CureVac: Wann scheppert es gewaltig nach unten?

16.11.20

Nach dem furiosen IPO von CureVac (WKN: A2P71U) im August begann für Aktionäre der deutschen mRNA-Biotech-Schmiede erst einmal eine Phase der Langeweile – bis letzte Woche! Seitdem die ersten Daten zum Corona-Impfstoff der Mainzer Firma BioNTech zur Validierung der mRNA-Technologie entscheidend beigetragen haben, wird die Aktie vor allem durch einen Faktor getrieben: FOMO ("Fear of missing out").

Besonders die Tatsache, dass die Umsätze auf dem Retail-Handelsplatz Tradegate explodieren und auf Augenhöhe mit Schwergewichten wie der Allianz sind, ist ein klares Warnzeichen. Die Masse strömt in die Aktien. Dabei wird der Wert für den Moment vor allem durch den geringen Free Float bestimmt. Mit Dietmar Hopp, der Kreditanstalt für Wiederaufbau sowieso GlaxoSmithKline halten nur drei Anleger schon knapp 75 Prozent der Stücke in festen Händen.

Bewertung viel zu hoch

Auf Basis aktueller vorbörslicher Kurse um 82 USD beträgt die Marktkapitalisierung 14,7 Milliarden US-Dollar – mehr als die Hälfte von BioNTechs ebenfalls zu hohen rund 26 Milliarden US-Dollar. Dabei ist CureVac schlechter kapitalisiert, hat deutlich weniger Mitarbeiter, konnte bisher auf dem Gebiet der Onkologie nur bedingt Erfolge erzielen und hängt im Wettrennen um einen COVID-Impfstoff auch noch deutlich hinterher. Noch im Rahmen des IPOs vor wenigen Monaten wurden CureVac zu 16 USD verteilt. Es gibt keinen seriösen Grund, nun ein Vielfaches zu bezahlen.

Mäßige Phase-1-Daten

CureVac ging mit einem klaren Ziel ins Rennen: mit einer sehr geringen Dosis die Möglichkeit schaffen, viel mehr Impfungen als die Konkurrenz mit weniger Produktionskapazität zu erreichen. Diese Träume sind zuletzt weitgehend geplatzt: Jüngste Ergebniss zeigen, dass CureVac mit der höchsten getesteten Dosis in fortgeschrittene Studien gehen wird und diese ebenfalls zweimal verabreichen muss.

Weder bei der Provokation einer Immunantwort noch bei den Nebenwirkungen treten signifikante Verbesserungen ein, eher hängen die Daten denen der Konkurrenz hinterher. Die Kohorte der nun überführten höchsten Dosis wurde dabei nicht einmal vollständig ausgewertet. Aus unserer Sicht spricht das für Hektik und schlechte Vorbereitung.

Denn vermutlich gingen die Forscher intern davon aus, eine der mittleren Dosen zu verwenden und müssen nun improvisieren. In solch frühen Studien ist es eigentlich selten das Ziel, die höchste Dosis in weitere Studien zu überführen. Auch BioNTech prüfte zum Beispiel in einer frühen Gruppe gar die dreifache Dosis des nun endgültigen Kandidaten. Damit ist eine solide Grundlage zur Erforschung der Nebenwirkungen gelegt.

Daten nur dank Ausnahmezustand akzeptabel

Ginge es nicht um COVID, hätten Anleger diese Daten vermutlich deutlich abgestraft. Doch der geringe Free Float im Zusammenhang mit der Kaufwut deutscher Kleinanleger treibt den Wert weiter gen Norden. Dass das Volumen auf Tradegate sogar das an der Nasdaq um den Faktor 2 überschreitet, kann kaum ein gutes Zeichen sein.

Klar: Noch ist für CureVac nichts verloren. Doch wenn nun mit Moderna ein weiterer mRNA-Player diese Woche vielversprechende Daten für seinen Impfstoff meldet, schwindet auch die kommerzielle Opportunität in der westlichen Welt für CureVac aufgrund des zeitlichen Vorsprungs der Wettbewerber dahin.

Reise nach Jerusalem hat begonnen – Abverkauf nach Partnernews?

Wir sind der Meinung: Die Reise nach Jerusalem hat begonnen, dank des geringen Free Floats stehen aber wohl noch mehr als nur zwei Stühle. Den Daten fehlt bisher eine klare Abgrenzung zum Wettbewerb und der zeitliche Rückstand zur Konkurrenz in Verbindung mit der abenteuerlichen Bewertung kreiert eine signifikante Absturzhöhe für die Aktie. Aus fundamentaler Sicht ist das Papier vermutlich um den Faktor 3 zu teuer.

Dem Vernehmen nach verhandelt CureVac derzeit mit Pharmakonzernen zwecks Verpartnerung des COVID-Impfstoffs. Eine entsprechende Abschlussmeldung könnte den Wert noch einmal kurzfristig befeuern, sollte dann aber schnellstens zum Ausstieg genutzt werden. Ist der letzte Käufer gefunden, winkt ein böses Erwachen. Immer dran denken: Steiler als senkrecht geht nicht!

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