Deutsche Bank: CEO Christian Sewing geht "All In"
Am Wochenende hat die Deutsche Bank (WKN: 514000) per Ad hoc-Mitteilung einen radikalen Konzernumbau angekündigt. So möchte man sich unter anderem weitestgehend aus dem globalen Aktiengeschäft zurückziehen – einzig ein fokussiertes Aktienemissionsgeschäft soll noch fortgeführt werden. Ferner möchte man das eigene Handelsgeschäft, insbesondere auch den Handel mit Zinsprodukten, anpassen und dadurch einen Abbau des Portfolios an nichtstrategischen Aktiva beschleunigen.
Dazu wird die Deutsche Bank eine eigene Bad Bank (Capital Release Unit) gründen, über die Positionen im Gesamtwert von 74 Mrd. Euro an risikogewichteten Aktiva abgebaut und somit die Gesamtverschuldung um 288 Mrd. Euro ("Leverage Exposure", ergo ein Hebel von knapp vier!) gesenkt werden soll. In der Summe sollen sich so die risikogewichteten Aktiva in den genannten Bereichen um ca. 40% reduzieren.
In der Folge möchte sich das Management in Zukunft ganz auf die Kerngeschäfte konzentrieren, in denen sie eine starke Marktposition hat und dort auch investieren. Dies sind das Geschäft mit Unternehmenskunden, das Finanzierungsgeschäft, das Geschäft mit Fremdwährungen, das Beratungs- und Emissionsgeschäft, das Privatkundengeschäft sowie das, weitestgehend in der börsennotierten Tochter DWS gebündelte, Asset Management.
Massives Kostensenkungsprogramm soll Kapitalerhöhung verhindern
Im Zusammenhang mit den Restrukturierungsmaßnahmen rechnet der Vorstand der Deutschen Bank um CEO Christian Sewing alleine im zweiten Quartal 2019 mit Aufwendungen von ca. drei Mrd. Euro. Davon sollen sich jedoch nur 200 Mio. Euro negativ auf die harte Kernkapitalquote (CET1) auswirken. Weitere Restrukturierungsmaßnahmen sollen die veranschlagten Kosten bis zum Abschluss des Sanierungsprogramms Ende 2022 auf bis zu 7,4 Mrd. Euro anschwellen lassen.
Daher wird die Bank ein Kostensenkungsprogramm umsetzen, das die bereinigten Kosten auf 17 Mrd. Euro im Jahr 2022 senken soll. Um diese Kostensenkungen auch zu erreichen, wird man unter anderem 18.000 (von derzeit 92.000) Vollzeitstellen streichen. Dabei schließt man für Deutschland betriebsbedingte Kündigungen aus. Auch die Aktionäre werden zur Kasse gebeten und müssen für 2019 und 2020 auf Dividendenausschüttungen verzichten.
Ziel von CEO Christian Sewing und seinen Kollegen in der Führungsriege der Bank ist es wohl eine Kapitalerhöhung zu dem aktuell sehr niedrigen Aktienkurs möglichst zu vermeiden, was ich für richtig erachte. Ob sich dieses Ziel jedoch halten lässt, bleibt noch abzuwarten.
Neue Unternehmensstruktur der Bank
Auch verpasst das Management um CEO Christian Sewing der Bank eine völlig neue Struktur. So wird das traditionelle Bankgeschäft sowie das deutsche Firmenkundengeschäft im neuen Geschäftsbereich Unternehmensbank gebündelt. In diesem sollen zukünftig Firmenkunden von Deutscher Bank und Postbank im Heimatmarkt betreut werden, die bis dato noch von der Privat- und Firmenkundensparte betreut wurden.
Die Unternehmensbank ist also auf Mittelständler, Familienunternehmen und multinationale Konzerne ausgerichtet und kommt auf Kundeneinlagen von mehr als 200 Mrd. Euro. Zudem werden hier täglich Transaktionen im Gegenwert von rund einer Billion Euro abgewickelt.
Die Investmentbank soll sich zukünftig auf ihre traditionellen Stärken im Beratungs- Finanzierungs-, Währungs- und Zinsgeschäft konzentrieren. Dabei möchte man die Geschäftsbereiche ausbauen, die für Unternehmen besonders relevant sind, einschließlich der Bereiche Devisen- und Kreditprodukte.
