Amazon-Aktie: Deshalb befürchten wir schwache Q3-Zahlen
Amazon (WKN: 906866) wird am Donnerstag seine Zahlen zum dritten Quartal präsentieren. Nach dem letzten Finanz-Update war das Papier dank eines verbesserten Ausblicks um +14% hochgeschossen. Im Folgenden erklären wir, warum wir die Erwartungen an den Q3-Bericht nun für überzogen halten und eine Enttäuschung für Anleger vorhersehen.
Amazon.com mit Hauptsitz in Seattle im US-Bundesstaat Washington ist ein global agierender Online-Versandhändler mit einer breit gefächerten Produktpalette. 1997 für den Buchversand gegründet, ist Amazon inzwischen weltweit Marktführer des Handels im Internet. An der Börse hat das Unternehmen einen Wert von 1,24 Billionen US$.
Wie fast alle Tech-Titel leidet auch Amazon unter den schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, insbesondere unter der hohen Inflation, welche die Konsumfreude der Verbraucher trübt und ihre Kaufkraft schmälert. Seit Jahresbeginn hat die Aktie rund -28% an Wert verloren.
Unsere These: Analystenprognose wird verfehlt
Am kommenden Donnerstag, dem 27. Oktober, wird Amazon nachbörslich die Ergebnisse des dritten Quartals veröffentlichen – und unserer Meinung nach wird der E-Commerce-Riese dabei sehr wahrscheinlich enttäuschen.
Nach Marketscreener-Daten erwartet der Analystenkonsens derzeit ein Umsatzwachstum von +15,4% im Jahresvergleich und +5% gegenüber dem Vorquartal. Das halten wir für schwer realisierbar. In Anbetracht der drastischen Verschlechterung des makroökonomischen Umfelds und verschiedener Ankündigungen des E-Commerce-Riesen gehen wir eher davon aus, dass das Umsatzwachstum im Quartalsvergleich nicht einmal positiv sein wird.
Sollte unsere These zutreffen und Amazon tatsächlich enttäuschen, dann könnte es bei der Aktie zu einem starken Ausverkauf kommen – denn viele Analysten halten immer noch an der Annahme fest, dass Amazons Geschäft einigermaßen rezessionssicher ist.
Das sind die Prognosen
Bis zum 20. Oktober haben laut uns vorliegender Daten 33 Analysten ihre Schätzungen für Amazons Q3-Ergebnisse abgegeben. Der Gesamtumsatz wird demnach zwischen 124,96 und 130,62 Milliarden US$ geschätzt, wobei die durchschnittliche Schätzung bei 127,85 Milliarden US$ liegt. Das passt mehr oder weniger perfekt mit der eigenen Prognosespanne des E-Commerce-Riesen überein (125 bis 130 Milliarden US$).
Wie bereits erwähnt würde der Konsens-Durchschnitt für den Q3-Umsatz einem Plus von 15% gegenüber dem Vorjahreszeitraum entsprechen und einem Plus von 5 % im Vergleich zum zweiten Quartal 2022.
Die Schätzungen für den Gewinn je Aktie liegen zwischen -0,05 und 0,39 US$, der Durchschnitt liegt bei 0,2 US$.
Obwohl die Umsatzschätzungen der Analysten im Vergleich zu den gleichen Schätzungen von vor einem Jahr deutlich abgeflacht sind, halten wir den Konsens für übermäßig optimistisch, wie wir im Folgenden erklären.
Zusätzlicher Prime Day ist ein Warnsignal
Um die Dinge in die richtige Perspektive zu rücken, möchte ich darauf hinweisen, dass Amazons E-Commerce-Umsätze, die mehr als 50% der Konzerneinnahmen ausmachen, in den letzten beiden Quartalen schleichend zurückgegangen sind. Zwischen April und Juni sanken die E-Commerce-Verkäufe im Jahresvergleich um -4,3%.
Meiner Meinung nach ist es sehr wahrscheinlich, dass Amazon nun ein drittes Quartal in Folge mit sinkenden Umsätzen hinzufügt – einfach deshalb, weil sich das makroökonomische Umfeld stark verschlechtert hat und Konsumentenstimmung sich verschlechtert hat.
