Bayer-Aktie: Das ist noch nicht der große Wurf
Der schwer gebeutelte Bayer-Konzern will unter dem neuen Chef Bill Anderson bis 2026 seine Performance steigern, indem er unter anderem in der Division Crop Science durch „bahnbrechende Innovationen“ in 10 Jahren 10 Blockbuster auf den Markt bringt. Investoren rätseln noch, was sie davon halten sollen, am frühen Dienstagmorgen reagiert die Bayer-Aktie (WKN: BAY001) jedenfalls kaum.
ℹ️ Bayer vorgestellt
- Die Bayer AG ist einer der weltgrößten Chemie- und Pharmakonzerne.
- Der Konzern ist in drei Geschäftsbereiche untergliedert: Pharmaceuticals (rezeptpflichtige Arzneimittel), Consumer Health (rezeptfreie Medikamente) und Crop Science (Pflanzenschutz und Schädlingsbekämpfung).
- Bayer hat seine Konzernzentrale in Leverkusen und notiert sowohl im deutschen Leitindex DAX als auch im Index der größten europäischen Unternehmen EURO STOXX 50.
- Bayer ist nach einem Kurssturz nur noch 27,1 Milliarden € wert.
Pläne für den Turnaround
Nach all den Hiobsbotschaften der vergangenen Monate sollte das der Befreiungsschlag werden: Der arg zerrupfte Chemie- und Pharmariese Bayer, dessen Aktie binnen eines Jahres rund -51% an Wert verloren hat, präsentiert am Dienstag beim Kapitalmarkt in London seine mit großer Spannung erwarteten Pläne für den Turnaround. Die Schlagzeile lässt aufhorchen: „Bayer will bis 2026 Performance steigern und strategische Flexibilität gewinnen.“
Um es gleich vorweg zu sagen: Meiner Einschätzung nach ist das noch nicht der große Wurf, den CEO Bill Anderson da vorgelegt hat. Vieles bleibt vage, konkrete Details lässt das Strategiepapier weitgehend vermissen. Wobei sich allerdings die Frage stellt, ob es in der Kürze der Zeit überhaupt machbar gewesen wäre, den erforderlichen radikalen Umbau schon in Einzelheiten zu planen.
Die wohl wichtigste Botschaft lautet: Die von vielen Investoren geforderte und erhoffte Aufspaltung des Konzerns wird es nicht geben. Das hatte CEO Anderson allerdings zuvor schon betont. Eine Abspaltung der Consumer-Health-Sparte wird ebenfalls nicht erwogen. Konkret heißt es dazu „nicht jetzt“, womit allerdings nicht „niemals“ gemeint sei. Das Hauptaugenmerk liege erstmal auf der Bewältigung der Herausforderungen.
Vier Problemfelder
Konzernchef Anderson sagte in London laut Mitteilung:
Wir sind ein Life-Science-Unternehmen mit hoher Schlagkraft, das von einer großartigen Mission getragen wird, und wir haben drei starke Divisionen. Aber an vier Stellen gibt es dringenden Handlungsbedarf.
Diese Problemfelder führte er dann auch an und nannte die Patentabläufe sowie die Pipeline der Division Pharmaceuticals, die US-Rechtsstreitigkeiten um Glyphosat/Monsanto, den hohen Schuldenstand sowie die hierarchische Bürokratie, die den Fortschritt blockiere.
In den kommenden 24 bis 36 Monaten werde Bayer alles daransetzen, „eine starke Pharma-Pipeline aufzubauen, die rechtlichen Risiken zu reduzieren, die Verschuldung zu senken und das radikal neue Organisationsmodell Dynamic Shared Ownership (DSO) weiter einzuführen, um die Performance zu steigern“.
Interessant ist die Aussage in Bezug auf die seit Jahren andauernden Rechtsstreitigkeiten und hohen Schadenersatzzahlungen in den USA: Man werde „neue Ansätze inner- und außerhalb der Gerichtssäle verfolgen“. Was das genau heißt, bleibt offen.
Angepasste Prognose erreicht
Laut der ebenfalls vorgelegten Zahlen hat Bayer im Geschäftsjahr 2023 die zuvor nach unten angepasste Prognose erreicht bzw. die Schätzungen der Analysten leicht übertroffen. Der Konzernumsatz lag währungs- und portfoliobereinigt bei 47,637 Milliarden €, 1,2% niedriger als im Jahr zuvor. Allein die Währungsschwankungen belasteten mit 2 Milliarden €.
Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen (EBITDA) ist vor Sondereinflüssen um 13,4% auf 11,7 Milliarden € gesunken. Das bereinigte Ergebnis je Aktie lag bei 6,39 € (-19,5%). Den Free Cashflow gibt Bayer drastisch gesunken um 57,9% mit 1,311 Milliarden € an. Die Nettofinanzverschuldung sei 2023 um 8,5% auf 34,498 Milliarden € gestiegen.
Eben aufgrund dieser hohen Verschuldung hatte sich Bayer zuletzt gezwungen gesehen, die Dividende für die kommenden drei Jahre auf das gesetzliche Minimum zu beschränken.
Bescheidener Ausblick
Im laufenden Geschäftsjahr will der Pharma- und Chemie-Riese einen Umsatz auf Vorjahresniveau erreichen und erwartet für 2024 rund 47 bis 49 Milliarden €. Beim EBITDA vor Sondereinflüssen kalkuliert Bayer währungsbereinigt mit 10,7 bis 11,3 Milliarden €. Das bereinigte Ergebnis je Aktie soll bei 5,10 bis 5,50 € liegen.
Beim Free Cashflow rechnen die Leverkusener mit 2 bis 3 Milliarden € und zum Jahresende 2024 mit einer Nettofinanzverschuldung von 32,5 bis 33,5 Milliarden €.
Im Abwärtstrend gefangen
Charttechnisch bleibt die Aktie vorerst im Abwärtstrend gefangen. Sie notiert in gefährlicher Schlagdistanz zum 52-Wochen-Tief bei 27,40 €. Erst wenn es über die 50-Tage-Linie bei etwa 31,21 € ginge, wäre das ein erstes zartes Signal für möglicherweise bessere Zeiten.
Jede Menge Geduld nötig
Die schlechte Nachricht für Bayer-Aktionäre und solche, die es werden wollen, lautet: Wer hier an Bord ist oder einsteigen will, muss jede Menge Geduld mitbringen. Um den Konzern wieder in die Spur zu bringen, hat sich CEO Anderson selbst zwei bis drei Jahre als Zeitrahmen gesetzt.
Die gute Nachricht lautet: Vorerst dürfte auf diesem Kursniveau alles Negative eingepreist sein. Sofern also nicht weitere Hiobsbotschaften in Form von (hohen) weiteren Schadenersatzzahlungen infolge von Glyphosat-Prozessen kommen, dürfte es mit der Aktie nicht weiter bergab gehen. Leider muss man damit jedoch ständig rechnen.
Für mich ist das unterm Strich keine Grundlage, um aktuell in die Aktie zu investieren.
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