ASML-Aktie: Ist es wirklich so schlimm?

Noch vor gut zwei Monaten kletterte die ASML-Aktie (WKN: A1J4U4) zum ersten Mal in ihrer Börsengeschichte über die magische Marke von 1.000 €. Davon ist wenig übriggeblieben. Inzwischen notiert das Papier des Herstellers von Lithografiemaschinen für die Chipindustrie unter 740 €. Was steckt hinter dem Kurssturz der letzten Wochen und sollten Anleger jetzt zuschlagen?

Der Grund für den Kurssturz

Als Zulieferer der Chipindustrie konnte sich auch die ASML-Aktie dem gestrigen Blutbad der Tech-Werten nicht entziehen. Doch nachdem es bereits gestern um über -6% bergab ging, kann sich die Aktie auch heute nicht stabilisieren und verzeichnet abermals einen Kursrückgang von mehr als -4%.

Für die Kurssturz der ASML-Aktie gibt es einen wesentlichen Grund, und zwar die Unsicherheit in Bezug auf die weitere Wachstumsgeschwindigkeit der Chipindustrie. Auslöser der Bedenken war der Chipgigant Nvidia, der letzte Woche zwar über den Erwartungen liegende Quartalszahlen ablieferte, aber keine konkreten Aussagen über den Umsatzbeitrag seiner neuen Chipgeneration Blackwell machte.

Anleger reagierten äußerst irritiert auf die fehlende Blackwell-Guidance und schickten die Nvidia-Aktie in den Keller. Die Abverkaufswelle schwappte auch auf andere Chipentwickler und -hersteller über.

Ebenfalls für Beunruhigung in der Branche sorgen derzeit die massiven Probleme bei Intel. Der einstige Dominator der Halbleiterindustrie hat den Anschluss an den Wettbewerb verloren und muss nun mit einem gewaltigen Sparprogramm gegensteuern. Wie sich Intel in Zukunft aufstellen will, ist völlig unklar.

Erste Analysten reagieren

Diese Unsicherheiten bei zwei der wichtigsten Player der Halbleiterbranche lösen auch bei ASML, dem wichtigsten Maschinenbauer der Branche, große Nervosität aus. Die Schweizer Großbank UBS hat als erste Bank auf die neuen Entwicklungen reagiert und ihre Kaufempfehlung für die ASML-Aktie kassiert.

Sie rät nur noch dazu, die Aktie zu halten. Das Kursziel senkten die Analysten von 1.050 auf 900 €. Gegenüber dem aktuellen Kursniveau sieht die UBS damit allerdings immer noch ein Upside von über +20%.

Grund für den Pessimismus der Bank ist die Einschätzung, dass sich das Gewinnwachstum des niederländischen Konzerns in den kommenden Jahren deutlich verlangsamen wird. Während ASML im Zeitraum von 2018 bis 2025 ein voraussichtliches Gewinnwachstum von 24% aufwies, dürfte es in den Jahren danach laut Einschätzung der UBS nur noch bei 13% liegen.

Ein dramatisch verschlechtertes Chartbild

Die Chartsituation der ASML-Aktie hat sich mit dem heutigen Tage dramatisch verschlechtert. Das 6-Monatstief bei 742 € wurde nach unten durchbrochen, weshalb nun die Gefahr droht, dass der Halbleitertitel nun sogar bis 685 € weitergereicht wird.

Kein Grund zur Sorge

In den letzten zwei Jahren schwamm fast die gesamte Chipindustrie auf der Erfolgswelle künstlicher Intelligenz. Angeführt vom sensationellen Wachstum von Nvidia profitierte auch ASML als Ausstatter der Chipfabriken.

Inzwischen setzen Analysten und Anleger deutlich mehr Fragezeichen hinter die zukünftige Entwicklung der Chipbranche. Ich gehöre nicht zu ihnen und empfehle die ASML-Aktie nach wie vor uneingeschränkt zum Kauf.

Der niederländische Konzern hat eine Marktposition, von der andere Technologieunternehmen nur träumen können. ASML ist der bei weitem größte Hersteller von Chipproduktionsanlagen. Die modernsten Anlagen der Welt, die für die Herstellung KI-geeigneter Chips Voraussetzung sind, können überhaupt nur von diesem Unternehmen produziert werden. Im Klartext: ASML ist ein Monopolist und wird das aufgrund der immensen technischen Komplexität dieser Anlagen auf Jahre hinaus bleiben.

ASML hat in den letzten drei Jahren seinen Umsatz verdoppelt und seinen Gewinn überproportional gesteigert. Mag sein, dass die Wachstumsraten in den kommenden Jahren nicht mehr in dieser Höhe realisierbar sein werden.

Trotzdem ist das für mich kein Grund für einen Kursrückgang von über -25% innerhalb von nur zwei Monaten. So schnell ändert sich die Dynamik der Chipindustrie nicht. Anleger tun in meinen Augen gut daran, beim aktuellen Kursniveau in die ASML-Aktie einzusteigen.

Interessenkonflikt: Der Autor hält Aktien des besprochenen Unternehmens ASML. Somit besteht konkret und eindeutig ein Interessenkonflikt. Der Autor beabsichtigt, die Aktien – je nach Marktsituation auch kurzfristig – zu kaufen oder zu veräußern und könnte dabei von erhöhter Handelsliquidität profitieren.