Brenntag: Großaktionär stockt auf – was macht die Aktie?
Am Freitag wurde bekannt, dass der bisherige Großaktionär Klaus-Michael Kühne seinen Anteil an dem Chemikalienhändler Brenntag auf über 10% verdoppelt hat. Die Aktie (WKN: A1DAHH) reagiert kaum auf diese Nachricht, heute verbessert sie sich leicht um +1,4% und steht aktuell bei 75,75 €. Wie wird sich das auf den weiteren Kursverlauf auswirken?
ℹ️ Brenntag vorgestellt
Die in Essen ansässige Brenntag SE ist Weltmarktführer in der Distribution von Chemikalien und Inhaltsstoffen. Sie ist die Dachgesellschaft und übernimmt die Steuerung der Brenntag-Group. Der Konzern bietet seinen Kunden als Zwischenhändler eine bedarfsgerechte Kommissionierung an. Der Chemiedistributor ist mit rund 600 Standorten in 72 Ländern vertreten. Die Marktkapitalisierung beträgt 11,5 Milliarden €.
Investitionsverhalten von Kühne bewerten
Der Milliardär Klaus-Michael Kühne hält an verschiedenen Unternehmen bedeutende Beteiligungen. Bei dem sehr erfolgreichen Logistikunternehmen Kühne+Nagel ist er Mehrheitsaktionär. Über seine Holdinggesellschaft stieg er während der Pandemie mit rund 15% bei der Lufthansa ein, erhöhte 2022 seinen Anteil auf 17,5%. Auch bei der Reederei Hapag Lloyd ist er mit 30% einer der größten Aktionäre.
Kühne ist für sein langfristiges Anlageverhalten bekannt. Er investiert in zukunftsträchtige Unternehmen, die aus seiner Sicht unterbewertet sind. Damals lag der Kurs der Lufthansa am Boden, der Einstieg war daher sehr günstig.
Die Verdoppelung seines Anteils auf über 10% ist ähnlich zu bewerten. Kühne dürfte keinen Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen, da er nur in gut geführte Unternehmen investiert.
Halbjahreszahlen schwächer ausgefallen
Die rückläufige Geschäftsentwicklung des ersten Quartals hat sich im zweiten Quartal verstärkt. Hier nahm die Nachfrage deutlich ab, was sich besonders bei der Ertragslage negativ auswirkte.
Der am 9. August veröffentlichte Halbjahresbericht ist von dem Rückgang der Geschäftsentwicklung geprägt. Der Umsatz in den ersten sechs Monaten reduzierte sich gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 7,6% auf 8,78 Milliarden €. Dieser Nachfragerückgang fand in beiden Sparten statt, in dem Segment Specialties war er jedoch deutlich höher als in der Sparte Essentials.
Der Rückgang beim Ertrag fiel deutlicher höher aus als beim Umsatz. Das operative EBITA sank um knapp 20% auf 677,3 Millionen €. Auch hier basierte der Rückgang überwiegend auf der Sparte Specialties, das EBITA sank hier um 29,4% auf 297,7 Millionen €. Untern Strich verblieb ein Konzerngewinn von 406 Millionen € – ein Jahr zuvor waren es noch 548 Millionen €.
Obwohl der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr erheblich ist, ist zu beachten, dass die damaligen Zahlen extrem gut waren. Somit sind die Rückgänge zu relativieren.
Prognose angepasst
Das Essener Unternehmen geht weiterhin von einer angespannten Situation weltweit aus. Zusammen mit einer hohen Inflation dürfte im zweiten Halbjahr mit keiner wesentlichen Erholung zu rechnen sein. Höhere Absatzpreise lassen sich am Markt nicht durchsetzen.
Daher wurde die bisherige Prognose am oberen Ende angepasst. Statt eines operativen Gewinns von 1,6 bis 1,8 Milliarden € wird jetzt mit einem Ergebnis zwischen 1,3 und 1,4 Milliarden € gerechnet.
Unternehmenschef Christian Kohlpaintner erwartet eine Nachfragebelebung:
Vor dem Hintergrund der seit Jahresbeginn zu beobachtenden sequenziellen Mengenerholung sowie der Anzeichen, dass die Talsohle der Bestandskontrollmaßnahmen auf Kundenseite durchschritten ist, sind wir zuversichtlich, dass die Absatzmengen in der zweiten Jahreshälfte 2023 höher sein werden als in den ersten sechs Monaten.
Wie geht es mit der Aktie weiter?
Der leichte Kursanstieg zeigt, dass die Marktteilnehmer gelassen auf die Nachricht reagieren. Mit einer Änderung der Strategie des Konzerns ist nicht zu rechnen.
Die Aufstockung der Beteiligung von Milliardär Kühne hat jedoch eine positive Wirkung: Hierdurch wird den Marktteilnehmern signalisiert, dass es sich um ein Unternehmen mit Zukunftspotenzial handelt. Eine weitere positive Wirkung dürfte sein, dass die Aussichten bezüglich einer Konzernaufteilung geringer werden – diese Forderung kam von dem aktivistischen Hedgefonds Primestone.
Insgesamt halte ich die Aktie für einen soliden Wert. Solange die Nachfrage der Kunden verhalten bleibt, ist mit keinem größeren Kursanstieg zu rechnen. Mittelfristig dürfte die Nachfrage nach den Produkten von Brenntag wieder zunehmen. Dies zusammen mit dem Konzernumbau dürfte sich positiv auf den Kurs auswirken.
Ich beurteile die Aufstockung daher positiv und sehe mittelfristig einen Zielkurs von 85 €. Damit liege ich leicht über den Erwartungen der UBS mit 82,50 €.
Mein Fazit: Kurzfristig ist das Potenzial begrenzt, die Aktie eignet sich jedoch hervorragend als Depotbeimischung.
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