Thyssenkrupp: Cashflow-Problem Anlass zur Sorge?
Mit einem Minus von 10% stach die Aktie von Thyssenkrupp (WKN: 750000) am Donnerstag im MDAX negativ heraus. Die Unternehmensleitung hat das Jahresziel für den Free Cashflow aufgrund des Ukraine-Kriegs ausgesetzt und die Aktionäre damit an alte Probleme erinnert. Die binnen einer Woche erzielten Erholungsgewinne sind damit wieder verflogen. Müssen sich Anleger nun auch um die Finanzlage des Konzerns wieder ernsthafte Sorgen machen?
Der Essener Industriekonzern Thyssenkrupp ist Deutschlands größter Stahlhersteller. Weltweit beschäftigt das Unternehmen über 100.000 Mitarbeiter und setzt jährlich mehr als 35 Milliarden € um. An der Börse ist das MDAX-Mitglied mit rund 5,3 Milliarden € bewertet.
Cashflow-Ziel ausgesetzt
Am Donnerstag gab es für Thyssenkrupp-Anleger nun ein böses Erwachen: Die Unternehmensleitung gab bekannt, ihre Free-Cashflow-Prognose für das laufende Geschäftsjahr aufgrund des Ukraine-Kriegs auszusetzen, und schickte die Aktie damit auf Talfahrt. Der Industrie-Titel rutschte bis Handelsschluss um knapp -10% ab.
Die gestrichenen Ziele für den freien Barmittelzufluss begründet das Unternehmen in erster Linie mit den kriegsbedingt steigenden Rohstoffpreisen. Die Mittel stehen dem Stahlverarbeiter für die Ausschüttungen an Aktionäre oder Aktienrückkäufe zur Verfügung.
Für das Geschäftsjahr 2021/22 (per Ende September) hatte Thyssenkrupp noch im Februar einen bereinigten operativen Ertrag (EBIT) zwischen 1,5 und 1,8 Milliarden € angekündigt sowie einen Jahresüberschuss von mindestens einer Milliarde € und einen Free Cashflow vor M&A im Bereich eines ausgeglichenen Wertes.
Stahl- und Autozuliefergeschäfte beeinträchtigt
Den Aussagen von Donnerstag nach rechnet der MDAX-Konzern durch die militärischen Eskalation in Osteuropa nun mit „erheblichen Beeinträchtigungen in der Geschäftsentwicklung“. Es seien demnach direkte und indirekte Auswirkungen zu erwarten.
Zwar seien die Umsätze der Unternehmensgruppe mit Russland und der Ukraine mit deutlich unter einem Prozent am Gesamtumsatz vernachlässigbar. Die „weitreichenden gesamtwirtschaftlichen und geopolitischen Folgen des Krieges in der Ukraine“ werden nach Einschätzung des Vorstands aber den Geschäftsverlauf der Unternehmensgruppe beeinträchtigen.
Vor allem für die Stahl- und Autozuliefergeschäfte von Thyssenkrupp rechnet die Unternehmensleitung aufgrund der gestörten globalen Lieferketten mit Folgen. Der Werkstoffhandel dürfte hingegen zwar von den steigenden Rohstoff- und Materialpreisen profitieren; diese gegenläufige Entwicklung wird die Belastungen dem Unternehmen zufolge jedoch nicht voll kompensieren – ebenso wenig wie die eingeleiteten Gegenmaßnahmen.
IPO-Pläne der Stahlsparte auf Eis, Kurzarbeit wieder möglich
So erklärte Konzernchefin Martina Merz, alle Ausgaben wieder auf den Prüfstand zu stellen. Wo immer möglich, versuche das Unternehmen, Preissteigerungen an die Kunden weiterzugeben. In manchen Bereichen müsse Thyssenkrupp sich auch auf die Notwendigkeit von Kurzarbeit vorbereiten, sagte Merz.
Aufgrund der wirtschaftlichen Kriegsfolgen hat Thyssenkrupp auch die Pläne zur Verselbstständigung der Stahlsparte erstmal auf Eis gelegt. Ein Börsengang eröffne dem Unternehmen zwar weiterhin gute Perspektiven; Aussagen zur Machbarkeit seien aufgrund der gegenwärtigen Rahmenbedingungen derzeit jedoch nicht möglich.
Cashflow wichtigstes Ziel für Anleger
Die heftige Reaktion der Börse auf die Aussetzung des Cashflow-Ziels ist nachvollziehbar, denn der Barmittelfluss ist für Thyssenkrupp-Anleger ein sensibles Thema. So war die Vergangenheit des MDAX-Konzerns geprägt von Problemen mit der Nachhaltigkeit von Zuflüssen. In den vergangenen fünf Jahren hat der Konzern insgesamt 8 Milliarden € an Barmitteln verbrannt.
Auch wenn sich die Essener durch den milliardenschweren Verkauf der Aufzugsparte etwas Spielraum verschafft haben: Nach einem Jahrzehnt mit negativem Barmittelfluss ist ein positiver Free Cashflow weiterhin eines der wichtigsten Ziele für Investoren des Stahlriesen.
Dass der Vorstand die eigenständige Aufstellung des Stahlgeschäfts auf die lange Bank schieben will, schmeckt den Anteilseignern ebenfalls gar nicht. Sie hatten zuletzt viel Hoffnung in solch einen Schritt gelegt, um den Cashflow weiter aufzubessern.
Den erwogenen IPO der Wasserstoffsparte Nucera könnte das Management nun ebenfalls aufschieben. Dennoch bleibt der Geschäftszweig attraktiv, da sich der Wandel zu grüner Energie derzeit immer mehr beschleunigt. Wasserstoff spielt dabei in den Planspielen der politischen Entscheider eine wichtige Rolle.
Vorstand auf gutem Weg
Auch wenn der tragische Krieg in der Ukraine die kurz- bis mittelfristigen Geschäftsaussichten von Thyssenkrupp nun eintrübt: Um die Finanzlage des Konzerns müssen sich Anleger akut keine Sorgen machen. Mit einem Netto-Barmittelbestand von mehr als 3 Milliarden € sollte das Unternehmen keine Probleme haben, um die Situation zu meistern.
Grundsätzlich sehe ich das Management auf einem guten Weg, um die strukturelle Rentabilität zu steigern und das Portfolio zu bereinigen. Dennoch rechne ich nun damit, dass die Aktien dem Markt zunächst deutlich hinterherhinken dürften.
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