Alphabet, Amazon.com, Apple und Facebook vor der Aufspaltung?

Marc Rendenbach
05.06.19

An den Börsen ist zurzeit die Hölle los. Quasi jeden Tag geht es stark rauf oder runter, je nach aktueller Nachrichtenlage. Hat Trump im Handelsstreit mit China nachgelegt oder andere Staaten (zuletzt Indien und Mexico) attackiert? Und wie reagieren diese darauf? Just in dieses ohnehin sehr nervöse Marktumfeld platzte dann auch noch die Nachricht, dass die US-Behörden eine Aufspaltung von Alphabet (WKN: A14Y6H), Amazon.com (WKN: 906866), Apple (WKN: 865985) und Facebook (WKN: A1JWVX) auf Basis der US-Antitrustgesetze prüfen.

Dazu muss man wissen, dass diese Gesetze seinerzeit erlassen wurden, um die monopolartige Marktmacht von John D. Rockefellers Standard Oil zu brechen, was schließlich auch gelang. In der Folge wurden diese Gesetze jedoch nur noch selten angewendet. So kam es in den 1980er Jahren zu einem solchen Verfahren gegen AT&T, woraus die sogenannten "Baby Bells" hervorgingen. Heutzutage sind aus den damaligen "Baby Bells" die drei Telekom-Konzerne AT&T, CenturyLink sowie Verizon entstanden.

Das letzte Antitrust-Verfahren, dass bisher angestrengt wurde, war das Verfahren gegen Microsoft. Dieses endete im Juni 2001 schließlich mit der Entscheidung, dass Microsoft nicht aufgespalten werden müsse. Die ersten Ermittlungen der US-Behörden liefen jedoch schon 1992 an. Endgültig ad acta gelegt wurde der Rechtsstreit tatsächlich auch erst im Juni 2004. Denn erst zu diesem Zeitpunkt bestätigte ein US-Berufungsgericht nach dem eigentlichen Urteil getroffene Vereinbarungen zwischen Konzern und Justizministerium.

Erste Ermittlungen gegen Alphabet...

Wie US-Finanzmedien, insbesondere das "Wall Street Journal" (WSJ) kürzlich berichteten, hätten US-Behörden, allen voran das Justizministerium, Untersuchungen gegen die oben genannten vier großen Technologiekonzerne eingeleitet. Insbesondere in den Fällen Alphabet sowie Facebook seien die Behörden sehr kritisch, was deren Marktmacht betreffe. Aber auch Amazon.com und Apple stünden im Visier.

In der Folge stürzten alle genannten Aktien kurzfristig stark ab, besonders natürlich die Papiere von Alphabet und Facebook. Bei Alphabet kam jedoch noch ein zweiter Belastungsfaktor hinzu. Denn in der Nacht von Sonntag auf Montag waren zahlreiche Online-Services der wichtigsten Tochter Google ausgefallen, was auch Folgen für andere (börsennotierte) Unternehmen wie beispielsweise Snap(Chat) hatte.

Aktuelle Konzernstruktur von Alphabet - am wichtigsten ist natürlich (noch) Google

Ängste der Anleger zwar grundsätzlich berechtigt, aber kurzfristig völlig übertrieben!

Zwar sind die Ängste der Anleger vor solchen Antitrust-Verfahren (inkl. möglicher Aufspaltungen der Technologiegiganten aus dem Silicon Valley) durchaus berechtigt. Denn eine solche gerichtlich angeordnete Aufspaltung eines oder mehrerer dieser Konzerne hätte mit – nahezu an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – dramatisch negative Auswirkungen auf deren Geschäftsentwicklung und somit letztlich auch deren Aktienkurse.

Allerdings sollte man die Kirche mal im Dorf lassen. Denn von den ersten Ermittlungen bis zur Einleitung eines solchen Verfahrens ist es schon ein recht weiter Weg. Bei Microsoft dauerte es von den ersten Ermittlungen im Jahr 1992 bis zum Beginn des Gerichtsverfahrens im Mai 1998 rund sechs Jahre. Weitere drei Jahre brauchte es dann bis zu einem Urteil respektive sogar weitere sechs Jahre bis zum endgültigen Abschluss.

Rachegelüste des US-Präsidenten wohl nicht das Motiv hinter den Untersuchungen

Wenn also jetzt, im Juni 2019, tatsächlich erste Ermittlungen gegen Alphabet (und andere) eingeleitet worden sind, dürften die Gerichtsverfahren wohl nicht vor 2023 beginnen. Ein Urteil des zuständigen Gerichts wäre sodann auch nicht vor 2025 zu erwarten, wobei ich hier schon einen deutlich ambitionierteren Zeitplan angesetzt habe als es beim Antitrust-Verfahren gegen Microsoft seinerzeit der Fall war.

