MorphoSys: Anleger wetten auf Blutkrebsmedikament
Bekanntlich halte ich Evotec und MorphoSys (WKN: 663200) für die beiden besten deutschen Biotechunternehmen, so dass diese beiden Aktien für mich die beiden besten deutschen Biotechaktien sind. Während das Papier von Evotec jedoch zuletzt schwächelte und charttechnisch ein wenig angeschlagen wirkt, läuft es bei MorphoSys derzeit rund.
Da stellt sich unweigerlich die Frage, warum das so ist. Zumal es in den letzten Tagen auch keinerlei nennenswerte Nachrichten aus dem Hause MorphoSys gab, die diese exzellente Kursentwicklung begründen könnten. Zwar kann auch ich an dieser Stelle nur spekulieren, worauf diese erfreuliche Kursentwicklung zurück zu führen ist – und ich vermute schlicht und einfach, dass Anleger hier gegenwärtig schon auf eine Marktzulassung des Blutkrebsmedikaments Tafasitamab (MOR208) durch die FDA im kommenden Jahr wetten.
Schließlich hatte MorphoSys in der Vergangenheit bereits angekündigt den entsprechenden Zulassungsantrag noch im ersten Halbjahr 2020 stellen zu wollen. Dies hat zuletzt auch der neue CEO Dr. Jean-Paul Kress nochmals bestätigt. Anscheinend laufen also die klinischen Studien mit MOR208 weiterhin reibungslos, so dass dieser Zeitplan eingehalten werden kann. Sollte MorphoSys wirklich den Zulassungsantrag wie geplant stellen können und die FDA diesen akzeptieren, wäre wirklich eine Neubewertung der Aktie notwendig.
Bisher mit Tremfya erst ein Medikament auf den Markt gebracht...
Denn bisher hat MorphoSys mit Tremfya (Guselkumab) gegen Schuppenflechte erst ein Medikament zur Marktreife führen können. Obwohl die Geschäfte mit Tremfya rund laufen sollen, partizipiert MorphoSys daran jedoch nur in einem recht geringen Maße. Denn um die kostspielige Forschungsarbeit zu finanzieren, musste MorphoSys das Medikament bereits frühzeitig verpartnern, um so entsprechende Einnahmen zu erzielen.
Folglich bekommt man heute, Expertenschätzungen zufolge, nur noch Tantiemen in Höhe von 4-6% des Umsatzes mit Tremfya von seinem Partner aus der Pharmaindustrie. Dies wäre bei MOR208 anders. Denn diesen Medikamenten-Kandidaten hat MorphoSys bisher nicht verpartnert, so dass man das Medikament letztlich sogar in völliger Eigenregie auf den Markt bringen könnte. Statt nur Tantiemen zu erhalten, würde der Produktumsatz mit dem Medikament dann vollständig in die Kassen der Gesellschaft fließen.
Fundamentale Bewertung: Alles hängt an Tafasitamab!
Ein Biotechunternehmen kann man natürlich nicht auf Basis der Umsatz- und Gewinnentwicklung bewerten, sondern muss die Medikamentenpipeline berücksichtigen. Diese ist bei MorphoSys prall gefüllt, so dass die fundamentale Bewertung derzeit nicht utopisch hoch erscheint. Eigentlich dürfte die Aktie daher selbst bei einem (vorläufigen) Scheitern von MOR208 nicht völlig einbrechen, ein Kursrückgang um mehr als -20% wäre jedoch durchaus möglich. Sollte MOR208 jedoch von der FDA zugelassen werden, würde es richtig spannend.
Denn Experten trauen dem Blutkrebsmedikament durchaus zu – wie im übrigen vielleicht sogar auch noch Tremfya – sich zu einem Blockbuster-Medikament zu entwickeln. Blockbuster werden dabei in der Branche Medikamente bezeichnet, die einen Jahresumsatz von mindestens einer Milliarde US-Dollar einspielen. Zum Vergleich: Zuletzt lag der Jahresumsatz von MorphoSys bei gerade mal 76,4 Mio. Euro (knapp 85 Mio. US-Dollar). MOR208 wäre also ein echter Quantensprung für die Gesellschaft.
Charttechnisches Kursziel der Aktie liegt bei kurzfristig 135 Euro
Aus rein charttechnischer Sicht steht die Aktie derzeit vor einem Kaufsignal. Dieses würde ausgelöst, wenn es dem Titel gelingt nachhaltig über 115 Euro zu steigen. Das Kursziel läge dann bei kurzfristig mindestens 135 Euro. Sollte sich die Hürde bei 115 Euro hingegen doch noch als zu hoch erweisen, wäre mit einem Bruch der 110 Euro Marke ein Kursrücksetzer bis auf 105 Euro möglich. Solange es nicht tiefer geht, wäre anschließend jedoch ein erneuter Anlauf nach oben möglich.
Fällt die Aktie dagegen tiefer als 105 Euro und durchbricht anschließend auch noch die runde Marke von 100 Euro, würde es zu einem charttechnischen Verkaufssignal kommen. Das Kursziel auf Basis dieses Verkaufssignals läge dann zwischen 80 und 85 Euro. Unterhalb von 80 Euro droht sogar ein Abverkauf bis auf weniger als 65 Euro. Kurzfristig ist das allerdings nicht zu erwarten. Mittelfristig erschiene dies jedoch, bei einem Scheitern von Tafasitamab, ein durchaus mögliches Szenario zu sein.