Infineon Technologies: Sehr gewagte Mega-Übernahme

03.06.19

Heute früh, um kurz nach 7:00 Uhr, ließ das Management von Infineon Technologies (WKN: 623100) die Katze aus dem Sack. Denn wie der DAX-Konzern in einer Pflichtmitteilung bekanntgab, möchte man sich mit Hilfe der größten Übernahme in seiner Geschichte den US-Konkurrenten Cypress Semidonductor einverleiben. Dazu bietet man den Cypress-Aktionären 23,85 US-Dollar je Aktie, was einem Aufschlag auf den Schlusskurs vom vergangenen Freitag in Höhe von knapp +34% entspricht.

Auf Basis dieses vorgelegten Übernahmeangebots bewertet das Infineon-Management den US-Konzern mit rund neun Milliarden US-Dollar. Dabei ist Infineon selbst an der Börse aktuell, nach dem Kursverfall der vergangenen Wochen, nur noch rund 17 Mrd. Euro respektive ca. 19 Mrd. US-Dollar wert. Schon diese Relation zeigt, wie riskant die geplante Übernahme von Cypress letzten Endes ist. Denn sollte die Infineon-Aktie weiter fallen...

Schaut man sich zudem die zuletzt getätigten größeren Akquisitionen deutscher Unternehmen in den USA an, ich erinnere in diesem Zusammenhang nur mal an Bayer/Monsanto, muss man die geplante Akquisition ohnehin als sehr mutig klassifizieren. Dies scheinen auch die Aktionäre so zu sehen, denn in Reaktion auf die Übernahmepläne fällt die Aktie heute deutlich. Anscheinend muss Infineon CEO Ploss noch viel Überzeugungsarbeit leisten.

Due-Diligence-Prüfung bescheinigt hervorragende Aussichten...

Dabei soll sich diese Mega-Übernahme, laut CEO Ploss, von Beginn an sehr positiv auf die Ergebnisentwicklung und Finanzkraft des Unternehmens auswirken. Denn angeblich wird sich durch diese die Kapitalintensität des Unternehmens verringern und so der Free Cash Flow (FCF) steigen. Dank positiver Skaleneffekte halten Ploss und seine Vorstandskollegen bis 2022 jährliche Kostensynergien von 180 Mio. Euro für möglich.

Darüber hinaus sollen die Chiplösungen von Cypress zukünftig zu Umsatzsynergien in Höhe von 1,5 Mrd. Euro pro Jahr führen. Nach Abschluss der Integration inkl. Anpassung des Geschäftsmodells rechnet Infineon daher über den Zyklus mit einem Umsatzwachstum von mehr als +9% sowie einer Segmentergebnis-Marge von 19%. Zugleich soll die auf den Umsatz bezogene Investitionsquote auf 13% absinken.

Im Visier von Infineon: Cypress Semiconductor

Infineon benötigt viel Geld, um diese Mega-Übernahme stemmen zu können

Auch zur geplanten Finanzierung dieser Mega-Übernahme hat sich Infineon in der Pflichtmitteilung geäußert. So habe ein Bankenkonsortium bereits verbindliche Finanzierungszusagen erteilt. Um jedoch weiterhin ein stabiles Investment-Grade-Kreditrating aufrecht erhalten zu können, soll der geplante Zukauf jedoch zu rund 30% durch Aufnahme frischen Eigenkapitals finanziert werden, wobei man jedoch nicht die strategische Liquiditätsreserve anzapfen möchte.

Konkret erläuterte Finanzvorstand (CFO) Schneider, dass man 30% des Übernahmepreises in Höhe von 9 Mrd. US-Dollar und somit ca. 2,7 Mrd. US-Dollar – entweder durch eine Kapitalerhöhung und/oder die Ausgabe von Wandelanleihen – finanzieren möchte. Dies wiederum würde bedeuten, dass der Schuldenstand des DAX-Konzerns um mehr als sechs Mrd. US-Dollar respektive mehr als 5,5 Mrd. Euro steigt – und sich somit auf rund 10 Mrd. Euro mehr als verdoppelt.

Fazit: CEO Ploss geht All-In!

Natürlich steht die geplante Übernahme noch unter gewissen Vorbehalten. Zwar haben der Aufsichtsrat von Infineon sowie das Board of Directors von Cypress Semiconductor dem Deal schon zugestimmt. Noch steht jedoch die Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörden aus. Ich erwarte hier jedoch ebenso wenig Probleme wie bei der Genehmigung der Transaktion durch die Aktionäre von Cypress Semiconductor.

Allerdings stellt sich mir schon die Frage, ob und wie Infineon diese Mega-Übernahme am Ende verdauen kann und wird. Zumal ich den gebotenen Übernahmepreis für extrem hoch halte. Insofern kann ich die skeptische Haltung der Infineon-Aktionäre sowie die damit verbundenen Kursverluste der Aktie durchaus nachvollziehen. Denn letztlich geht das Management um CEO Ploss mit diesen Übernahmeplänen All-In.

Mut zum Risiko: Infineon CEO Dr. Reinhard Ploss geht All-In!

Als Anteilseigner von Cypress Semiconductor sollte man sich über die vorgelegte Übernahmeofferte von Infineon freuen – und seine Aktien zu Kursen deutlich über 20,00 Euro verkaufen. Als Infineon-Aktionär würde ich meine Aktien zu Kursen unter 15,00 Euro zwar nicht mehr verkaufen, sondern erst einmal abwarten. Zu einem Neueinstieg/Nachkauf kann ich allerdings, angesichts der ohnehin vorhandenen und nun noch weiter erhöhten Risiken, aktuell nicht raten!

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