Borussia Dortmund: Wer Deutscher Meister wird, ist Anlegern egal!
Am heutigen Samstagmorgen möchte ich an dieser Stelle gerne kurz die Aktie von Borussia Dortmund (BVB) (WKN: 549309) analysieren. Bevor ich dies tue, möchte ich offen gestehen, dass ich seit mehr als 20 Jahren eingetragenes Vereinsmitglied beim größten Widersacher des BVB, dem FC Bayern München bin. Natürlich schaue ich mir daher heute Abend das Spitzenspiel an und drücke sowohl in diesem Spiel als auch für das Saisonende meinem FC Bayern die Daumen.
Damit sind jetzt alle "Interessenkonflikte" offen gelegt. Ich füge jedoch hinzu, dass einst selbst Uli Hoeneß in die BVB-Aktie investiert hat. Zudem gestehe ich offen, dass ich in den letzten Jahren mehrere positive Analysen über die Aktie verfasst habe, vor einigen Jahren wurde eine meiner Analysen sogar im BVB-Forum SchwatzGelb durchaus wohlwollend diskutiert. Ich wage daher zu behaupten, dass ich was die Analyse der Aktie betrifft, die Vereinsbrille durchaus ablegen kann.
Bevor ich nun jedoch tiefer in die Analyse der Aktie einsteige, möchte ich vorab eine vielleicht für den ein oder anderen Leser überraschende Erkenntnis in den Raum stellen. Was die Aktie von Borussia Dortmund betrifft, ist es meines Erachtens nämlich völlig egal, ob die Schwarz-Gelben am Ende Deutscher Meister werden oder nicht. Denn auch als Vizemeister bzw. sogar als Dritter sowie wahrscheinlich sogar als Vierter wird der BVB in der Champions League spielen – und nur das zählt aus finanzieller Sicht!
Das Geschäftsmodell funktioniert – noch!
Bevor ich jedoch einen Blick ins Zahlenwerk werfe, möchte ich kurz auf das Geschäftsmodell zu sprechen kommen. Dieses sieht nämlich in Dortmund vor, dass man nicht unbedingt die ganz großen Summen für Topspieler ausgibt wie das bspw. der FC Bayern tut. Vielmehr kauft man lieber für immer noch viel, letztlich aber doch vergleichsweise kleines Geld, junge, hungrige Spieler und bildet diese dann zu Topstars aus.
Dies gelang in der Vergangenheit bspw. schon bei Robert Lewandowski, Shinji Kagawa, Henrikh Mkhitaryan, Pierre-Emerick Aubameyang oder auch Ousmane Dembélé, um nur mal einige aufzuzählen. In der aktuellen Saison machen hingegen Christian Pulisic, Jadon Sancho, Manuel Akanji, Achraf Hakimi oder Paco Alcácer auf sich aufmerksam. Anschließend werden diese Spieler, das aktuellste Beispiel ist hier Christian Pulisic, dann für viel Geld weiter verkauft (Pulisic für 64 Mio. Euro an den FC Chelsea).
Letztlich ist dies somit auch das Geschäftsmodell von Borussia Dortmund, wenngleich man natürlich mit Axel Witsel oder Kapitän Marco Reus natürlich auch den ein oder anderen gestandenen Spieler hat. Prinzipiell könnte dieses Geschäftsmodell ewig funktionieren. Allerdings nur dann, wenn man sich bei der Auswahl der jungen Spieler keine Fehlgriffe leistet. Das aber ist genau die Gefahr – und wer das in Dortmund nicht glauben möchte, schaue sich einfach mal Ajax Amsterdam an.
Umsatzwachstum zuletzt überzeugend, aber...
