Börsen im Crashmodus: Das macht ein Vollprofi jetzt!

Rabenschwarzer Montag

Nach den Abstürzen an den Börsen Ende vergangener Woche sieht es heute nach einem rabenschwarzen Montag aus. Der japanische Nikkei-Index verzeichnet das zweitgrößte Tagesminus seiner Historie, der DAX liegt zur Mittagszeit bei -2,5% an der Marke von 17.200 Punkten. Was macht ein Profi bei solch' einem Verkaufsdruck an den Märkten? Im SD-Interview schätzt Vollprofi Jens Lion die Lage ein und gibt Tipps.

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Alles wird verkauft

An Tagen wie diesen ist guter Rat – im wahrsten Sinne des Worte – teuer. Weltweit verkaufen Anleger panikartig ihre Aktien nach dem Motto „alles muss raus“. Betroffen sind alle Assetklassen. Selbst der Goldpreis fällt, wenngleich sehr moderat, obwohl Gold als sicherer Hafen in unsicheren Zeiten gilt. Der Volatilitätsindex (VIX) springt explosionsartig in die Höhe.

Was macht ein Vollprofi wie Jens Lion in dieser Situation, der sich schon im vergangenen Jahr bei schwierigen Märkten behauptet und eine herausragende Jahresperformance 2023 erzielt hat? SD-Chefredakteur Frank Giarra hat mit dem Chefanalysten des exklusiven No Brainer Club gesprochen, wie er die Lage einschätzt und wie er sich jetzt positioniert.

US-Wirtschaftsdaten entscheidend

Nach schwachen US-Wirtschaftsdaten sind die Märkte Ende vergangener Woche abgestürzt und auch heute sieht es übel aus. Ist das nur ein Sommergewitter oder droht jetzt eine längere Unwetterperiode?

Jens Lion: Der Rückgang derzeit sieht sehr dramatisch aus, aber ich denke, man darf auch nicht vergessen, dass sehr viele Märkte einfach sehr stark gelaufen sind. Mit der Berichtssaison kann man derzeit noch halbwegs zufrieden sein, die Large-Cap-Bewertungen sorgen aber unverändert für hohe Anforderungen und viel Druck auf die Firmen.

Wir sehen heute Morgen nach dem historischen Kurssturz des Nikkei 225 von -12,4% viel Druck, aber für mich bleibt die große Story eher der US-Arbeitsmarkt, der deutliche Schwäche aussendet. Für mich ist es zu früh, voll in den Rezessionsmodus zu schalten.

Dankenswerterweise haben die Notenbanken viel Platz zum Agieren, also selbst im Falle einer Rezession steht für mich viel mehr das Ausmaß im Fokus. Diese Bewegung haben gerade konsumorientierte Aktien schon eingepreist, gerade Tech-Titel aber kaum.

Ich kann mir vorstellen, dass die Unwetterperiode etwas länger hält – aber die US-Märkte werden nun sehr sensibel auf laufende Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsdaten reagieren und wie diese Daten tatsächlich ausfallen, wird der dominante Faktor sein.

Jetzt auf Schnäppchen lauern

Der Volatilitätsindex (VIX) des S&P ist in die Höhe geschnellt. Signalisiert dies, dass Anleger in Panik geraten?

Jens Lion: Ja, definitiv. Mitte Juli war das gerne als Angstbarometer noch komplett auf Sommerbrise gepreist und binnen Tagen sehen wir einen Anstieg auf den höchsten Wert seit Oktober 2020.

Das ist jetzt der Moment, wo jeder Anleger seine Watchlisten aktualisieren muss, für interessante Titel den jüngsten Geschäftsverlauf checken und auf Schnäppchen lauern. Das gilt in meinen Augen umso mehr für ohnehin günstige Aktien mit geringem wirtschaftlichen Exposure.

Auch den Biotech-Sektor erwischt es, obwohl dieser prinzipiell von konjunktureller Schwäche wenig bis gar nicht betroffen wäre. Wie erklären Sie sich das?

Jens Lion: Das ist „normal“. Heutzutage handeln viele Marktteilnehmer nur sogenannte Faktoren, also „Small Cap“ oder „Risikoaktien“. Biotechs sind hier im Spannungsfeld. Pharma- und Gesundheitspapiere laufen in den letzten Tagen vergleichsweise gut und in der Korrektur am Freitag konnten Biotech Small-Cap-Indizes auch outperformen.

Dennoch gelten die Papiere bei vielen Anlegern als Risikopapiere. Das ist letztendlich die Quintessenz des Erfolgs im NBC: Biotech-Aktien sind volatil und das zu 90% aus Gründen, die nichts mit den Fundamentaldaten zu tun haben.

Für mutige Anleger mit einem Fokus auf fundamentale Werte sind Phasen wie jetzt der Grundstein für den Börsenerfolg. Während es mental viel schwieriger ist, Aktien mit wirtschaftlichem Risiko zu kaufen, fällt mir das bei Biotech-Titeln in der Korrektur viel einfacher.

„Ich bin noch zurückhaltend“

Kaufen Sie schon fleißig oder warten Sie lieber noch ab?

Jens Lion: Ich habe am Freitag angefangen, hier und da zu shoppen, bin aber noch zurückhaltend bisher, um ehrlich zu sein. Die Korrektur ist gerade vor allem sehr scharf und schnell. Aber der S&P 500 ist jetzt in der Vorbörse gerade mal auf dem Niveau von Anfang Juni, für Nasdaq 100 Anfang Mai.

Ich tue mich ehrlicherweise schwer, diese Bewegung in der Breite schon als wahnsinnige Kaufgelegenheit zu betrachten, und bin noch sehr, sehr selektiv. Viele Tech-Earnings waren auffällig stark, aber die Bewertungen fordern das auch. Ich werde stark die Augen aufhalten, um in dieser erhöhten Volatilität lukrativ Put-Optionen zu verkaufen.

Welche Sektoren stehen jetzt bei Ihnen besonders im Fokus? Und welche Aktien haben Sie als Erstes auf der Kaufliste?

Jens Lion: Das ist so oder so immer Biotech, da kenne ich mich schlicht am besten aus. Ich werde mich besonders auf Titel in Spezialsituationen fokussieren oder Aktien, die in den kommenden Monaten einen Katalysator mitbringen. Denn da sind negative Reaktionen oft überhaupt gar nicht angebracht, glücklicherweise passieren sie trotzdem.

Auch achte ich jetzt extrem auf Aktien mit positiven Nachrichten, die der Markt aber nicht würdigt, weil er zu verkaufsorientiert ist. Sollte es zu Druck auf Pharma-Aktien kommen, wäre ich ebenfalls interessiert.

Zu guter Letzt sind in Panikphasen auch immer Übernahmepapiere spannend, da lassen sich manchmal sehr sichere +5 bis +8% in wenigen Wochen realisieren, wenn man in Phasen wie jetzt die Nerven behält.

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