Diese These wird sicherlich durch Amazons unerwartete Ankündigung unterstützt, einen beispiellosen zweiten Prime-Shopping-Day ins Schlussquartal zu verschieben. Wie für jedes Unternehmen – einschließlich Amazon – ist eine Verkaufs-Förderungsaktion höchstwahrscheinlich ein Warnsignal, dass man dagegen ankämpft, die Umsatzerwartungen von Analysten und Investoren zu enttäuschen.
Aber die zusätzliche Prime-Day-Aktion, die etwa 4 Milliarden US$ an zusätzlichen Einnahmen bringen sollte, wird sich erst in den Q4-Ergebnissen niederschlagen, nicht im Q3.
Der Kostendruck ist real
Während Amazons Umsatz wahrscheinlich durch eine wirtschaftliche Verlangsamung gebremst wird, hat der Kostendruck des Unternehmens zugenommen. Im 2. Quartal stiegen die Betriebskosten von Amazon im Jahresvergleich bereits um +11,9% auf 117,9 Milliarden US$ – und der inflationäre Trend hat sich höchstwahrscheinlich im 3. Quartal fortgesetzt.
Amazons kürzlich angekündigter Einstellungsstopp könnte darauf hinweisen, dass die Tage des rasanten Wachstums vorbei sein könnten. Zugegeben, viele Unternehmen – auch die US-Tech-Riesen – haben Einstellungsstopps, Entlassungen und mehr Personaldisziplin angekündigt. Aber Amazons 1,5 Millionen Mitarbeiter starkes Geschäftsmodell sticht als besonders personalintensiv hervor.
Jede geringere Lohninflation wird sich in einem erheblichen Margendruck niederschlagen. Darüber hinaus trägt ein kapitalintensives Logistiknetzwerk sicherlich nicht dazu bei, den inflationären Kostendruck abzumildern. Laut dem Analysten Marc Wulfraat etwa hat Amazon bereits den Betrieb bzw. die Expansion von 66 US-Logistikeinrichtungen zurückgefahren.
Die Schlüsselfrage für das dritte Quartal lautet: Was hat sich schneller materialisiert? Amazons Inflationsdruck oder die Umstrukturierungsbemühungen des Unternehmens? Wir würden sagen, dass Ersteres überwiegt, da Letzteres Amazons Antwort auf Ersteres mit ungewissen Erfolgsaussichten ist.
Bewertung immer noch überzogen
Die Konsensschätzungen der Analysten sind also optimistisch, während verschiedene Daten auf das Gegenteil hindeuten. Dies macht Enttäuschung bei der Zahlenvorlage am Donnerstag sehr wahrscheinlich. Die nächste Frage ist nun: Ist die Amazon-Aktie anfällig für eine Enttäuschung? Unserer Meinung nach: ja.
Anleger sollten bedenken, dass die Amazon-Aktie trotz des knapp 30%igen Ausverkaufs im Jahresverlauf immer noch mit einem Einjahres-EV/EBIT von 83 und einem EV/Umsatz von 2,4 bewertet wird. Das ist immer noch sehr sportlich im Vergleich zu Konkurrenz Walmart, der mit einem EV/EBIT von 17,7 und einem EV/Umsatz von 0,7 bewertet ist.
Fazit: Vor den Zahlen in Deckung gehen
Die Vergangenheit hat gezeigt: Gegen Amazon zu wetten ist selten ein kluger Schachzug. Trotz des kurzfristigen Gegenwinds bleibt Amazon eines der am besten geführten Unternehmen der Welt, und die langfristigen Aussichten für den E-Commerce-Giganten sind nach wie vor gut.
Hinsichtlich Amazons Q3-Zahlen sind wird dennoch besorgt und glauben, dass der E-Commerce-Riese mit unangemessen hohen Erwartungen konfrontiert ist. Dementsprechend ist eine Enttäuschung in unseren Augen wahrscheinlich – in Form eines verfehlten Umsatz- oder Gewinnziels für Q3 und/oder in Form eines enttäuschenden Ausblicks für das Gesamtjahr.
Angesichts der weiterhin ziemlich hohen Bewertung von Amazon glauben wir, dass eine Enttäuschung in puncto Gewinn von den Anlegern nicht „freundlich“ aufgenommen werden wird. Daher empfehlen wir, das Engagement in Amazon-Aktien vor den Q3-Ergebnissen zu reduzieren.
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