Boeing-Aktie: Schlimmer geht immer

Mit einem Minus von über 1% ist die Boeing-Aktie (WKN: 850471) am Dienstagmorgen das Schlusslicht im US-Leitindex Dow Jones. Die kurzzeitige Erholung von Boeing scheint damit schon wieder zu Ende zu sein. Gibt es erneut Hiobsbotschaften vom US-Flugzeugbauer?

Probleme mit Flugzeugen

Die meisten Anleger haben sich in den letzten Monaten und Jahren an schlechte Nachrichten von Boeing gewöhnt. Doch diese bad news könnten ein weiteres großes Fass für den amerikanischen Flugzeugbauer aufmachen.

Die US-Luftfahrtbehörde FAA ordnete am Montag die Inspektion von Hunderten Maschinen des Typs 787 Dreamliner an. Grund für die Anordnung ist die Sorge, dass eine unbeabsichtigte horizontale Bewegung des Pilotensitzes einen schnellen Sinkflug des Flugzeugs auslösen könnte.

Was äußerst unrealistisch klingt, scheint sich in den letzten Monaten mehrfach auf Flügen der Boeing 787 ereignet zu haben. Laut Angabe der FAA liegen der Behörde fünf Berichte vor, nach denen eine unkontrollierte Bewegung des Kapitänssitzes zu einer Deaktivierung des Autopiloten führte und einen unbeabsichtigten Sinkflug der Maschine auslöste.

Bei einem derartigen Vorfall eines Flugzeugs von Latam Airlines im März wurden mehr als 50 Passagiere verletzt. Boeing ist nun dazu aufgefordert, weltweit 737 Flugzeuge des Typs 787 innerhalb von 30 Tagen zu überprüfen und gegebenenfalls fehlerhafte Bauteile auszutauschen.

Und noch eine schlechte Nachricht: In einer separaten Unternehmensmeldung teilte der US-Flugzeugbauer mit, dass die Testflüge mit der noch nicht zertifizierten Maschine 777-9 vorerst ausgesetzt wurden. Bei einer Wartung wurde ein defektes Bauteil zwischen Triebwerk und Flugzeugstruktur entdeckt. Erst im Juli hatte Boeing nach langer Verzögerung mit den ersten Testflügen des neuen Flugzeugtyps begonnen.

Die Dauerkrise hält an

Derweil setzt sich die Dauerkrise rund um den Flugzeugtyp 737 Max fort. Nach einer Anordnung der FAA darf Boeing bis auf Weiteres nicht mehr als 38 Maschinen dieses Typs pro Monat bauen. Grund dafür sind die zahlreichen Qualitätsprobleme, die in den letzten Jahren zu gravierenden Sicherheitsvorfällen und zwei Abstürzen geführt haben.

Um seine Lieferrückstände abzubauen, muss Boeing eigentlich jeden Monat über 50 Flugzeuge der 737 produzieren. Eine Ausweitung der Produktion ist derzeit jedoch nicht in Sicht.

Die Erholung ist schon wieder vorbei

In den letzten Tagen fand die Boeing-Aktie bei 163 US$ einen Boden. Die daran anschließende leichte Erholung wurde durch die letzten Unternehmensnachrichten wahrscheinlich wieder zunichtegemacht.

Für einen nachhaltigen charttechnischen Aufschwung muss die Boeing-Aktie den Widerstand bei 193 US$ knacken. Die beiden letzten Anläufe scheiterten. Es wird sehr gute Nachrichten brauchen, um das zu ermöglichen.

Ist die Aktie ein Selbstmordkommando?

Die meisten Anleger werden sich wahrscheinlich denken, dass ein Investment in die Boeing-Aktie derzeit das reinste Selbstmordkommando ist. Trotz der zahlreichen Hiobsbotschaften komme ich zu einer anderen Einschätzung.

Ich gebe zu, dass man beim Lesen der Unternehmensmeldungen den Eindruck bekommen mag, dass Boeing in den letzten Jahren verlernt hat, sichere Flugzeuge zu bauen. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass der Flugzeugbauer seine Qualitätsprobleme mittelfristig in den Griff bekommen und mittel- bis langfristig wieder zu seinem Erzrivalen Airbus aufschließen wird.

Diese Einschätzung ist alleine schon aufgrund der Struktur des Flugzeugmarktes logisch. Dabei handelt es sich um ein Duopol. Außer Airbus und Boeing gibt es keinen anderen Hersteller, der in großen Stückzahlen Passagierflugzeuge herstellt.

Nur wenige Fluggesellschaften haben als Kunden Lust darauf, sich langfristig einem einzigen Hersteller auszuliefern. Die meisten großen Airlines bestellen deshalb sowohl Maschinen bei Airbus als auch bei Boeing.

Die derzeit sehr langen Lieferfristen beim europäischen Flugzeugbauer sorgen für Frust bei vielen Fluggesellschaften. Sie sehnen den Tag herbei, an dem Boeing wieder in altbewährter Qualität produziert und liefert. Dieser Tag wird kommen.