IEA irrt: Ölmarkt vor massivem Defizit – jetzt einsteigen!
Die Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Realität ist massiv hoch
Die IEA erwartet für 2025 einen Überschuss von +950.000 Barrel pro Tag (b/d). Dies ist eine der höchsten Überschussprognosen seit Beginn des Ölcrashs im Jahr 2014.
Rückblickend hat die IEA - abgesehen von der Corona-Pandemie - seit Ende 2014 keinen so großen Überschuss mehr prognostiziert. Der letzte starke Überschuss zu Beginn des Jahres 2015 war das Ergebnis des Ölpreiskriegs, den die Saudis im November 2014 begonnen hatten. Infolgedessen war der Überschuss erklärbar, und der physische Markt zeigte eindeutige Anzeichen dafür, dass ein Überschuss bevorstand. Dies ist aber aktuell nicht der Fall.
Denn interessanterweise geht die IEA für das 4. Quartal 2024 nun sogar von einem höheren Lagerabbau als zuvor erwartet aus. Im Oktober wurden Bestandsveränderungen von -1,27 Mio. b/d beobachtet.
Vorläufige Daten zeigen einen Wiederanstieg der weltweiten Ölvorräte im November, aber die Daten für Dezember werden mit großer Wahrscheinlichkeit wieder einen globalen Bestandsabbau zeigen. Insgesamt deutet alles für das vierte Quartal auf einen Rückgang um 800 Mio. b/d hin.
Bei einer Beibehaltung der freiwilligen Produktionskürzung durch die OPEC+ im ersten Quartal 2025 und einem Defizit von 800 Mio. b/d im vierten Quartal müsste das weltweite Ölangebot also um 2 Mio. b/d steigen oder die weltweite Nachfrage um 2 Mio. b/d sinken, um die Überschussschätzung der IEA zu erreichen.
Das erscheint mir unter der aktuellen Ausgangslage extrem unrealistisch. Zumal mit einem China, das den Konsum anheizt und die Wirtschaft stimuliert und einem designierten US-Präsidenten, dessen „Drill baby drill“-Mantra schon in der ersten Amtszeit nicht funktioniert hatte, da die Ölindustrie ausschließlich auf die Preise zur Produktionsausweitung reagiert.
Was uns die aktuelle Backwardation im Ölmarkt sagt
Im Moment haben wir es zudem mit einer Backwardation im Ölmarkt zu tun. Das bedeutet, dass Öl welches aktuell (Kassa) geliefert wird, teurer ist, als Öl welches zu einem späteren Zeitpunkt geliefert wird.
Für einen Laien mag es so aussehen, dass eine Backwardation angesichts der IEA-Prognosen gerechtfertigt wäre. In Wahrheit ist diese Situation für einen Rohstoffanleger allerdings ein echtes Warnsignal. Denn so funktionieren Terminmärkte nicht. Unter normalen Bedingungen ist der Preis eines Terminkontrakts (also für einen späteren Lieferzeitpunkt) in der Regel höher, weil mit der Lagerung und dem Transport von Rohstoffen wie Rohöl zusätzliche Kosten verbunden sind.
Eine Backwardation ist deshalb eine Situation, die in der Regel Rohstofftrader anzieht, wie das Licht die Motten, denn in einer Backwardation lassen sich Rollgewinne realisieren. Das mal zu einen.
Zum anderen, kann eine Backwardation aufgrund der Natur des Terminmarktes nicht lange bestehen. Ein Blick in die Statistiken der Vergangenheit zeigt uns, dass oft ein unterversorgter Markt ist der zu einer Backwardation führt. Bingo! Genau diese Situation sehen wir aktuell.
Die niedrigen Lagerbestände erhöhen dann das Potenzial für eine Versorgungsunterbrechung, die den Ölpreis in die Höhe treibt.
Das heißt, die aktuelle Backwardation verdeutlicht nicht nur die aktuelle Knappheit auf dem Markt, sondern das Fehlen der üblichen Contango-Struktur in der Futures-Kurve ist auch ein Hinweis darauf, dass es nicht zu einem massiven Überschuss kommen wird.
Also hier ist es kalt, wie ist es bei Ihnen?
Während die weltweite Ölnachfrage im ersten Quartal normalerweise saisonal bedingt zurückgeht, könnte sich allerdings diesmal eine höhere Heizungsnachfrage unmittelbar auswirken.
Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass die Nachfrage im 1. Quartal 2025 um rund 1 Mio. b/d sinken würde, wird der natürliche Rückgang in den USA und Kanada in Q1 das globale Ölangebot nicht erhöhen. Infolgedessen werden die weltweiten Ölvorräte schlimmstenfalls um 200.000 b/d ansteigen, während die IEA einen Überschuss von +1 Mio. b/d annimmt.
Fazit: Die IEA macht keinen Sinn – mal wieder
Aus diesem Grund macht das alles keinen Sinn. Nicht nur, dass der physische Ölmarkt nicht mit dem übereinstimmt, was die IEA sagt, auch die Realität des Ölmarktgleichgewichts zeigt eine völlig andere Perspektive.
Allerdings ist das für die IEA nicht ungewöhnlich, denn wie die Vergangenheit zeigt, verschätzt sich die IEA jedes Jahr wieder auf Neue und immer setzt sie die Nachfrageentwicklung zu gering an.
Wenn man das zusammenrechnet (und ohne das Pandemie-Jahr 2020) dann hat sich die IEA seit 2010 um massive 800.000 Barrel pro Tag an Verbrauch verschätzt - den Verbrauch also zu niedrig angesetzt.
Ich bleibe dabei: Öl ist aktuell zu günstig und der sinnvollste Kandidat für eine Kursüberraschung nach oben.