Charles Schwab: If you can make it in New York...

Sascha
21.11.19

Die Aktien der beiden US-Online-Broker Charles Schwab (WKN: 874171) und TD Ameritrade (WKN: A0H1BG) gehören heute mit jeweils prozentual zweistelligen Kursgewinnen zu den besten Titeln am US-Aktienmarkt überhaupt.

Grund hierfür ist, dass die beiden Konzerne einen Merger angekündigt haben, dessen Gesamtvolumen auf rund 26 Mrd. US-Dollar beziffert wird. Überraschend ist dabei aus meiner Sicht jedoch nicht unbedingt, dass es zu diesem Merger kommt. Überraschend ist allenfalls, dass die Marktkonsolidierung in diesem Bereich plötzlich so schnell geht. Warum, dass beleuchte ich in diesem Artikel!

US-Online-Broker haben Ordergebühren kürzlich auf Null gesenkt

Denn wie ich erst vor wenigen Wochen, Anfang Oktober, an dieser Stelle hier bei sharedeals.de schrieb, haben die großen US-Online-Broker (neben Charles Schwab und TD Ameritrade gehört dort sicherlich auch noch E-Trade Financial dazu) ihre Ordergebühren zuletzt allesamt auf Null gesenkt. Dies führte natürlich unweigerlich zu der Frage, wie diese Unternehmen dann eigentlich noch Geld verdienen wollen. Aber glauben Sie mir, das geht.

Denn das Zauberwort heißt hier schlicht „Big Data“. Konkret wollten die (mit der Ordergebührenstreichung vorgepreschten) Online Broker nämlich neue Kunden anlocken. Dabei spielte es zunächst einmal auch gar keine Rolle, ob es sich um komplett neue Kunden gehandelt hätte oder ob man „nur“ der Konkurrenz entsprechende Kunden abgejagt hätte. Wichtig ist nämlich zunächst einmal eine möglichst große Masse an Kunden zu haben.

Diese sollten dann, was bei Ordergebühren von Null jedoch ebenfalls zu erwarten ist, noch möglichst viel handeln. Auf diese Weise generieren die Online-Broker dann entsprechend viele Handelsdaten (welcher Kunden kauft oder verkauft wann welche Aktie). Diesen möglichst großen Datenschatz („Big Data“) kann man dann, mit entsprechenden Softwarelösungen, analysieren und so wichtige Informationen bekommen.

Es heißt nicht umsonst, dass Daten das "Öl des 21. Jahrhunderts" sind...

Die Aussage, dass Daten das Öl des 21. Jahrhunderts sind, stimmt also. Zumal man anhand dieser Daten dann entweder selbst erfolgreich(er) an der Börse agieren kann oder aber – wenn dies unter Compliance-Gesichtspunkten nur eingeschränkt oder gar nicht möglich sein sollte – diese Daten an andere Unternehmen veräußern kann. Dazu vielleicht eine kleine Anekdote: Ich habe bis vor wenigen Jahren selbst bei einem Unternehmen (Startup) gearbeitet, dass solche Daten gesammelt hat – und ein New Yorker Hedgefonds hat diese Daten seinerzeit mit Handkuss gekauft!

Insofern weiß ich quasi aus erster Hand, dass sich viele Akteure – insbesondere natürlich die sogenannten institutionellen Anleger – die Finger nach möglichst guten Daten lecken. Somit halte ich das Vorgehen der großen US-Online-Broker nicht nur für absolut nachvollziehbar, sondern letzten Endes quasi für alternativlos. Zumal sie ja in Sachen Ordergebühren zuletzt von neuen Konkurrenten wie beispielsweise dem Online-Broker Robin Hood massiv unter Druck gesetzt wurden.

Konsolidierung des Marktes scheint überfällig

Allerdings darf man natürlich nicht vergessen, dass die Online-Broker gewisse Kosten haben. Zwar mögen sie in den letzten Jahren, gerade auch nach den beiden „Börsencrashs“ in 2000/2001 („Dotcom Bubble“, Terroranschläge in New York vom 11. September) und 2007/2008 („Finanzkrise“ inklusive der Pleite von Lehman Brothers), diese massiv gesenkt haben. Aber die Handelsplattformen müssen überwacht, angepasst und weiter entwickelt werden und einen gewissen Support braucht es auch.

Bisher basierte das Geschäftsmodell dieser Online-Broker daher tatsächlich bestenfalls erst ansatzweise auf „Big Data“ und tatsächlich noch in erster Linie auf den Einnahmen durch die Ordergebühren. Diese Einnahmen gingen jedoch zuletzt bereits sukzessive zurück und konvergieren nun bald gegen Null. Auf der anderen Seite aber können sie eben kaum noch weiter an der Kostenschraube drehen. Und die Transformation des Geschäftsmodells in Richtung „Big Data“ geht nicht über Nacht.

Langer Rede, kurzer Sinn: Aufgrund des relativ plötzlichen Wegfalls der Ordergebühren stehen die Unternehmen kurzfristig unter starkem Druck. Was also können sie tun? Zumal der Versuch neue Kunden durch den Wegfall der Ordergebühren zu gewinnen, weil die Konkurrenten umgehend nachzogen, ja nicht geklappt hat. Ganz einfach, man muss versuchen seine Kundenbasis anderweitig zu erhöhen – und das geht am besten, in dem man als aktiver Konsolidierer am Markt auftritt. Dies ist die einfache Logik hinter dem heute angekündigten Merger.

Fazit: Dieser Plan könnte aufgehen!

Da sich mit Charles Schwab und TD Ameritrade gleich zwei der drei größten US-Online-Broker zusammenschließen möchten, entsteht natürlich ein neuer Gigant. Der neue Konzern jedenfalls ist die klare Nummer 1 in den USA – und gerade die Bedeutung des US-Aktienmarktes hat in den letzten Jahren, auch dank der Pro-Business-Politik von US-Präsident Donald Trump, seine ohnehin schon große Bedeutung in der Welt noch weiter ausgebaut.

Frank Sinatra sang einst, in seinem berühmten Song „New York, New York“, ich zitiere: „If you can make it in there (gemeint ist natürlich New York), you can make it anywhere!“. Dies ist derzeit so aktuell wie schon lange nicht mehr, ja vielleicht so aktuell wie noch nie zuvor. Insofern könnte der Plan von Charles Schwab und TD Ameritrade aufgehen. Viele Anleger scheinen dies heute schon ebenso zu sehen und kaufen daher, was eher ungewöhnlich bei einem solchen Merger ist, beide Aktien hoch.

Generell sehe auch ich in beiden Papieren mittel- bis langfristig noch Kurspotenzial. Dennoch würde ich nie in eine solche Euphorie, wie wir sie heute sehen, hinein kaufen. Wenn Du daher Interesse an einem Einstieg in Charles Schwab und/oder TD Ameritrade hast, warten bitte ab, bis sich die aktuelle Euphorie gelegt hat und greife dann etwas günstiger zu. Wer eine oder sogar beide Aktien schon hat, sollte sie längerfristig jedoch unbedingt weiter halten!


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