Zoom Video kauft Five9: Wirklich eine gute Idee?
In der Nacht von Sonntag auf den heutigen Montag gab der Videokonferenzspezialist Zoom Video (WKN: A2PGJ2) den Kauf des Twilio-Konkurrenten Five9 bekannt. Wie üblich reagiert die Aktie des Käufers mit leichten Kursabschlägen, wohingegen das Papier von Five9 deutlich zulegen kann. Grund genug die Frage zu stellen, ob diese Übernahme wirklich eine gute Idee ist.
Bei Zoom Video Communications handelt es sich um ein US-amerikanisches Softwareunternehmen mit Hauptsitz im kalifornischen San José, das sich auf Software für Videokonferenzen spezialisiert hat. Die erst im Jahr 2011 von Eric Yuan gegründete Gesellschaft wagte bereits 2019 ihren Börsengang (IPO). Dieser verlief zwar erfolgreich, anschließend dümpelte die Aktie aber vor sich hin. Erst die Covid-19-Pandemie verhalf Unternehmen und Aktie schließlich zum Durchbruch.
Megawachstum dank beschleunigter Digitalisierung
Noch im Geschäftsjahr 2019 (endet stets per Ende Januar, ergo per Ende Januar 2020) erzielte die Gesellschaft einen Jahresumsatz in Höhe von knapp 623 Millionen US$ (nach knapp 331 Millionen US$ im Jahr zuvor) sowie einen Nettogewinn in Höhe von 21,75 Millionen US$ (nach einem Nettogewinn von knapp 7,6 Millionen US$ im Vorjahr). Damit wuchs man bereits sehr stark, so dass man innerhalb von maximal drei Jahren einen Jahresumsatz von zwei Milliarden US$ oder mehr anstrebte.
Doch dann kam die Covid-19-Pandemie, die die Digitalisierung laut Microsoft CEO Satya Nadella um zwei bis drei Jahre beschleunigte. Dies konnte man dann wunderbar an der Entwicklung der Geschäftszahlen von Zoom Video ablesen. So erzielte man bereits 2020 (per Ende Januar 2021) einen Jahresumsatz von gut 2,65 Milliarden US$ bei einem Nettogewinn von gut 671,5 Millionen US$. Der Nettogewinn 2020 übertraf also den Jahresumsatz des Vorjahres!
Im laufenden Geschäftsjahr 2021 (per Ende Januar 2022) erwarten die Analysten im arithmetischen Mittel daher nun bereits einen Jahresumsatz von rund vier Milliarden US$ sowie einen Nettogewinn von über einer Milliarde US$. Bei Zoom Video scheint sich die Digitalisierung durch die Covid-19-Pandemie also sogar um weit mehr als nur zwei bis drei Jahre beschleunigt zu haben, eher um vier bis sechs Jahre. Doch das birgt auch Gefahren.
Warum hier Gefahrenpotenzial lauert
Denn aktuell gibt es zwei große Fragen für das Unternehmen. Erstens: Wie wird das zukünftige Wachstum aussehen? Zweitens: Was passiert, wenn die Covid-19-Pandemie endgültig überwunden ist? Die erste Frage stellt sich dabei wiederum aus zwei Gründen, nämlich erstens, ob man mit seinem zuletzt exorbitant hohen Wachstum das ursprünglich geplante Wachstum einfach nur vorgezogen hat, sodass weiteres Wachstum generell schwieriger wird.
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Und zweitens, ob Anleger den sogenannten Basiseffekt beachten. Dieser Basiseffekt meint, dass es eben deutlich schwieriger ist, um +50% zu wachsen, wenn man eine höhere Ausgangsbasis hat. Oder vereinfacht ausgedrückt: Es ist deutlich einfacher, seinen Jahresumsatz von 100 auf 200 Millionen US$ zu verdoppeln als von 10 auf 20 Milliarden US$. Daher dürften die prozentualen Wachstumsraten auch bei Zoom Video bald (deutlicher) zurückgehen.
Dieser Rückgang wird dabei umso stärker ausfallen, je mehr zukünftiges Wachstum durch die Pandemie vorgezogen wurde. Kein Wunder also, dass das Management vorzubeugen versucht. Eine dieser Vorbeugemaßnahmen scheint mir der nun angekündigte Kauf von Five9 zu sein. Ob der Plan der Unternehmensführung jedoch aufgehen wird, steht auf einem anderen Blatt. Dies muss und wird sich erst noch zeigen!
Übernahme als Vorbeugemaßnahme, aber...
Grundsätzlich halte ich die nun angekündigte Übernahme von Five9 für durchaus sinnvoll. Günstig ist sie allerdings nicht. So wird Zoom Video rund 13,5 Milliarden US$ (weitestgehend in eigenen Aktien) für Five9 hinblättern. Dabei hat das Übernahmeziel zuletzt „nur“ einen Jahresumsatz von knapp 435 Millionen US$ bei einem Nettoverlust in Höhe von gut 42,1 Millionen US$ eingefahren. Man akzeptiert hier also ein KUV von knapp 31, obwohl Five9 gar nicht so stark wächst (wie Zoom selbst).
Andererseits ist der Marktführer in diesem Bereich, Twilio, aktuell knapp 65 Milliarden US$ bei einem Jahresumsatz von knapp zwei Milliarden US$ wert. Auch hier wird also ein KUV von knapp 33 aufgerufen, wobei dem Marktführer ein gewisses „Premium“ zuerkannt werden darf. In dieser Hinsicht erscheint der Kaufpreis also nicht überzogen. Wobei ich die generellen Bewertungen bei den US-Hightechs für zu hoch erachte. Insofern gut, dass man wenigstens die eigene Aktie als Akquisitionswährung nutzt.
Langer Rede, kurzer Sinn: Die Übernahme von Five9 durch Zoom Video ist plausibel, aber sehr teuer. Ich rechne damit, dass wir an den US-Börsen das Top bereits hinter uns haben. Ergo werden bald beide Aktien wohl tendenziell fallen. Für die Aktionäre von Five9 ist der Deal somit meines Erachtens das bessere Geschäft. Kein Wunder, dass das Management des Übernahmeziels den Deal daher unterstützt. Die Reaktion an der Börse erscheint ebenfalls logisch!
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