Berliner Synchron: «Wir werden begeistern»

Marc Rendenbach
21.10.13

berliner_synchron_exklusivDie Berliner Synchron AG (WKN: A1YDEE4) steht vor der Neubewertung: Nach schweren Jahren macht sich bei Deutschlands größtem Synchronunternehmen wieder Aufbruchstimmung breit. Die operative Lage ist so gut wie lange nicht mehr (wir berichteten), die Perspektive stimmt. Bei einer Marktkapitalisierung von derzeit noch rund 2,5 Millionen Euro steht die Aktie aus unserer Sicht vor einer massiven Aufwärtsbewegung. Wir sprachen anlässlich der spannenden Turnaround-Situation mit Vorstand Marcus Dröscher und entlocktem ihm eine Reihe guter Gründe, den vernachlässigten Entry-Standard-Wert zumindest auf die Watchlist zu nehmen. Sogar das Wort Dividende ist bei der Berliner Synchron nicht mehr tabu...

Herr Dröscher, mit Jahrgang 1980 sind Sie seit dem Frühjahr einer der jüngsten Vorstände deutscher Börsen-AGs – und gleich mit einer besonderen Aufgabe betraut: dem Turnaround der Berliner Synchron. Nach jahrelangen Verlusten haben Sie jüngst fünf positive Monatsergebnisse in Folge vermeldet – wie ist denn im Moment die Auftragslage und was rechnen Sie sich für das Gesamtjahr aus?

Marcus Dröscher: Die Sanierung der Berliner Synchron AG ist in der Tat eine herausfordernde und zugleich spannende Aufgabe. Dank der großartigen Teamleistung unserer Mitarbeiter und Kreativen konnten wir Aufgaben und Prozessveränderungen schneller erfolgreich umsetzen und damit die Ergebnisentwicklung positiv gestalten. Aufgrund der guten Auftragslage sind wir auch für das 4. Quartal positiv gestimmt. Ich denke, am Ende des Jahres werden wir mehr erreicht haben, als uns viele zu Beginn zugetraut haben.

Als das größte und eines der ältesten deutschen Unternehmen der Branche verfügt die Berliner Synchron über eine sehr starke Marktposition und gute Beziehungen zu Kunden bis nach Hollywood. Die Referenzliste ist zweifellos eindrucksvoll. Warum tat sich die Gesellschaft nach ihrem Börsendebüt 2006 dennoch lange Zeit so schwer?

Marcus Dröscher: Die Berliner Synchron hat in der Vergangenheit die Filmgeschichte in Deutschland quasi mitgeschrieben. Klassiker wie „Der Pate“, „Star Wars“ oder „Die unendliche Geschichte“ haben in unseren Ateliers die deutsche Sprachfassung erhalten. Aber auch in jüngster Vergangenheit wurden großartige Filme und Serien wie „Breaking Bad“ und „Borgia“ sowie „Captain Phillips“, der im November in die deutschen Kinos kommt, von der Berliner Synchron AG synchronisiert. Leider hat es das Unternehmen in den letzten Jahren nicht geschafft, seinen Innovationsgeist zu behalten. So sind viele Entwicklungen an uns vorbei gegangen. Das hat sich natürlich auch in Kosten und Ergebnis niedergeschlagen.

Zuletzt wurde bereits ordentlich auf die Kostenbremse getreten und das Betriebsgrundstück erfolgreich veräußert. Die Berliner Synchron ist nun weitesgehend schuldenfrei. Was sind die nächsten Schritte, um das Unternehmen wieder in die nachhaltige Profitabilität zu führen?

Marcus Dröscher: Die Berliner Synchron ist schuldenfrei, was lang- und mittelfristige Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten angeht. Das war ein hartes Stück Arbeit. Unsere ganze Anstrengung widmen wir nun der schnellen Bezahlung unserer Kreativen. Diese leisten eine hervorragende Arbeit in den Ateliers der Berliner Synchron AG. Das muss auch entsprechend schnell entlohnt werden. Um die Profitabilität kontinuierlich zu erhöhen, versuchen wir weiterhin Kosten, die nicht notwendig sind, zu senken. Ebenso schauen wir auch, wie wir Prozesse so straffen können, dass wir effizienter werden, ohne die Qualität zu vernachlässigen.

Stichwort Software: Die kürzlich eingeführte Projektmanagementsoftware sowie der geplante Einsatz einer neuen Produktionssoftware sollen den Betrieb rentabler machen. Können Sie die Vorteile kurz näher erläutern und einen Anhaltspunkt hinsichtlich der möglichen Einsparungen geben?

Marcus Dröscher: Gerne! Die Projektmanagementsoftware hilft uns, die Projekte besser zu strukturieren und auch zu steuern. Jeder kann sofort den Projektfortschritt sehen. Somit können sich alle auf ihre wesentlichen Aufgaben konzentrieren. Die Entwicklungen bei der Produktionssteuerungssoftware knüpfen an den allgemeinen Trend der Digitalisierung an. Bei Office-Strukturen ist es selbstverständlich, dass Dateien in zentralen Serverstrukturen abgelegt werden.

In 2014 sollen nicht nur Gewinne geschrieben werden; Sie möchten auch wieder beim Umsatz deutlich zulegen. Wie und wo möchten Sie wachsen?

