Cyan: Eine wirklich schön verpackte Gewinnwarnung!
Mit gleich zwei Ad hoc-Meldungen wartete heute früh der CyberSecurity-Spezialist Cyan (WKN: A2E4SV) auf. Zunächst vermeldete das Unternehmen kurz, dass man die bisherige eigene Gewinnprognose (auf EBITDA-Basis) für 2019e nicht mehr halten könne, dafür aber die eigene Umsatzprognose erhöhe und gab als Grund hierfür höhere Investitionen an. Wenige Minuten später erläuterte man dies dann in einer separaten Meldung genauer.
Die erste Ad hoc-Meldung ist jedoch nicht umsonst mit dem Schlagwort "Gewinnwarnung" versehen, denn um nichts anderes handelt es sich letztendlich. Kein Wunder also, dass die Aktie mit deutlichen Kursverlusten auf diese Nachrichten reagiert. Ohnehin erscheint das Geschäftsgebaren der Gesellschaft fragwürdig. So vermeldete Cyan vor wenigen Wochen bekanntlich auch zunächst eine Kooperation mit Wirecard, nur um die dadurch gute Stimmung unverzüglich zur Durchführung einer Kapitalerhöhung zu nutzen (wir berichteten).
Lassen wir dies jedoch mal beiseite und konzentrieren uns rein auf die Fakten. Wie also sehen die neuen Umsatz- und Gewinnprognosen des Managements aus und wie ist die fundamentale Bewertung der Aktie auf Basis dieser Prognosen einzuordnen? Denn wie formulierte kein Geringerer als Warren Buffett mal völlig korrekt: "Kurzfristig ist die Börse ein Schönheitswettbewerb, langfristig jedoch eine Waage!". Was nichts anderes bedeutet wie, dass sich die Kursentwicklung an der Börse längerfristig immer an der fundamentalen Entwicklung orientiert.
Die neuen Umsatz- und Gewinnprognosen
Für das laufende Geschäftsjahr 2019e hat das Management die eigene Umsatzprognose von 35 Mio. Euro bekräftigt. Zugleich geht man jedoch nur noch von einem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) in Höhe von ca. 14 Mio. Euro (anstatt bisher: 20 Mio. Euro) aus. Dies würde noch immer einer sehr guten EBITDA-Marge von 40% entsprechen. Der Grund für die dennoch deutlich niedrigeren Gewinnerwartungen sind, laut Aussage des Vorstands, die deutlich erhöhten Investitionen, die dafür das zukünftige Wachstum positiv beeinflussen sollen.
Folglich erwartet das Management bis 2021e ein Umsatzwachstum auf mindestens 75 Mio. Euro (anstatt bisher: 60 Mio. Euro). Der Wachstumskurs soll jedoch auch darüber hinaus weiter fortgesetzt werden, wobei man jedoch unverändert eine Ziel-EBITDA-Marge von ca. 50% anstrebt. Dies erscheint dem Vorstand auch realistisch, da das Unternehmen über ein hoch skalierbares Geschäftsmodell verfügt. Auf Basis der neuen Umsatz- und Gewinnprognosen ist für 2021e also ein Jahresumsatz von 75 Mio. Euro bei einem EBITDA von bis zu 37,5 Mio. Euro zu erwarten.
Fundamentale Bewertung auf Basis der neuen Prognosen
Beim aktuellen Aktienkurs von rund 18,50 Euro beträgt der Börsenwert ca. 164,5 Mio. Euro. Demgegenüber steht in 2019e wohl ein Jahresumsatz von 35 Mio. Euro sowie ein EBITDA von 14 Mio. Euro gegenüber. Bis 2021 soll dann der Jahresumsatz auf 75 Mio. Euro sowie das EBITDA auf ca. 37,5 Mio. Euro steigen. Dies würde einem durchschnittlichen jährlichen Umsatzwachstum um ca. +46,4% sowie einem durchschnittlichen jährlichen Gewinnwachstum (EBITDA-Basis) um ca. +63,7% entsprechen.
Demnach müsste man der Aktie bis 2021e eigentlich ein KGV von mindestens 60 zugestehen. Dabei liegt der Gewinn je Aktie in 2019e am Ende wohl bei ca. 0,80 Euro (anstatt wie bisher erwartet bei 1,15 Euro), steigt dann aber bis 2021e auf mindestens 2,25 Euro an. Bei einem KGV 2021e von 60 käme man somit auf einen fundamental fairen Wert von bis zu 135,00 Euro – und das, obwohl das PEG mit 1,0 nicht einmal exorbitant hoch wäre. Um es jedoch gleich vorweg zu nehmen... ich halte dies für unrealistisch!
Management hat leider viel Vertrauen verspielt!
Denn durch die Handlungen zuletzt hat das Management meines Erachtens zu viel Vertrauen verspielt. Daher halte ich persönlich sowohl die Umsatz- als auch und sogar erst Recht die Gewinnprognosen für zu optimistisch. Cyan zählt nämlich nicht zu den großen Anbietern im Bereich CyberSecurity. Und auch, wenn dieser Markt ein Wachstumsmarkt ist, so ist er eben auch sehr hart umkämpft. So tun sich weit etabliertere Unternehmen wie beispielsweise die israelische Check Point Software schon schwer Umsatz und Gewinn überhaupt zu steigern.
Ich erwarte daher für 2021e einen Jahresumsatz von weniger als 60 Mio. Euro sowie ein EBITDA von weniger als 25 Mio. Euro. Dadurch sinken die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten für den Umsatz auf weniger als +31% p.a. sowie für den EBITDA-Gewinn auf weniger als +34% p.a. Grundsätzlich wäre somit zwar bis 2021e trotzdem eine Bewertung mit einem KGV von bis zu 34 möglich. Aufgrund des deutlich niedrigeren Wachstums sowie dem mangelnden Vertrauen in den Vorstand würde ich jedoch bestenfalls ein KGV 2021e von 20 ansetzen.
Fazit: Eine interessante Aktie für Spekulanten, aber...
Mit einem Gewinn je Aktie von leicht über 1,40 Euro in 2021e sowie einem KGV 2021e von 20 würde sich ein fundamental fairer Wert von ca. 28,00 Euro errechnen. Dies ist auch mein Kursziel. Gegenüber den aktuellen Kursen von ca. 18,50 Euro würde dies aber immer noch einem Kurspotenzial von mehr als +50% auf Sicht von zwei Jahren entsprechen, was nicht schlecht klingt. Zumal ich ja womöglich auch zu pessimistisch bin und das Management am Ende doch Recht behalten könnte.
Insofern können risikofreudige Spekulanten die Aktie, auch und vielleicht gerade nach der heutigen Gewinnwarnung, einsammeln. Zumal das Kursrisiko angesichts der schwachen Kursentwicklung zuletzt überschaubar erscheint. Allerdings braucht man schon einen Anlagehorizont von mindestens 18 Monaten und muss die Unternehmens- und Aktienkursentwicklung engmaschig verfolgen. Denn weitere Hiobsbotschaften wie die heutige Gewinnwarnung können die Aktie kurzfristig belasten und das Kurspotenzial mittel- bis langfristig einschränken. Ein No-Brainer ist das Papier also nicht!