Bayer und Glyphosat: Jetzt doch ein Ende mit Schrecken?!

Marc Rendenbach
09.08.19

Heute früh, gegen 10:00 Uhr, macht der DAX plötzlich einen Satz nach oben. Hatte er zuvor noch deutlich im Minus gelegen, waren die Kursverluste innerhalb weniger Minuten fast komplett aufgeholt. Grund hierfür waren Gerüchte um Bayer (WKN: BAY001) und die unendlich erscheinende Geschichte um das Unkrautvernichtungsmittel "Roundup" (mit dem Wirkstoff Glyphosat). Denn gemäß gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen möchte Bayer die fast 20.000 Klagen in den USA jetzt per Vergleich beenden.

Im Gegenzug für die Beendigung der Gerichtsverfahren sei der Leverkusener Konzern dazu bereit acht Milliarden US-Dollar (ca. 7,15 Mrd. Euro) an die Kläger zu zahlen. Bereits vor einigen Wochen war bekannt geworden, dass Bayer eine Änderung seiner Strategie in den Gerichtsverfahren beschlossen habe und grundsätzlich einen Vergleich anstreben möchte. Dies gefiel dem US-Hedgefonds Elliott Management von Paul E. Singer so gut, dass er sich bei Bayer eingekauft hat (wir berichteten).

Wie aber ist das Vergleichsangebot zu bewerten? Nun, zunächst einmal ist festzustellen, dass sich Bayer selbst dazu gar nicht äußern möchte. Es ist also noch gar nicht offiziell. Demnach könnte die Lancierung heute ein Testballon sein, ob sich die Gegenseite überhaupt auf so einen Deal einlassen würde. Grundsätzlich glaube ich das schon. Andererseits denke ich nicht, dass man gleich das erste Angebot annehmen und die in den Raum gestellten acht Milliarden US-Dollar akzeptieren wird. Doch zu welchen Konditionen könnte ein solcher Deal gelingen?

Wie US-Gerichte in der Vergangenheit geurteilt haben...

Um dies zu eruieren, habe ich mir angeschaut wie US-Gerichte in der Vergangenheit bei solchen "Skandalen" geurteilt haben. Auf dieser Basis hatte ich bei seinerzeit 13.000 anhängigen Klagen eine Schadenssumme von rund 10 Mrd. US-Dollar inkl. Anwalts- und Gerichtskosten vermutet. Nun sind inzwischen aber schon 18.400 Klagen in den USA eingereicht worden. Dementsprechend müsste sich die Summe eigentlich auch 14-15 Mrd. US-Dollar erhöhen.

Da jedoch in meiner Prognose schon die Anwalts- und Gerichtskosten enthalten waren, die insbesondere bei einem Vergleich nicht im gleichen Maß steigen wie die eigentliche Schadenssumme, würde ich ein wenig tiefer stapeln. So könnte ich mir vorstellen, dass sich die Gegenseite bei einem Vergleichsangebot von über 10 Mrd. US-Dollar auf einen Deal einlassen könnte. Damit dürften die Kosten am Ende zwischen 12-12,5 Mrd. US-Dollar betragen.

18.400 Klagen in den USA - wegen dieses Unkrautvernichtungsmittels steht Bayer vor Gericht!

Das ist natürlich immer noch ein Batzen Geld. Allerdings dürfte die Gesamtsumme über mehrere Jahre gestreckt ausgezahlt werden. Aber selbst wenn eine Einmalzahlung fällig würde, würde das den Konzern nicht umbringen. Insofern erscheinen mir die Kursverluste der letzten Wochen und Monate weiterhin völlig übertrieben gewesen zu sein, so wie einst schon beim Lipobay-Skandal um die Jahrtausendwende.

Bei der Bayer Aktie können Anleger Elliott Management folgen!

Denn lässt man mal den Glyphosat-Skandal außer Acht, erscheint die Aktie fundamental günstig. So dürfte Bayer seinen Jahresumsatz, auch dank der unglücklichen Monsanto-Übernahme, in den kommenden drei bis vier Jahren auf bis zu 50 Mrd. Euro steigern. Zugleich dürfte sich der Gewinn im gleichen Zeitraum auf mindestens 5,0 Mrd. Euro verbessern. Demnach würde die Aktie nur noch mit einem KUV von ca. 1,25 sowie einem KGV von ca. 12 bewertet.

Üblich sind in der Branche dagegen durchaus KUVs von über 1,5 sowie KGVs von mindestens 18. Demnach hätte die Aktie auf längere Sicht ein Aufwärtspotenzial zwischen +20% und knapp +50%. Wobei diese Kursziele auf Sicht von zwei bis drei Jahren erreichbar erscheinen, da die Anleger an der Börse üblicherweise bis zu einem Jahr in die Zukunft schauen. Im arithmetischen Mittel liegt das Kursziel also bei ca. 90,00 Euro auf Sicht von zwei bis drei Jahren.

Bei Bayer in Leverkusen hofft man aber nun auf ein Ende mit Schrecken - mit Hilfe eines Vergleichs...

Hinzu kommt dann noch, eine meines Erachtens relativ sichere Dividende von zuletzt 2,80 Euro je Aktie, die einer aktuellen Dividendenrendite von immerhin ca. 4,2% entspricht. Bei einer anzunehmenden jährlichen Kurssteigerung von ca. +10,6% ergibt sich bei Bayer somit auf Sicht von drei Jahren die Chance auf eine jährliche Rendite von knapp +15% (vor Steuern). Dies halte ich in einem Nullzins- bzw. Negativzinsumfeld für so gut, dass die Aktie für mich ein Kaufkandidat ist.

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