Marcus Dröscher: Nachdem wir uns im Jahr 2013 konsolidiert haben, steht für 2014 wieder das Wachstum im Vordergrund, besonders im Kino-Segment. Dafür haben wir in diesem Jahr Vorbereitungen getroffen und werden 2014 mit einem hervorragenden Team begeistern. Zudem liegt unser Fokus auf dem Dialog mit unseren Kunden, der wieder viel enger werden muss. Unser Ziel ist es, die Berliner Synchron AG wieder zum ersten Ansprechpartner in unserer Branche zu machen. Ein offener Dialog, hohe Qualität und begeisternde Projektteams werden dafür den Grundstein legen. Darüber hinaus werden wir natürlich auch die Entwicklung von Geschäftsfeldern wie Corporate Media weiter vorantreiben. Wir haben uns im Unternehmen so aufgestellt, dass sich alle Bereiche nicht behindern, sondern voneinander profitieren. Die Basis für ein gesundes Wachstum ist, die Kunden zu begeistern. Und das werden wir tun.

Welche Gewinnmargen sind zukünftig realistisch?

Marcus Dröscher: Eine gute Frage. Die gesamte Medienindustrie befindet sich derzeit im Umbruch und durchlebt Veränderungen. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Kundenbudgets. Wir sind dabei, uns so aufzustellen, dass der auf dem Synchronmarkt herrschende Preisdruck für uns weniger ein Nachteil ist, sondern möchten daraus eher einen Vorteil generieren.

Auf der letzten Hauptversammlung wurde ein Kapitalschnitt im Verhältnis 2:1 beschlossen. Empfinden Sie diesen als nötig?

Marcus Dröscher: Ja. Damit bereinigen wir einerseits unser Bilanzbild sowie das Eigenkapital, und andererseits sind wir dadurch wieder in der Lage, Kapital über Kapitalerhöhungen einzuwerben. Diese werden für Investitionen in die Zukunft auch notwendig sein, um das Unternehmen weiter nach vorne zu bringen.

Wie wahrscheinlich ist denn demnächst eine Kapitalerhöhung und was würden Sie mit dem Geld tun?

Marcus Dröscher: Im Geschäftsjahr 2013 prüfen wir die Umsetzung einer kleinen Kapitalerhöhung. Das Geld möchten wir zum Großteil in die Reduzierung der Zahlungsziele für Kreative sowie in das eine oder andere kleine Entwicklungsprojekt stecken. Im kommenden Jahr besteht auch durchaus die Möglichkeit, dass wir eine große Kapitalerhöhung anstreben. Es existieren jedoch noch keine konkreten Pläne.

Mit Christoph Gerlinger haben Sie einen vor allem in der Venture-Capital-Szene sehr bekannten Vorstandskollegen in Teilzeit an Ihrer Seite. Nach dessen Amtsantritt Anfang des Jahres schoss der Aktienkurs der Berliner Synchron bis auf über 1,20 Euro in die Höhe. Von diesem Wert hat die Aktie zwischenzeitlich wieder bis zu 50% eingebüßt. Kam die anfängliche Euphorie zu früh?

Marcus Dröscher: Dass Christoph der Berliner Synchron AG und mir zur Seite steht, ist ein Glücksfall. Wir profitieren von seinem Know-how und Erfahrungsschatz, auch was Change-Prozesse in Unternehmen angeht. Ich denke nicht, dass die Euphorie zu früh kam. Die Berliner Synchron AG ist meiner Ansicht nach derzeit noch unterbewertet. Der Kursrückgang resultierte leider noch aus den turbulenten Zeiten des Jahresanfangs, in denen wir die Befürchtung hatten, dass der Verkauf (des Betriebsgrundstücks, Anm. d. Redaktion) zu relativ hohen Abschreibungen führen könnte. Das hat sich glücklicherweise nicht bestätigt. Die Berliner Synchron AG steht nun sogar solider da, als es in den vergangenen Jahren der Fall war. Das wird sich auch noch in dem Aktienkurs widerspiegeln.

Das Thema Synchronisation erscheint für Investoren zunächst mal nicht übermäßig sexy. Die Tatsache, dass Herr Gerlinger aber bereits im vergangenen Jahr ein größeres Aktienpaket erworben hat, lässt aufhorchen. Welche Visionen hat das Management?

Marcus Dröscher: Wir freuen uns, dass wir Christoph Gerlinger und einige andere Investoren überzeugen konnten, in die Berliner Synchron AG und somit auch in unsere Branche zu investieren. Grundsätzlich bietet die Synchronisation sicher nicht die attraktiven Möglichkeiten einer Softwareindustrie oder Medizintechnik-Branche. Noch nicht. Ich denke, dass sich in den kommenden Jahren im Medienbereich einiges tun wird und damit die Chancen, auch für die Berliner Synchron AG, deutlich zunehmen werden. Ein Schlagwort ist hier das Thema Digitalisierung.

Können Sie uns drei Gründe nennen, weshalb eine Investition in die Berliner Synchron aus Ihrer Sicht jetzt interessant ist?

Marcus Dröscher: Derzeit bietet der Kurs noch eine günstige Einstiegsmöglichkeit. Damit haben Investoren natürlich die Chance, von deutlichen Kurssteigerungen zu profitieren. Darüber hinaus möchten wir zukünftig auch das Wort Dividende wieder einmal in den Mund nehmen und Aktionäre am Unternehmenserfolg über die Kurssteigerungen hinaus beteiligen. Und natürlich bietet der Kauf der Aktie der Berliner Synchron AG die Möglichkeit, sich an einem Traditionsunternehmen mit Innovationscharakter zu beteiligen und Teil einer interessanten Geschichte zu werden. Ich denke, solch eine Gelegenheit bietet sich nicht allzu oft.

Herr Dröscher, besten Dank für das Gespräch!

Erklärung nach § 34b Abs. 1 des Wertpapierhandelsgesetzes
Der Autor erklärt, selbst im Besitz des hier besprochenen Finanzinstruments zu sein und dieses jederzeit veräußern zu können. Hierdurch besteht die Möglichkeit eines Interessenkonflikts.

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