Neue Zuschneidung der Zuständigkeiten und neue Vorstände
Ferner wird die Zuständigkeit für bestimmte Geschäftsbereiche neu zugeschnitten sowie einige Topmanager ausgetauscht. So werden die neue Unternehmensbank sowie die Investmentbank von CEO Sewing direkt geleitet. Sein Stellvertreter Karl von Rohr ist hingegen für die Privatkundensparte sowie das Asset Management (DWS) verantwortlich. COO Frank Kuhnke leitet hingegen das Geschäft in der EMEA-Region (Europa, Naher Osten und Afrika) sowie die Bad Bank.
Außerdem müssen neben Investmentbankingchef Garth Ritchie die Vorstandsmitglieder Sylvie Matherat (Compliance) und Frank Strauß (Privat- und Firmenkundengeschäft) ihren Hut nehmen. Dafür rücken Christiana Riley (Nord- und Südamerikageschäft), Stefan Simon (Chief Administrative Officer, CAO) sowie Bernd Leukert (von SAP und zuständig für die Digitalisierung) neu in das Topmanagement der Bank auf. Besonders die Erwartungen an Bernd Leukert sind dabei groß, gilt die Bank doch als technologisch sehr rückständig.
Vorläufige Geschäftszahlen zum zweiten Quartal 2019
Zu guter Letzt informierte die Deutsche Bank ihre Anteilseigner auch noch über den Geschäftsverlauf im zweiten Quartal 2019. Demnach dürfte, aufgrund der bekanntgegebenen Restrukturierungsmaßnahmen ein Verlust in Höhe von 500 Mio. Euro vor Steuern (EBT) sowie 2,8 Mrd. Euro nach Steuern (EAT) anfallen. Bereinigt um diese Belastungen wäre ein EBT von ca. 400 Mio. Euro sowie ein EAT von ca. 120 Mio. Euro ausgewiesen worden.
Die Erträge sollen sich dabei auf 6,2 Mrd. Euro belaufen und die zinsunabhängigen Aufwendungen bei 5,6 Mrd. Euro respektive die bereinigten Kosten bei 5,35 Mrd. Euro liegen. Die endgültigen Quartalszahlen möchte man jedoch ohnehin erst am 24. Juli veröffentlichen.
Das Management ist dabei der Auffassung, dass die zukünftige Geschäftsausrichtung mit niedrigeren Eigenkapitalanforderungen einhergeht. Nach Beratungen mit den zuständigen Aufsichtsbehörden plant man auch in Zukunft mit einer CET1 von mindestens 12,5%. Nach Abschluss der Restrukturierung möchte der Vorstand die Aktionäre für ihre lange Leidenszeit mit entsprechenden Ausschüttungen entschädigen.
Aktie reagiert zunächst positiv, aber...
Obwohl die Deutsche Bank für 2019 und 2020 keine Dividende ausschütten möchte, reagierten die Anleger an der Börse zunächst sehr erfreut auf diese Pläne des Managements. Tatsächlich geht der noch recht neue, junge CEO Christian Sewing damit quasi "All In". Denn wenn die Sanierung der Bank mit diesen harten Einschnitten immer noch nicht funktioniert, könnte sie sogar vor dem endgültigen Aus stehen.
Allerdings hielt die Freude über den Mut des Managements nur sehr kurz, die anfänglichen Kursgewinne wurden gleich wieder abgegeben. Charttechnisch bleibt die Aktie damit sehr angeschlagen, denn damit ist sie zugleich am charttechnisch wichtigen Widerstand zwischen 7,10 und 7,25 Euro gescheitert und könnte somit schon bald wieder Fahrt nach unten aufnehmen. Doch wäre das auch fundamental gerechtfertigt?
Fazit: Es bleibt weiterhin eine Aktie für sehr leidensfähige Investoren!
Nun ja, die Einen sagen so, die Anderen sagen so. In der Tat wird die Deutsche Bank derzeit nur noch mit 20% des ausgewiesenen Buchwertes bewertet, was tendenziell zu niedrig erscheint. Wenn die Sanierung der Bank daher glückt, wäre mittel- bis langfristig wohl eine Rückkehr in die Zweistelligkeit, also über die Marke von 10 Euro, möglich. Langfristig bedeutet hier jedoch wirklich auf Sicht von zwei bis drei Jahren.
Das Risiko lautet jedoch im "Worst Case" Totalverlust. Somit steht eine Kurschance von rund +50% auf Sicht von zwei bis drei Jahren das Risiko eines Totalverlusts gegenüber. Zudem wird die Aktie in dieser Zeit wohl eine Berg- und Talfahrt erleben. Angesichts dieser Aussichten und diesem, eher schlechten, Chance/Risiko-Verhältnis (CRV) eignet sich die Aktie wohl auch weiterhin nur für sehr leidensfähige, ja leicht masochistisch veranlagte, Investoren.