Vantage Towers: Kaufen oder Finger weg?
Mit der Vodafone-Tochter Vantage Towers (WKN: A3H3LL) steht der größte Börsengang des Jahres in Europa an. Verspricht die Zeichnungsspanne satte IPO-Gewinne oder sollten Anleger lieber abwarten?
Obwohl Vantage Towers der bisher größte Börsengang des Jahres wird, dürften nur wenige Anleger mit dem Unternehmen etwas anfangen können. Was verbirgt sich dahinter?
Der Mobilfunkbetreiber Vodafone hat in den letzten 30 Jahren europaweit über 82.000 Mobilfunkmasten errichtet und mit Antennen ausgerüstet. Diese wurden 2020 in die in Düsseldorf sitzende Tochtergesellschaft Vantage Towers ausgegliedert.
Das Mobilfunkunternehmen mietet nunmehr die Antennen bei seiner Tochtergesellschaft und möchte jetzt das gesamte Business an der Börse notieren lassen. Vodafone wird aber auch nach dem Börsengang die Mehrheit am Unternehmen behalten.
5G sorgt für Wachstumsfantasie
Mit den über 82.000 Mobilfunkmasten gehört Vantage Towers zum zweitgrößten Funkturmbetreiber in Europa. Der Mobilfunk soll bekanntlich weltweit ausgebaut werden. Zusätzlich bestehen in Europa weiterhin regional immense Funklöcher, insbesondere in ländlichen Regionen.
Für den Ausbau und die Beseitigung der Funklöcher sind weitere Kapazitäten notwendig, was grundsätzlich bei vielen Mobilfunkunternehmen einen Investitionsbedarf voraussetzt. Oder sie mieten zukünftig Masten bei Vantage Towers, dazu gleich mehr!
Der neue Standard 5G benötigt noch deutlich mehr Mobilfunkmasten, da die Reichweiten der einzelnen Funkzellen kleiner werden und die Geschwindigkeit dadurch erheblich steigen soll. Du siehst in der Großstadt mittlerweile auf vielen Hausdächern die Funkmasten stehen, die das Straßenbild beherrschen.
Die Standorte für Masten sind aber begrenzt und der Aufbau neuer Mobilfunkmasten an nahezu identischen Standorten, wo der Wettbewerber bereits mit bestehenden Antennen agiert, eigentlich wirtschaftlich unlogisch.
Umso logischer ist daher die Abspaltung des Geschäfts bei Vodafone, denn durch die Trennung in eine separate börsennotierte Gesellschaft können Vantage Towers als eigenständige Gesellschaft angesehen werden und so werden die Türen auch für die Wettbewerber geöffnet.
Dadurch haben alle Mobilfunkunternehmen die Möglichkeit, Kapazitäten bei schon bestehenden Masten anzumieten. Die Mieteinnahmen und der Cashflow sind dann zukünftig beständig und gut zu kalkulieren. Die eigenen Masten für den Wettbewerb öffnen, wer macht denn so etwas?
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US-Wettbewerber zahlt Dividende
Du findest es etwas merkwürdig, wieso Unternehmen ihre Infrastruktur an Wettbewerber vermieten sollten? Dann schaue einmal rüber in die USA, wie dort dieses Prinzip seit Jahren erfolgreich umgesetzt wird.
American Tower ist ein US-amerikanischer Betreiber von weltweit über 170.000 Mobilfunkmasten. Das Wachstumsunternehmen ist bei Value-Anlegern als zuverlässiger Dividendenzahler mit einer Dividendenrendite von aktuell gut 2 Prozent bekannt.
Im Jahre 1995 begann die Firma mit dem Ankauf von Sendemasten von AT&T. Heute ist im Durchschnitt jeder Sendemast an zwei weitere andere Mobilfunkanbieter vermietet. Hier liegt der Schlüssel zum Erfolg, an dem die Investoren seit Jahren mit einer satten Dividende beteiligt werden.
Vantage Towers hingegen haben lediglich eine Quote von rund 1,3 weiterer Kunden je Sendemast und alleine zum Gleichziehen auf das Vermietungsniveau von American Tower rund 50 Prozent Steigerungspotenzial. Das ganze neu wachsende Geschäft durch 5G darf hier noch hinzuzurechnen sein.
Bieten die IPO-Eckdaten schnelle Kursgewinne?
