China Evergrande: Wird das ein neuer Fall Lehman Brothers?

Sascha
16.09.21

Heute Morgen lief die Meldung über die Ticker, dass der Handel mit Anleihen des schwer angeschlagenen chinesischen Immobilienentwicklers China Evergrande (WKN: A2APDK) temporär ausgesetzt werde. Als Grund wurde eine Abstufung der Bonität durch die chinesische Ratingagentur China Chengxin International (CCXI) von AA auf A genannt.

Bei China Evergrande, vormals Hengda Group, handelt es sich um den – gemessen am Umsatz – zweitgrößten chinesischen Immobilienkonzern. Der Hauptsitz des Unternehmens liegt in Shenzhen in der Provinz Guangdong. Die Gesellschaft entwickelt und verkauft in erster Linie Wohnungen an Menschen mit einem mittleren oder höheren Einkommen.

Viele Jahr gigantisches Wachstum

China Evergrande wurde 1996 unter dem Namen Hengda Group von Xu Jiayin (Hui Ya Kan) in der südchinesischen Stadt Guangzhou gegründet. Im Oktober 2009 erfolgte der Börsengang an der Börse Hongkong, in dessen Zuge der Wert des Unternehmens auf 722 Millionen US$ taxiert wurde. Bereits bis dahin war das Unternehmen im Zuge des chinesischen Wirtschaftsbooms rasant gewachsen.

Mit den frischen finanziellen Mitteln aus dem Börsengang wurde die Expansion dann nochmals beschleunigt. Lag die Bilanzsumme des Unternehmens noch im Jahr 2006 bei weniger als einer Milliarde US$, sind es heute über 300 Milliarden US$. Allerdings stockt bereits seit dem Jahr 2018 das Umsatzwachstum, was einen einbrechenden Gewinn zur Folge hatte.

Das Management hat die Probleme früh erkannt...

Grund für die Wachstumsschwäche seit 2018 war, dass die kommunistische chinesische Führung eine Immobilienblase befürchtete und daher auf die Bremse trat. Grundsätzlich richtig, nur wohl schon zu spät. Zwar hat das Management die Probleme, in die man dadurch geriet, früh erkannt und versucht gegenzusteuern. Aber der Versuch der Diversifikation in völlig fachfremde Bereiche wie die Landwirtschaft (Schweinezucht) oder die Produktion von Babynahrung war eher eine Verzweiflungstat und nicht von Erfolg gekrönt.

Folglich stürzte der Konzern in den letzten Jahren immer tiefer in die Krise. Angesichts eines Schuldenstands von über 300 Milliarden US$ kein Wunder. Ebenso wenig wie die Abstufung der Bonität durch die Ratingagentur Fitch von CCC+ auf CC vor wenigen Tagen – inklusive der damit verbundenen Warnung vor Zahlungsausfällen sowie möglicherweise sogar einer Insolvenz. Da fragt man sich eher, wie die chinesische Ratingagentur CCXI, die ja auch als Antwort auf die Finanzkrise 2007 bis 2009 ins Leben gerufen wurde, da wohl analysiert hat.

Finger weg von der Aktie!

Theoretisch übersteigt der Wert der Assets von China Evergrande sogar noch immer die aktuellen Schulden von über 300 Milliarden US$. Das Problem ist halt nur die Werthaltigkeit dieser Assets. Insbesondere, wenn potenziell an diesen Assets interessierte Käufer natürlich um die Probleme des Unternehmens wissen. Hinzu kommt, dass viele Assets aus noch in der Entwicklung befindlichen Immobilienprojekten bestehen, so dass zunächst einmal weitere Investitionen notwendig wären.

China steht vor Dilemma

Die chinesische Regierung steht nun vor einem Dilemma. Sie hat mit ihrer Politik die Probleme des Konzerns mitverursacht. Doch greift sie hier nun auch rettend ein? Bis dato spekulierten viele darauf, weshalb das Unternehmen auch immer wieder neue Schulden aufnehmen konnte. Langsam aber kommen hier Zweifel auf. Aus marktwirtschaftlicher Sicht wäre eine Pleite von China Evergrande zweifellos richtig. Aber spätestens seit dem Fall Lehman Brothers in den USA wissen wir, welche Folgen das haben kann.

Denn aufgrund negativer Rückkopplungseffekte könnte eine Insolvenz von China Evergrande die chinesische Wirtschaft belasten und sogar in eine Rezession stürzen, was wiederum die Weltwirtschaft belasten würde. Die Kosten, die man dann zur Stützung der Wirtschaft aufbringen müsste, dürften im Zweifel die Kosten einer Rettung noch toppen. Daher rechne ich am Ende auch mit einer Rettung, allerdings wohl erst in letzter Sekunde. Die Aktie von China Evergrande würde ich aber selbst in diesem Fall nicht anfassen. Denn die Anteilseigner dürften auch bei einer Rettung bluten!

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