Selbst wenn Donald Trump daher im kommenden Jahr wiedergewählt werden sollte, wird er bestenfalls noch den Beginn des Gerichtsverfahrens als amtierender US-Präsident miterleben, nicht jedoch das abschließende Urteil. Da die amtierende US-Administration einen großen Einfluss auf solche Gerichtsverfahren ausübt, halte ich es in diesem Fall für Quatsch Donald Trump und seiner Administration irgendwelche Rachegelüste gegenüber den genannten Konzernen zu unterstellen.

Gilt nicht als Freund des Silicon Valley: US-Präsident Donald Trump

Wie realistisch erscheinen erfolgreiche Antitrust-Verfahren gegen die vier Konzerne?

Untersuchungen erscheinen mir gegenwärtig bei allen vier Konzernen durchaus berechtigt, denn allesamt verfügen über eine unglaublich große Marktmacht. Insofern erscheinen auch Eröffnungen entsprechender Antitrust-Verfahren gegen alle vier Konzerne durchaus möglich. Letzten Endes würde meines Erachtens derzeit jedoch nur Apple Gefahr laufen am Ende verurteilt und aufgespalten zu werden. Wie komme ich zu dieser Einschätzung?

Nun, Alphabet verfügt mit Google zwar über die dominierende Suchmaschine, zumindest in den USA gibt es jedoch noch Konkurrenz in Form von Microsoft Bing. Zudem erzielt der Konzern seine Umsätze und Gewinne in erster Linie durch Werbeeinnahmen und da gibt es nun wahrlich genug Konkurrenz, selbst Amazon.com oder Facebook zählen hier dazu. Doch das ist ja noch nicht alles. So gibt es auch für andere Gesellschaften der Holding genügend Konkurrenz.

Scott Galloway hat ein sehr gutes Buch über die vier Konzerne und ihre Erfolgsstrategien geschrieben...

Ich nenne in dem Zusammenhang nur mal Waymo sowie als potenzielle Konkurrenten Lyft und Uber, die ja beide gerade erst den Sprung an die Börse gewagt haben. Für Facebook gilt dann ähnliches. Zumal hier selbst das ursprüngliche Soziale Netzwerk über Konkurrenten wie Pinterest oder Snap(Chat) verfügt. Bei Amazon.com sieht das schon ein wenig anders aus, allerdings könnte der Konzern mögliche juristische Auseinandersetzungen sehr leicht umgehen.

Denn letztlich müsste man nur das Cloudgeschäft in Form der Amazon Web Services (AWS) ausgliedern und als eigenständiges Unternehmen an die Börse bringen, was die Aktionäre wohl ohnehin begrüßen würden. Insofern erscheint mir aktuell die Gefahr einer Aufspaltung bei Apple am größten zu sein. Zumal der Konzern Dienste wie Apple Music oder AppleTV in seine Betriebssysteme (wie iOS) integriert hat, was man seinerzeit Microsoft ja zum Vorwurf machte.

Fazit: Aufspaltungen eher unrealistisch, aber trotzdem erscheint Vorsicht geboten

Grundsätzlich glaube ich, dass es noch am ehesten zu Antitrust-Verfahren gegen Apple und Facebook kommen wird. Bei Apple stünde dieses in der Tradition des Antitrust-Verfahrens gegen Microsoft, bei Facebook würde dies auf einen zu großen politischen Einfluss abzielen. Bei Alphabet halte ich ein Antitrust-Verfahren für Quatsch, weil es genügend Konkurrenz gibt und die derzeit wichtige Suchmaschine Google langfristig ohnehin immer unwichtiger werden dürfte.

Amazon.com hingegen sollte – unter der Führung von Jeff Bezos – schlau genug sein AWS rechtzeitig abzuspalten und sich dadurch selbst aus der Schusslinie zu nehmen. Für eine Verurteilung käme dann letztlich somit nur noch Apple in Frage, zumal sich in diesem Fall Konkurrenten wie Spotify schon über die "unfairen Geschäftspraktiken" des Unternehmens beklagt haben. Dennoch muss man sich auch als Apple Aktionär nicht zu sehr fürchten.

Dürfte die schlechtesten Karten bei einem Antitrust-Verfahren haben: Apple

Denn selbst wenn es zu einem solchen Antitrust-Verfahren käme, würde dies sehr lange dauern – und Microsoft kam am Ende ja auch davon! Nichtsdestotrotz wäre ich aktuell noch vorsichtig mit dem Einstieg/(Nach)Kauf der Aktien dieser vier Unternehmen. Denn sowohl der Leitindex NASDAQ-100 als auch die vier Aktien selbst wirken charttechnisch etwas angeschlagen. Wenn sie dann jedoch einen Boden gefunden haben, erscheinen sie kaufenswert. Mein persönlicher Favorit ist dabei die Aktie von Alphabet!

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