Zeichnungsschluss ist am heutigen 17. März. Die Papiere werden in einer breiten Spanne von 22 bis 29 Euro zur Zeichnung angeboten, was eine Gesamtbewertung von 11,4 bis zu 14,7 Milliarden Euro bedeuten würde. Bereits am ersten Zeichnungstag soll eine Überzeichnung vorgelegen haben. So habe unter anderem der Infrastrukturinvestor Digital Colony ein größeres Paket gezeichnet.
Nach dem Börsengang bleiben rund 75,4 Prozent des Aktienpakets in den Händen von Vodafone, die auch den gesamten Emissionserlös einheimsen. Das ist das wirklich Negative an diesem IPO. Es gibt keine Kapitalerhöhung, wodurch frisches Geld in die Tochtergesellschaft fließen könnte, was Du unbedingt berücksichtigen musst.
Vodafone kann den kompletten IPO-Erlös zum Schuldenabbau nutzen. Die Kosten für den Börsengang trägt die Tochtergesellschaft eigenständig, was das Ergebnis in diesem Jahr belasten könnte.
Andererseits ist Vantage Towers kein Unternehmen, welches kurzfristig großen Investitionsbedarf hat und diesen am Kapitalmarkt einwerben muss. Die vermieteten Mobilfunkmasten sorgen für einen gesunden Cashflow, von dem rund 60 Prozent jährlich als Dividende ausgeschüttet werden sollen. Weiteres Wachstumspotenzial ist bei der aktuellen Lage in den kommenden Jahren definitiv vorhanden.
Da die Tochter erst in 2020 ausgegliedert wurde, sind die Zahlen im Wertpapierprospekt natürlich noch nicht richtig zu bewerten. Laut diesem Wertpapierprospekt ergab sich zum 31. März 2020 bei einem Pro-Forma-Jahresumsatz in Höhe von 945 Millionen Euro ein operativer Gewinn von 448 Millionen Euro.
Vom 1. April des letzten Jahres bis zum 31. Dezember 2020 lag der Umsatz bei 725 Millionen Euro, der operative Gewinn betrug demnach 363 Millionen Euro. Ihr seht, das Geschäftsjahr ist in diesem Fall vom 1.4. bis zum 31.3. eines Jahres, was ihr für die Dividendenzahlungen berücksichtigen müsst.
Damit würde das Unternehmen bei der IPO-Spanne mindestens mit einem KGV von 25 bewertet werden, was zunächst nicht für satte Kursaufschläge am ersten Handelstag spricht. Dennoch sollten Anleger das Wachstumspotenzial nicht außer Acht lassen. Die Nutzung der Masten durch andere Mobilfunkbetreiber ist relativ einfach und schnell umsetzbar möglich.
Erste Dividendenzahlung für Juli geplant
Die erste Dividendenzahlung ist bereits für Juli 2021 vorgesehen und Anleger, die die Papiere am Stichtag im Depot haben, erhalten für das abgelaufene Geschäftsjahr die volle Dividende ausgezahlt.
Insgesamt sollen 280 Millionen Euro Dividende ausgeschüttet werden, was bei voller Ausnutzung der Mehrzuteilungsoption rund 55 Cent je Aktie entsprechen würde. Am unteren Ende der Zeichnungsspanne würde die Dividendenrendite demnach bei 2,5 Prozent liegen. Am oberen Ende immerhin noch bei 1,9 Prozent.
Ausufernde Kursgewinne erwarte ich wie erwartet morgen am ersten Handelstag nicht. Dennoch habe ich die Papiere als Long-Investment gezeichnet. Ich erwarte insbesondere in 2021 ein stärkeres Wachstum bei der Vermietung an weitere Mobilfunkbetreiber, was dann den Aktienkurs und die Dividende treiben kann. Das Geschäftsmodell ist relativ simpel und klar zu kalkulieren.
Interessenkonflikt: Autor, Herausgeber und Mitarbeiter halten selbstverständlich Aktien des besprochenen Unternehmens Vantage Towers. Somit besteht konkret und eindeutig ein Interessenkonflikt. Autor, Herausgeber und Mitarbeiter beabsichtigen, die Aktien – je nach Marktsituation auch kurzfristig – zu kaufen oder zu veräußern und könnten dabei von erhöhter Handelsliquidität profitieren.