Gazprom-Aktie: Wird Putins Rubel-Trick funktionieren?

04.04.22

Westliche Kunden sollen Lieferungen von Gazprom (WKN: 903276) entsprechend eines Kreml-Dekrets künftig nach einem komplizierten Mechanismus in Rubel bezahlen. In den Konzernzentralen der westlichen Energiebranche sorgt die Meldung für große Verwirrung. Obwohl die G7-Staaten Putins Forderung nach einer Rubel-Zahlung eine klare Absage erteilt haben, fließt das russische Gas zunächst unvermindert weiter Richtung Westen. In wenigen Wochen wird jedoch die Stunde der Wahrheit schlagen.

Rubel, Euro oder doch ein verkappter Tausch? Tagelang war unklar, wie westliche Unternehmen Gazprom künftig bezahlen können. Am Freitag hatten die Energiekonzerne schließlich Details zu der brisanten Entscheidung des russischen Präsidenten Wladimir Putin vorliegen, ab 1. April auf die Bezahlung von Gaslieferungen in Rubel zu bestehen.

Putins komplexer Rubel-Trick

Das Dekret des Kremls wird in der Branche so gedeutet: Westliche Kunden müssen zunächst ein Fremdwährungskonto bei der Gazprombank eröffnen und dort zum Beispiel Euro oder Dollar einzahlen. Dann ist die Eröffnung eines zweiten Kontos notwendig, das auf Rubel lautet. Im dritten Schritt müssen die Unternehmen die Bank aktiv mit einem Währungstausch beauftragen. Das Geldinstitut verkauft daraufhin die Devisen an der Moskauer Börse und schreibt die erhaltenen Rubel dem Rubelkonto des Kunden zu.

Welchen ökonomischen Sinn diese Operation für Russland hat, ist unter Experten umstritten. Ich hatte ursprünglich wie viele andere gemutmaßt, dass Putin mit der Rubel-Zahlpflicht den Kurs der Landeswährung stützen will. Seit einem Kreml-Erlass nach Kriegsbeginn muss Gazprom – wie alle russischen Exporteure – jedoch ohnehin schon 80% seiner Ausfuhreinnahmen zwangsweise in Rubel tauschen. Mit Blick auf den Gasriesen würden mit dem Dekret dann 100% der Exporterlöse in die Landeswährung gewechselt. Auf den Rubel-Kurs hätte das keine bedeutenden Effekte.

Für den Kreml hat das Vorgehen aus meiner Sicht somit einen ganz anderen Vorteil: Russland kann durch den verwirrenden Rubel-Trick besser sicherstellen, dass die Gaszahlungen überhaupt im Land ankommen. Hätten die westlichen Kunden ihre Währung vor einer Überweisung in Rubel tauschen müssen, hätte das Geld im Finanzsystem leichter Zielscheibe von Sanktionen werden können. Putin hat offenbar Angst, dass die Zahlungen eingefroren werden könnten.

Showdown ab Ende April

Der russische Staatschef hatte damit gedroht, die Gaslieferungen einzustellen, falls die neuen Regeln nicht beachtet würden. Der Westen zeigte sich bislang jedoch unbeeindruckt: Die G7-Energieminister hatten unter Vorsitz von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Putins Forderungen eine klare Absage erteilt.

Noch hat die Weigerung des Westens keine praktischen Konsequenzen: Nach übereinstimmenden Angaben aus der Branche erfüllt Russland nach wie vor alle vertraglichen Lieferpflichten. Auch der Gastransit durch die Ukraine läuft trotz des Krieges unvermindert weiter. Die Stunde der Wahrheit steht jedoch noch bevor – in der zweiten Aprilhälfte oder spätestens Anfang Mai, wenn die nächsten Zahlungen an Gazprom fällig werden.

Wann wäre die EU unabhängig vom russischen Gas?

Auf lange Sicht dürften Putins Erpressungen für den Staatskonzern Gazprom nicht gut enden, da sie die Bemühungen des Westens, sich von der Abhängigkeit des russischen Gases zu befreien, nur beschleunigen werden.

Einer IEA-Studie zufolge könnte die EU ihre Abhängigkeit von Ost-Exporten innerhalb von nur 12 Monaten um etwa ein Drittel reduzieren. Bundeswirtschaftsminister Habeck hatte gesagt, Deutschland könne die russischen Ölimporte bis zum Sommer halbieren. Für Gazprom wäre das wirtschaftlich ein Alptraum.

Auch China kann nicht sofort helfen

Aus meiner Sicht hat der russische Einmarsch in die Ukraine das Ende des russischen Gasmonopols in Europa eingeläutet. Mit seinem Rubel-Trick kann Putin möglicherweise zwar für eine Weile den Zahlungsfluss zum Staatskonzern sichern; in spätestens fünf bis zehn Jahren werden die EU-Staaten ihren Gasbedarf jedoch vollständig mit anderen Quellen gedeckt haben.

China könnte Russland zwar zur Seite springen und seine Gaskäufe erhöhen; dafür müsste Gazprom jedoch zunächst das entsprechende Pipeline-Netz ausbauen. Das würde nicht nur enorme Kosten verursachen, sondern auch viele Jahre der Planung und des Baus in Anspruch nehmen. Für Gazprom-Investoren bliebe in jedem Fall zunächst deutlich weniger übrig.

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