VanEck Russland ETF: Ein Paradies für Zocker
Russlandaffine Anleger haben es dieser Tage nicht leicht: Aktien und Fonds sind abgestürzt und die Märkte bleiben geschlossen. Viele Händler umgehen die Beschränkungen jedoch mittels ETFs. Die börsennotierten Russland-Fonds haben bereits enorm hohe Aufschläge auf die Vermögenswerte, die sie eigentlich abbilden sollen.
Die Tragödie des russischen Krieges in der Ukraine hat internationalen Finanzinvestitionen in Russland ein Ende gesetzt. Viele Nicht-Russen können ihre Bestände derzeit nicht liquidieren, nachdem Moskau Brokern untersagt hat, Wertpapiere von ausländischen Investoren zu verkaufen.
Der Nachrichtendienst Bloomberg schätzt, dass fast 13 Milliarden US$ von europäischen und US-Fonds in Aktien sanktionierter Unternehmen feststecken. So weist Russland inzwischen alle Merkmale eines Marktes auf, der für ausländische Anleger nicht mehr investierbar ist.
Anleger umgehen Handelsschranken mit ETFs
ETFs sind für Anleger nun das Mittel der Wahl geworden, um sich inmitten des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine auf dem Markt zu bewegen und von einer hohen Volatilität zu profitieren. Während die Moskauer Börse geschlossen bleibt, ist der Russia ETF der Investmentgesellschaft VanEck (RSX, WKN:A2AHFW), der den MVIS Russia Index abbilden soll, weiterhin handelbar.
Mit einem Minus von 53% befindet sich das Investmentvehikel in seiner schlechtesten Woche seit seines Bestehens. Beim engsten Konkurrenten sieht die Lage ähnlich aus: Der iShares MSCI Russia ETF (ERUS, WKN:A1C1HV) ist in dieser Woche bisher um fast -57% gefallen.
Zum Großteil haben Kleinanleger den Handel mit Anteilen und Optionen des börsengehandelten Fonds in die Höhe getrieben. Mit einem Transaktionsvolumen von 27 Millionen Käufen und Verkäufen erreichten die RSX-Anteile nach Trade-Alert-Daten zuletzt ihren doppelten Tagesdurchschnitt.
Noch lebhafter war der Handel des Russland-ETFs zuletzt mit Optionen: 211.000 Kontrakte entsprechen dem Vierfachen des erwarteten Tagesvolumens und stellen zugleich einen Allzeitrekord für den VanEck-Fonds dar.
Die Anlegerstimmung ist dabei gemischt: Während einige Händler auf eine schnelle Erholung der russischen Werte setzten, hofften andere mit Optionskontrakten auf einen weiteren Einbruch der Aktien.
Gerret Desimone, Forschungsleiter von OptionsMetrics, einem Anbieter von Optionsdatenbanken und -analysen für institutionelle Anleger, sagte:
Diese hohe Volatilität ist außergewöhnlich und führt dazu, dass sich der VanEck Russia ETF ähnlich wie eine Meme-Aktie verhält.
VanEck hat sich nun dafür entschieden, die Schaffung neuer Anteile seines Russland-ETFs ab dem heutigen Donnerstag bis auf Weiteres auszusetzen. Die Kapitalgesellschaft begründete den Schritt mit den US-Wirtschaftssanktionen gegen russische Unternehmen und Banken. Der Kauf und Verkauf von RSX-Anteilen wird hingegen weiterhin auf dem Sekundärmarkt möglich sein.
Liquidität, wenn Aktien sie nicht haben
Die hohe Aktivität rund um Russland-ETFs verdeutlicht ein wichtiges Merkmal, das die börsengehandelten Fonds auszeichnet: Sie können selbst dann gehandelt werden, wenn die zugrundeliegenden Vermögenswerte daran gehindert werden.
Etwa drei Viertel der RSX-Bestände setzt sich zusammen aus American Depositary Receipts (ADR) und Global Depositary Receipts (GDR) – Hinterlegungsscheine, die das Eigentum von Anteilen an in den USA und international börsennotierten Unternehmen verbriefen.
Nur 11% des ETF-Vermögens ist hingegen in lokalen russischen Aktien investiert, gefolgt von jeweils 7% in den USA und in London notierten Titeln. Die Streuung ermöglicht es dem RSX, als Preisbildungsmechanismus zu dienen, während die zugrundeliegenden Anteilsscheine unzugänglich bleiben.
Immer wieder kann man erleben, dass sich Anleger ETFs zuwenden, wenn der Markt verrückt spielt. Auch als 2015 die Aktienmärkte in Griechenland wochenlang geschlossen blieben, wurden die griechischen ETFs weiter gehandelt. Häufig stellt sich dabei heraus: Anleger sind ziemlich gut darin, Aktienpreise zu schätzen, wenn die Papiere selbst nicht gehandelt werden.
ETFs in Krisen: Mächtig, aber riskant
Grundsätzlich müssen Investoren sich jedoch im Klaren darüber sein: ETFs werden oft zu einem Preis gehandelt, der sich vom fairen Marktpreis des zugrundeliegenden Wertpapiers signifikant unterscheidet.
Der Handelsstopp in Moskau hat etwa dazu geführt, dass der Handelspreis des RSX weit von seinem Nettovermögenswert (NAV) abgewichen ist. Bereits am Montag beendete der börsengehandelte Russland-Fonds den Tag mit einem NAV-Aufschlag von 178%.
Solche Diskrepanzen machen den ETF-Handel sehr spekulativ und gehen mit einem nicht unerheblichen Ausfallrisiko einher. Im Fall von RSX bestehen die Risiken darin, dass die gehandelten Unternehmen sanktioniert werden oder Depotbanken die Verwahrung der Assets nicht mehr übernehmen wollen.
Auf der anderen Seite bieten ETFs in Krisen aber auch große Chancen: Im Gegensatz zu anderen Märkten können Anleger weiterhin ein- und austeigen, wann sie wollen. Auch aufgrund dieser Liquidität, die Aktien gelegentlich nicht haben, verzeichnet der ETF-Markt weiterhin Rekordzuflüsse.
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