markenerlebniswelt integrieren. Der Standort Mettlach soll nicht nur technologisch aufgewertet werden, auch optisch wollen wir uns mit dieser Maßnahme verschönern. Hier arbeiten wir mit der Gemeinde Mettlach sehr eng zusammen.

Der designierten neuen Konzernchefin liegt „Kundennähe sehr am Herzen“

sharedeals.de: Mit Wirkung zum 1. Januar übernimmt Gabi Schupp die Konzernführung von ihrem Vorgänger Frank Göring. Derzeit ist sie als Leiterin des Bereichs Dining & Lifestyle verantwortlich. Ist mit der Stabübergabe die Kontinuität gewährleistet?

Markus Warncke: Absolut, Gabi Schupp war schon bisher als Vorstandsmitglied in alle Konzernentscheidungen eingebunden. Somit findet ein nahtloser Übergang statt. Der Vorteil einer internen Besetzung ist, dass es keiner längeren Einarbeitungszeit bedarf.

Gabi Schupp kennt den Konzern seit ihrer Mandatsübernahme im Vorstand 2019 und hat auch davor wertvolle Kenntnisse bei anderen Unternehmen gesammelt. Insgesamt ist die Übergabe aus Konzernsicht eine perfekte Lösung. Auch die Eigentümerfamilie arbeitete bisher gut und vertrauensvoll mit ihr zusammen.

Sie wird den Konzern insgesamt erfolgreich weiterführen und die bisherigen Geschäftsinteressen nachhaltig fortsetzen. Da sie aus dem Bereich Dining & Lifestyle kommt, liegt ihr die Kundennähe sehr am Herzen. Dies wird sich positiv auf das gesamte Geschäft auswirken.

Produktion wird „bis 2040 klimaneutral“

sharedeals.de: Das Thema Nachhaltigkeit wird immer wichtiger. Wie ist V & B hier aufgestellt?

Markus Warncke: Wir sind uns der Verantwortung voll bewusst und haben uns ehrgeizige Ziele gesetzt. So wollen wir bei der Produktion bis 2040 klimaneutral werden. Bei der nicht-keramischen Produktion, also der Herstellung unserer Armaturen, Badmöbel und Badewannen, werden wir dies schon bis 2030 erreichen.

Bei unseren Umbauarbeiten haben wir bereits und werden wir auch weiterhin PV-Anlagen auf den Dächern installieren. Hierdurch können wir erneuerbaren Strom erzeugen. Wenn auch das Beheizen der Brennöfen mit Strom voll funktionsfähig ist, werden wir die Dekarbonisierung von Villeroy & Boch erreicht haben.

Darüber hinaus werden nachhaltige Produkte künftig immer wichtiger. Hier geht es auch um die Einführung einer Kreislaufwirtschaft. Zudem verbesserten wir heute bereits unsere Öfen dahingehend, dass sie weniger Gas benötigen.

Nachhaltigkeit ist für uns ein sehr wichtiges Feld. Hier werden wir zügig vorankommen.

Nach Ideal Standard-Übernahme „unter führenden Konzernen im Sanitärbereich in Europa“

sharedeals.de: Wo sehen sie V&B in zehn Jahren?

Markus Warncke: Das ist eine lange Zeit. Mit der Übernahme von Ideal Standard verstärken wir den Konzern und wir werden zu den führenden Konzernen im Sanitärbereich in Europa gehören.

Seitens des Managements und unserer Belegschaft werden wir weiterhin alles Mögliche umsetzen, damit V&B auch in zehn Jahren ein rentables Unternehmen ist.

Wir können in 10 Jahren einen Termin vereinbaren. Dann sehen wir uns wieder hier in Mettlach.

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