Hapag-Lloyd: Diese Kursrally widerspricht jeglicher Vernunft...
Gleich zu Beginn dieses Jahres, am 3. Januar 2019, fiel die Aktie der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd (WKN: HLAG47) auf ein neues Korrekturtief von 21,24 Euro zurück. Seitdem jedoch scheint der Titel nur noch eine Richtung zu kennen, nämlich nach oben. Dabei erscheint dies absolut unlogisch, wo doch alle Indikatoren auf eine bevorstehende Rezession hindeuten. Die Sache scheint den Marktteilnehmern dabei so klar zu sein, dass die Kursbewegungen in allen anderen wichtigen Assets zu diesen Aussichten passen.
So steigt der Euro Bund Future, was fallende Zinsen in Deutschland respektive der Eurozone impliziert. Darüber hinaus standen die Ölpreise (Brent, WTI) zuletzt unter Abgabedruck. Beide Kursbewegungen passen dabei sehr gut zum Szenario einer bevorstehenden Rezession. Denn um diese zu bekämpfen müssen die Notenbanken die Leitzinsen senken. Zudem sinkt in einer Rezession natürlich die Ölnachfrage, was bei einem zumindest gleichbleibenden Angebot eben sinkende Preise zur Folge hat.
Ja, selbst die Kursbewegungen der sogenannten zyklischen Aktien – zu denen allerdings auch das Papier der Reederei Hapag-Lloyd gehören würde – passen wie die Faust aufs Auge zu diesem Rezessionsszenario. Insofern scheint die Aktie von Hapag-Lloyd gegenwärtig wirklich ein absolutes Phänomen zu sein. Was aber könnte dahinter stecken? Schauen wir es uns doch einfach mal gemeinsam an!
Aktienkurse basieren auf Angebot und Nachfrage...
Um zu verstehen, wie es zu einer solchen – offensichtlich nicht zur aktuellen Lage passenden – Kursentwicklung kommen kann, muss man natürlich wissen wie Aktienkurse entstehen. Denn letztlich basieren die auf dem Marktgesetz von Angebot und Nachfrage. Mit anderen Worten: Gibt es bei einer Aktie mehr Kaufinteresse als Verkaufsinteresse, so steigt der Aktienkurs und umgekehrt. Die Nachrichten, die in den Medien stehen, liefern also immer bestenfalls die Erklärung warum es aktuell so viel Kauf- respektive Verkaufsinteressente gibt.
Wenn eine Aktie wie das Papier von Hapag-Lloyd also steigt, obwohl sie angesichts der aktuellen Lage eigentlich fallen müsste, kann es dafür letzten Endes nur einen einzigen Grund geben, nämlich mehr Kauf- als Verkaufsinteresse. Woher aber könnte das große Kaufinteresse kommen? Und jetzt wird es spannend. Denn schon in der Vergangenheit gab es in dieser Branche einige Übernahmen bzw. Unternehmenszusammenschlüsse. Und Hapag-Lloyd wurde von Experten dabei immer wieder als ein möglicher nächster Übernahmekandidat genannt.
Versucht ein Konkurrent Hapag-Lloyd heimlich aufzukaufen?
Insofern könnte es natürlich sein, dass im Hintergrund eine andere Reederei an einer Übernahme des Konkurrenten arbeitet. Bisher sind solche Pläne allerdings noch nicht offiziell bekannt. So gibt es nicht einmal irgendwelche Meldungen dazu, dass irgendwelche Meldeschwellen überschritten worden wären. Allerdings kann es so etwas bei Hapag-Lloyd eigentlich auch kaum geben. Denn sage und schreibe 89,4% des Aktienkapitals liegen hier in festen Händen, so dass der sogenannte Free Float (Streubesitz) gerade einmal 10,6% des Aktienkapitals beträgt.
Im Einzelnen liegt ein Großteil der Aktien bei der CSAV Germany Container Holding (25,8%), Kühne (Kühne Holding AG sowie Kühne Maritime GmbH, 25%), dem Emirat Katar (konkret: Qatar Holding Germany, 14,5%), der HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH (13,9%) sowie dem Staatsfonds von Saudi-Arabien (konkret: Public Investment Fund of the Kingdom of Saudi Arabia, 10,2%). Dies macht eine heimliche Übernahme der Gesellschaft nahezu unmöglich, selbst über den Einsatz von Derivaten geht es nicht.
Allerdings könnte ein potenzieller Interessent natürlich an einen oder mehrere Großaktionäre heran getreten und sein Interesse an einer solchen Übernahme hinterlegt haben. Wenn dem so wäre, hielte ich sowohl das Emirat Katar als auch Saudi-Arabien für potenziell verkaufsbereit. Die anderen Großaktionäre kann ich hingegen nicht so wirklich einschätzen, insbesondere Kühne könnte sich hier quer stellen. Aber okay, mit bis zu 75% des Aktienkapitals könnte ein möglicher Käufer wohl auch leben.
Fazit: Fundamental betrachtet sollte man die Aktie meiden!
Somit komme ich am Schluss zu folgendem Fazit. Aus fundamentaler Sicht erscheint mir die Aktie von Hapag-Lloyd gegenwärtig, auch vor dem Hintergrund einer von mir erwarteten Rezession, für viel zu teuer. Der Kursanstieg seit Jahresbeginn ist so für mich nicht nachvollziehbar und die Aktie müsste eigentlich um oder unter 25,00 Euro notieren. Kaufen würde ich den Titel daher zu solchen Kursen auf keinen Fall. Ja, eigentlich wollte ich die Aktie nicht mal halten, ich würde sie zu Kursen von deutlich über 30,00 Euro eher verkaufen und so Gewinne mitnehmen.
Mit einem Short auf fallende Kurse würde ich jedoch in diesem konkreten Fall auch nicht wetten wollen. Denn angesichts des geringen Streubesitzes genügen hier schon einige wenige Kauforder und die Shortspekulation wird zerstört. Zudem besteht immer noch die Möglichkeit, dass im Hintergrund eine andere, größere Reederei an einer Übernahme arbeitet. Obwohl die Aktie daher zuletzt eine hohe relative Stärke aufgewiesen hat, halte ich sie derzeit für völlig uninteressant. Denn egal ob long oder short, das Chance/Risiko-Verhältnis (CRV) ist auf beiden Seiten zu schlecht!