Gazprom-Aktie: Gibt es noch Hoffnung für Anleger?
Auch wenn die russisch-ukrainischen Friedensverhandlungen erste Fortschritte zu machen scheinen, ist die weitere Entwicklung des Konflikts weiterhin sehr ungewiss. Während die westlichen Sanktionen der russischen Wirtschaft immer mehr zusetzen, konnte der Staatskonzern Gazprom (WKN: 903276) aufgrund der Wichtigkeit seiner Gasexporte für Europa den Strafmaßnahmen bislang entgehen. Gibt es für Investoren somit noch Hoffnung?
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat Tod und Zerstörung nach Europa gebracht, wie es der Kontinent seit dem Bürgerkrieg in Ex-Jugoslawien nicht mehr erlebt hat. Darüber hinaus stürzte die Invasion die weltweiten Märkte für Öl und Gas ins vollkommene Chaos.
Seitens der westlichen Staaten war zwar mit Sanktionen gegen Russland zu rechnen; die Härte der Maßnahmen hat jedoch so manchen überrascht. Die USA und das Vereinigte Königreich verbieten russische Gas- und Ölimporte und selbst die Fremdwährungsreserven der russischen Zentralbank bleiben zurzeit eingefroren. Währenddessen sehen sich mehr und mehr westliche Unternehmen dazu veranlasst, ihre Geschäfte mit dem Land zu beenden.
Die Gasexporte nach Europa, auf die Gazprom praktisch ein Monopol besitzt, blieben von Strafmaßnahmen bislang jedoch verschont. Auch wenn Sanktionen natürlich in Erwägung gezogen wurden: Viele europäische Staaten sind im hohen Maße angewiesen auf russisches Gas – vor allem Deutschland, das sich aus Angst vor wirtschaftlichen Schäden am lautesten gegen jegliche Form von Gas-Sanktionen wehrt. Effektiv ist Gazprom damit zu groß und zu wichtig, um bestraft zu werden.
Düstere Aussichten
Die kurz- bis mittelfristigen Aussichten für Gazprom-Aktionäre sind gewiss mit großen Unsicherheiten behaftet. Schließlich ist die Aktie in Moskau seit fast drei Wochen vom Handel ausgesetzt. Es bleibt ungewiss, wann der Titel wieder handelbar wird. Sicher scheint jedoch: Anleger müssen im laufenden Jahr mit Null-Dividenden rechnen – möglicherweise auch im Folgejahr. Das hängt davon ab, wie sich die Sanktionen auf den Kapitalfluss des Unternehmens auswirken werden.
Angesichts der nur zaghaften Hoffnungen auf baldigen Frieden ist es noch viel zu früh, um die unmittelbaren finanziellen Auswirkungen für Gazprom zu beurteilen. Ich lege mich jedoch fest, dass die langfristigen Zukunftsaussichten für den Staatskonzern düster sind – unabhängig davon, wie und wann der Krieg enden wird.
Selbst wenn der Krieg morgen enden sollte: Die westlichen Sanktionen und vor allem das Unbehagen der Unternehmen gegenüber Geschäften in Russland werden noch lange fortbestehen. Für Anleger liegt der Wert einer Investition immer in der Zukunft. Doch je weiter man nach vorne blickt, desto schlechter werden die Aussichten für Gazprom.
Auch wenn das drastisch klingen mag: Der größte Reiz an einem Gazprom-Investment besteht im Quasi-Monopol des Unternehmens für Gaslieferungen nach Europa. Aufgrund dieser Marktdominanz sehen Anleger sogar darüber hinweg, dass es sich um einen staatlich kontrollierten Konzern in einem autoritär geführtem Land handelt.
Europa baut Abhängigkeit ab
Obwohl die Gasversorgung nach Europa bislang unvermindert anhält und sich auch in naher Zukunft daran wohl nichts ändern wird: Der geopolitische Schock des Ukraine-Kriegs hat den EU-Staaten eine strategische Schwäche aus Sicht der nationalen Sicherheit aufgezeigt.
Unabhängig davon, ob der Krieg bald enden wird oder sich noch über viele Monate hinzieht, wird sich Europa nun zügig nach alternativen Energiequellen außerhalb Russlands umsehen. Das zeigt sich bereits daran, dass Deutschland seit einigen Tagen mit Hochdruck den Bau von zwei neuen Flüssiggas-Importterminals vorantreibt.
In den kommenden Monaten ist eine Welle neuer Energieprojekte in ganz Europa zu erwarten. Es bleibt zwar fraglich, wie schnell sich der Kontinent vom russischen Gas abkoppeln kann. Einer IEA-Studie zufolge könnte die EU jedoch ihre Abhängigkeit von Ost-Exporten innerhalb von nur 12 Monaten um etwa ein Drittel reduzieren. Für Gazprom wäre das ein Alptraum, da es den einzigen Anreiz untergräbt, die Aktie als veritables Investment zu betrachten.
Selbst wenn diese Kalkulationen sich als zu optimistisch herausstellen sollten: Europa wird in drei bis fünf Jahren deutlich weniger von Gazprom-Exporten abhängig sein. Das Unternehmen wird somit in Zukunft deutlich weniger Gas als bisher verkaufen und daher nicht annähernd so profitabel sein. Da die Russen ihre Bedeutung für Europa verlieren, erhöht sich obendrein die Wahrscheinlichkeit für Gazprom, in Zukunft ebenfalls europäischen Sanktionen unterliegen zu müssen.
China wird nicht so schnell helfen
China wird zwar seine Käufe von russischem Gas in den kommenden Jahren voraussichtlich deutlich erhöhen; dies würde jedoch sehr hohe Investitionen in den Auf- und Ausbau des Pipeline-Netzes erfordern. Das würde nicht nur enorme Kosten verursachen, sondern auch viele Jahre der Planung und des Baus in Anspruch nehmen. Für Gazprom-Investoren bliebe in jedem Fall zunächst deutlich weniger übrig.
Der Moment, in dem die erste Explosion in der Ukraine ertönte, markiert den Anfang vom Ende des russischen Gasmonopols in Europa. Die Maßnahmen des Kontinents, seine Abhängigkeit von Gazprom-Exporten zu verringern, werden sich in den kommenden Jahren nur noch verstärken. In fünf bis zehn Jahren sehe ich den russischen Staatskonzern daher nur noch als einen Schatten seines früheren Selbst – und somit auch nicht mehr zu groß, um von Europa sanktioniert zu werden.
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