Boeing-Aktie: Kein Silberstreif am Horizont?

Arbeitskampf belastet
Gestern, 11:11 Uhr

Als hätte das Unternehmen nicht schon genug Probleme, belasten nun auch noch streikende Arbeiter die Boeing-Aktie (WKN: 850471), die am Donnerstag vorbörslich weitere -2,8% einbüßt und nur noch bei 152,62 US$ notiert, immer stärker. Gibt es denn gar keine positiven Nachrichten mehr für den torkelnden US-Luft- und Raumfahrtkonzern?

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Streikende lehnen Angebot ab

Selbst ein verbessertes Angebot des Flugzeugbauers an die streikenden Fabrik-Arbeiter konnte diese nicht zum Einlenken bewegen. Boeing hatte 35% mehr Einkommen binnen vier Jahren vorgeschlagen, doch das Angebot wurde mit einer Mehrheit von 64% abgelehnt. Aufgrund mehrerer Nullrunden in der Vergangenheit lassen sich die Streikenden nicht erweichen, sondern beharren bislang auf ihrer Forderung nach einer Einkommenserhöhung um 40%.

Der bereits seit Mitte September laufende Streik, der die Produktion des Bestseller-Modells 737 und des Langstreckenjets 777 lahmlegt, geht somit weiter. Und der finanzielle Druck auf den kriselnden US-Traditionskonzern steigt und steigt.

Schwache Zahlen

Dass die Geschäftsentwicklung enttäuschend verläuft, wissen Anleger nicht erst seit gestern. Nach der Vorlage erneut schwacher Zahlen zum dritten Quartal am Mittwoch haben sie es aber erneut schwarz auf weiß bekommen.

Boeing hat einen bereinigten Verlust von 10,44 US$ je verwässerter Aktie ausgewiesen, deutlich mehr also als die 3,26 US$ im Vorjahr. Und das lag auch noch klar unter der Konsensschätzung der Analysten, die einen Verlust von 8,82 US$ erwartet hatten.

Beim Umsatz sieht es auch nicht besser aus. Hier meldete der Flugzeugbauer 17,84 Milliarden US$, also weniger als die 18,10 Milliarden US im Vorjahreszeitraum. Auch hier wurden die Erwartungen der Analysten verfehlt, sie hatten im Schnitt 17,94 Milliarden US$ auf dem Zettel.

CEO sieht „große Felsen“

Nach Aussagen des neuen CEO Robert Ortberg überprüft das Unternehmen nun seine Finanzprognosen und langfristigen Aussichten. Das deutet nicht darauf hin, dass sich die miserable wirtschaftliche Lage des Konzerns – insbesondere angesichts des fortdauernden Streiks –rasch verbessern könnte.

Wörtlich sagte Robert Ortberg:

Wir haben einige wirklich große Felsen, die wir hinter uns bringen müssen, um das Unternehmen voranzubringen.

Zunächst müsse man eine gewisse Stabilität im Geschäft sehen, um eine Zielvorgabe machen zu können. Von großer Bedeutung sei in diesem Zusammenhang die Umsetzung des Sicherheits- und Qualitätsplans.

Analysten reagieren unterschiedlich

Die Analysten reagieren auf die neuen Zahlen und die jüngste Streik-Entwicklung unterschiedlich. Die kanadische Bank RBC belässt die Boeing-Aktie auf „Outperform“ mit 200 US$. Auch die Schweizer Großbank UBS bleibt bei ihrem Kaufvotum, hier mit Kursziel 215 US$. JP Morgan stuft auf „Overweight“, Kursziel 195 US$.

Morgan Stanley wechselt dagegen ins Lager der Bären und stuft die Boeing-Aktie gleich von „Kaufen“ auf „Verkaufen“ herab. Zudem senken die Analysten das Kursziel von 195 drastisch auf 170 US$.

Vor allem die Sparte Verkehrsflugzeuge bereitet Boeing seit vielen Monaten üble Kopfschmerzen. Das so beliebte Modell 737 MAX darf aufgrund der zahlreichen Qualitätsmängel nur noch in geringen Stückzahlen gebaut werden. Und die Markteinführung des Langstreckenjets 777X verzögert sich auf 2026.

Fluglinien wie die Lufthansa warten seit Jahren auf die neue Maschine. Sie hätte bereits 2021 auf den Markt kommen sollen.

Es geht wieder abwärts

Charttechnisch ist die Boeing-Aktie ein Trauerspiel. Sie befindet sich nach einer kurzen Gegenbewegung wieder in ihrem seit Jahresbeginn anhaltenden (massiven) Abwärtstrend, kämpft derzeit an der 50-Tage-Linie bei 160 US$ – und droht diesen Kampf zu verlieren.

Es muss sich nun zeigen, ob in der Zone zwischen 160 und 146,62 US$, wo die nächste Unterstützung wartet, eine neue Bodenbildung gelingt.

Auf keinen Fall jetzt kaufen!

Meine Einschätzung zur Boeing-Aktie lautet: Auf gar keinen Fall jetzt kaufen! Angesichts der düsteren operativen Lage und des stark belastenden Arbeitskampfes ist der Titel fundamental und charttechnisch dermaßen angeschlagen, dass Anleger hier nur verlieren können.

Erst wenn zumindest der Streik beendet ist und die dadurch entstandenen Kosten klar sind und wenn zudem ein relativ verlässlicher Boden gefunden ist, kann man meiner Meinung nach einen Einstieg erwägen.

Ist die Boeing-Aktie langfristig betrachtet ein aussichtsreiches Investment? Angesichts der Tatsache, dass es außer Boeing und Airbus keine Flugzeugbauer dieser Größenordnung gibt und die Nachfrage nach Verkehrsmaschinen hoch bleibt, müsste man diese Frage eigentlich bejahen. Was nutzt diese Nachfrage jedoch, wenn es dem US-Konzern nicht gelingt, wieder erheblich mehr verkehrssichere Flugzeuge zu bauen?

ℹ️ Boeing in Kürze

  • The Boeing Company ist ein US-amerikanischer Luft- und Raumfahrtkonzern.
  • Das Produktspektrum reicht von Flugzeugen und Hubschraubern über Satelliten bis zu Raketen und Raumschiffen.
  • Gemeinsam mit dem europäischen Wettbewerber Airbus bildet der Konzern ein Duopol für Großraumflugzeuge.
  • Das in Arlington im US-Bundesstaat Virginia ansässige Unternehmen notiert im US-Leitindex Dow Jones Industrial und hat einen aktuellen Börsenwert von ca. 97 Milliarden US$.

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