Zwischen 2014 und 2018 konnte der BVB seinen Jahresumsatz von 260,7 Mio. auf zuletzt 536,0 Mio. Euro mehr als verdoppeln. Dies entsprach einem durchschnittlichen jährlichen Umsatzwachstum von knapp +20%. Im gleichen Zeitraum stieg der EBIT-Gewinn um ca. +71,9%, nämlich von 18,5 Mio. Euro in 2014 auf 31,8 Mio. Euro in 2018. Dies wiederum entsprach einem unterproportionalen, durchschnittlichen jährlichen Gewinnwachstum von nur ca. +14,5%.
Das Problem dabei ist, dass die Gewinnentwicklung weit weniger Konstanz aufweist als die Umsatzentwicklung. Während letzterer nämlich tatsächlich zuletzt Jahr für Jahr gesteigert werden konnte, sah das beim EBIT-Gewinn anders aus. So hatte der BVB bspw. in 2016 ein außerordentlich gutes Jahr und erzielte hier einen EBIT-Gewinn von 36,4 Mio. Euro. 2017 brach dieser dann um ca. -70% ein, nur um 2018 dann wieder zu überzeugen.
Ausschlaggebend für die hohe Volatilität in der Gewinnentwicklung waren sicherlich in erster Linie die getätigten Spielertransfers. Insofern ist die eher unstetige Gewinnentwicklung in der Branche durchaus üblich und kein gesondertes Problem des BVB. Nichtsdestotrotz mögen Analysten und auch Anleger lieber möglichst gut planbare Umsatz- und Gewinnentwicklungen. Darum werden ja auch Cloud-Unternehmen (Software-as-a-Service, SaaS oder Platform-as-a-Service, PaaS) so sehr geliebt.
Fazit: Fundamental fairer Wert des Fußballunternehmens bei 1,0 Mrd. Euro
Die Bilanz des BVB sieht – das war vor einigen Jahren ja mal ganz anders – inzwischen grundsolide aus. Hier muss man das Management um CEO Hans-Joachim "Aki" Watzke, CFO Thomas Treß sowie Sportdirektor Michael Zorc ausdrücklich loben. Es gibt heute daher keinerlei Nettoschulden mehr, sondern es wurden vielmehr – durch die gute Spielerauswahl – enorme stille Reserven geschaffen. Auf Basis der Umsatz- und Gewinnentwicklung und vor dem Hintergrund dieser stillen Reserven, erachte ich die Aktie daher als fundamental unterbewertet.
So beziffert die Website Transfermarkt.de den Wert der Spieler aktuell auf über 600 Mio. Euro (wobei damit die stillen Reserven aber auch gehoben sind!). Das operative Geschäft, das immerhin für einen Jahresumsatz von über 500 Mio. Euro sowie einen EBIT-Gewinn von über 30 Mio. Euro gut ist, wird somit von den Anlegern derzeit quasi auf "nur" ca. 170 Mio. Euro taxiert. Ich hingegen bereinige den Mannschaftswert um die 60 Mio. Euro, die für Christian Pulisic stehen und beziffere diesen auf "nur" noch ca. 550 Mio. Euro.
Das operative Geschäft dagegen bewerte ich mit 450 Mio. Euro, was immer noch einem KUV von deutlich unter eins entspricht. Somit würde ich den fundamental fairen Wert des Fußballunternehmens Borussia Dortmund (BVB) aktuell auf genau 1,0 Mrd. Euro respektive knapp 11,00 Euro je Aktie schätzen. Kein Wunder, dass sich zuletzt sowohl strategische Investoren wie Evonik und Puma, aber auch der britische Hedgefonds Odey Asset Management (berühmt-berüchtigt durch Shortpositionen auf Wirecard!) hier eingekauft haben.
PS: Bevor Hardcore-BVB-Fans jetzt auf mich einprügeln, sei abschließend noch erwähnt, dass beim BVB aktuell noch mehr junge Talente spielen wie oben aufgeführt (ein weiteres Beispiel wäre der Portugiese Raphaël Guerreiro). Man sehe mir daher nach, dass ich nicht alle aufgezählt habe.