Verbund-Aktie: Rücksetzer zum Kauf nutzen?

Die Aktie des österreichischen Energiekonzerns Verbund (WKN: 877738) konnte am Donnerstag von den Halbjahreszahlen nicht profitieren und ging mit einem Verlust aus dem Handel. Am Freitag setzt sich der Rückgang fort, aktuell verliert sie -2% und steht bei 73 €. Hier waren die Erwartungen der Marktteilnehmer wahrscheinlich zu hoch. Nach dem Absturz zum Jahresbeginn von 85 auf 62 € ist die Performance seit dieser Zeit gut. Insgesamt ist der Kurs wieder um knapp +20% gestiegen. Was ist jetzt noch zu erwarten?

Niedrigere Strompreise belasten

Die Strompreise normalisieren sich weiterhin und erreichen fast wieder das Niveau vor dem Ukraine-Krieg. Für den österreichischen Stromerzeuger sind insbesondere die Großhandelspreise am Terminmarkt maßgebend. Von diesem Rückgang ist der am 25. Juli veröffentlichte vorläufige Halbjahresbericht geprägt.

Der Umsatz in den ersten sechs Monaten reduzierte sich gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 41,8% auf 3,9 Milliarden €. Hauptursache ist der starke Preisrückgang. Bei der Ertragslage sieht es besser aus. Das operative EBITDA sank um 21,9% auf 1,7 Milliarden €; aufgrund des deutlich gesunkenen Umsatzes verbesserte sich die EBITDA-Marge von 33,7 auf 45,3%. Unterm Strich verblieb ein Nettogewinn von 0,9 Milliarden € – das ist ein Rückgang um 29,3% gegenüber dem Vorjahr.

Die verbesserte Ertragslage ist auch darauf zurückzuführen, dass die Stromerzeugung aus Wasserkraft aufgrund der hohen Regenmenge um 2.239 GWh auf 17.292 GWh gestiegen ist. Die Stromerzeugung aus Wasserkraft ist mit niedrigeren Kosten verbunden.

Der Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum ist wegen der damals deutlich höheren Strompreise wenig sinnvoll. Gegenüber dem ersten Quartal sind Umsatz und Ertrag nahezu unverändert geblieben.

Ertragsprognose angehoben

Für das zweite Halbjahr ist der Konzern zuversichtlicher, hier werden etwas höhere Strompreise erwartet. Beim operativen EBITDA wurden die Erwartungen von 2,8 bis 3,3 Milliarden € auf 3 bis 3,3 Milliarden € angehoben. Die Bandbreite beim Nettoergebnis wurde eingeschränkt. Lagen die Erwartungen bisher bei 1,45 bis 1,75 Milliarden €, so wird jetzt 1,5 bis 1,65 Milliarden € kalkuliert.

Insgesamt wird mit einer stabilen Ertragslage gerechnet. Im Vordergrund steht weiterhin die Mission 2030. Dabei geht es um die Transformation des Konzerns hin zum Ausbau der erneuerbaren Energien, dem Ausbau des Stromnetzes sowie dem Hochfahren der Produktion von grünem Wasserstoff.

Wo liegt der faire Wert?

Die Zeiten überdurchschnittlicher Erträge sind vorbei, das sollte sich auf die zukünftige Kursentwicklung auswirken. Die Aktien von Stromerzeugern stehen momentan nicht im Fokus, das gilt beispielsweise auch für die deutsche RWE. Aus meiner Sicht ist die Verbund-Aktie momentan überbewertet, den fairen Kurs sehe ich bei 70 €. Aktionäre mit Profiten sollten Gewinnmitnahmen erwägen. Alle anderen Anleger sollten vorerst eine Kurskorrektur abwarten.

Das sehen auch die Analysten so, deren durchschnittlicher Zielkurs liegt bei 72 €. Morningstar mit 62 € hält die Aktie für völlig überbewertet. Bernstein mit 73,30 € hält sie derzeit für fair bewertet.

Was weiterhin für die Aktie spricht, ist deren gute Dividendenrendite. Laut Konzernangaben sollen 45 bis 55% des Konzerngewinns ausgeschüttet werden. Bei 45% von 1,5 Milliarden € entspricht das einer Dividende von mindestens 4 € pro Aktie. Bei dem jetzigen Kurs ergibt sich daraus eine Rendite von 5,4%.

Mein Fazit: Anleger sollten vorerst eine Korrektur abwarten.