Deutz-Aktie: Defizite bei der langfristigen Strategie?
Nach gut laufenden Geschäften in 2021 ist der Motorenbauer Deutz (WKN: 630500) in die Gewinnzone zurückgekehrt und schüttet nach zwei Jahren Pause wieder eine Dividende aus. Der Ausblick für 2022 ist zwar vorsichtig optimistisch; dem Geschäft der Kölner fehlt es jedoch weiterhin an Konjunkturresistenz und auch der Fortschritt mit alternativen Antrieben ist bislang überschaubar. Lohnt sich langfristig dennoch ein Investment?
Die Deutz AG mit Sitz in Köln ist spezialisiert auf die Herstellung und Wartung von Dieselmotoren für Bau- und Agrarmaschinen. Ab 2024 will der Konzern auch Wasserstoffmotoren zur Serienreife bringen. Rund 4.500 Mitarbeiter beschäftigt der Motorenbauer in Produktionsstätten in Deutschland, Frankreich, den USA, Argentinien und China. An der Börse hat das 1864 gegründete Traditionsunternehmen aktuell einen Wert von 591 Millionen €.
Nach dem Debakel eines über Wochen öffentlich geführten Streits der Führungsgremien um die Frauenquote gibt es für Deutz-Anleger wieder positive Neuigkeiten. Denn die Geschäfte des Kölner Motorenbauers laufen wieder richtig gut. Das geht aus dem Jahresbericht hervor, den das Unternehmen am Montag vorgelegt hat. Die Geschäftszahlen bescherten der Deutz-Aktie einen Kurssprung von +8%, nach Handelsschluss notierte der Titel noch +5,7% höher bei 5,17 €.
Wieder Gewinne und Dividenden
So stieg der Auftragsbestand zum 31. Dezember 2021 gegenüber dem Vorjahr um das Zweieinhalbfache auf ein Rekordniveau von 676,7 Millionen €. Der Absatz von Motoren erhöhte sich im Berichtszeitraum um ein Drittel auf knapp über 200.000. Einhergehend mit der Absatzsteigerung erwirtschaftete das Traditionsunternehmen einen Umsatz von 1,62 Milliarden € – im Vorjahresvergleich ein Zuwachs von fast einem Viertel.
Positive Skaleneffekte kombiniert mit Kosteneinsparungen führten auch zu einer deutlich verbesserten Profitabilität. Auf Stufe EBIT nach Sondereffekten drehte Deutz einen Verlust von -106,6 Millionen € im Vorjahr in einen Gewinn von 34,1 Millionen €. Berücksichtigt dabei sind Restrukturierungsrückstellungen in Höhe von -3,1 Millionen €. 2020 mussten die Kölner noch Konzernumbaukosten in Höhe von -31,9 Millionen € einplanen. Die EBIT-Rendite lag im vergangenen Jahr damit bei 2,1%.
Unter dem Strich belief sich der Konzerngewinn auf 38,2 Millionen € nach einem Nettoverlust von -107,6 Millionen € im Vorjahr. Das Ergebnis je Aktie erhöht sich gegenüber 2020 von -0,89 auf 0,32 €. Nachdem Deutz zwei Jahre lang keine Dividende ausgezahlt hat, sollen Aktionäre nun wieder am Unternehmenserfolg teilhaben: Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, 18,1 Millionen € mit einer Dividende von 0,15 € je Aktie auszuschütten – mehr als der Markt erwartet hatte.
Der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit hat sich gegenüber dem pandemiebedingt schwachen Vorjahr von 44,9 auf 93,3 Millionen € mehr als verdoppelt. Der Free Cashflow lag mit 21,6 Millionen € dadurch ebenfalls deutlich über dem Vorjahresniveau von -35,8 Millionen €.
Starke Prognose, aber mit Vorbehalt
Für 2022 rechnet der Deutz-Vorstand mit einem Absatz von 165.000 bis 180.000 Motoren, der zu einem Umsatzanstieg auf 1,7 bis 1,85 Milliarden € führen soll. Für die EBIT-Rendite plant der Konzern in einer Spanne von 3,5 bis 5,5%. Der Free Cashflow soll sich weiterhin auf einem „niedrigen bis mittleren zweistelligen“ Millionen €-Betrag belaufen.
Das Management stellt die Prognose jedoch angesichts der unvorhersehbaren Auswirkungen des Russland-Ukraine-Kriegs auf die globale Wirtschaft unter Vorbehalt. Die Schätzungen berücksichtigen nur bedingt, dass sich die weltweiten Lieferprobleme bei Vormaterialien und Komponenten belastend auswirken werden.
Personal-Beben nach Debatte um Frauenquote
Seit Jahresbeginn hat die Deutz-Aktie mehr als ein Viertel an Wert verloren. Die allgemeine Verunsicherung im Markt durch den Ukraine-Konflikt und die wochenlangen Tumulte im Vorstand haben den Titel des Kölner Motorenbauers in den vergangenen Wochen stark unter Druck gesetzt.
Mitte Februar hatte der Konzern seinen Vorstandschef Frank Hiller nach einem Wochen schwelenden Streit mit dem Aufsichtsrat mit sofortiger Wirkung entlassen. Vordergründig ging es dabei um die Besetzung einer Vorstandsposition mit einer Frau. Mit der Neubesetzung des CEO-Postens durch Finanzchef Sebastian Schulte war es jedoch nicht getan: Auch der Aufsichtsratschef Bernd Bohr musste den Vorsitz niederlegen, bleibt aber Mitglied im Kontrollgremium.
Besonders pikant dabei war, dass die Debatte über die Vorstandsbesetzung öffentlich ausgetragen wurde. Die Aktionärsvereinigung DSW hat das Geschehen bei Deutz als „Desaster auf ganzer Linie“ bezeichnet und steht mit der Einschätzung nicht allein da: Die im SDAX notierte Aktie des Motorenbauers hatte am Tag des Personal-Bebens in der Spitze über -13,5% nachgelassen.
Aktie vorerst kein Kauf
Nach dem Debakel im Vorstand und der kriegsbedingten Unsicherheit sendet die Rückkehr in die Gewinnzone wieder ein lang ersehntes positives Signal für Investoren. Erfreulich ist für Aktionäre besonders, dass die Ausschüttungsquote mit 47% deutlich oberhalb des langfristig angestrebten Richtwerts von 30% liegt.
Zudem winkt im laufenden Jahr eine steigende EBIT-Rendite. Aufgrund möglicher Kriegsauswirkungen auf Logistik, Materialpreise und die Investitionsbereitschaft der Kunden sind die Zuwächse jedoch keineswegs garantiert. Halbwegs konjunkturresistent sind nur die margenstarken Umsätze aus dem Service, die jedoch nur rund ein Viertel der Gesamterlöse ausmachen.
Das Wachstum bei Deutz kommt noch überwiegend aus dem Verkaufsgeschäft mit konventionellen Antrieben. Auch das grüne Segment mit elektrischen Motoren und Wasserstoff ist weiterhin defizitär. Finanzinvestor Ardan Livvey, der 5% am Motorenbauer hält, kritisierte zuletzt immer wieder die Strategie des Vorstands und die zu geringe Profitabilität.
Ich sehe das ebenfalls so, dass die Kölner die Transformation zu alternativen Antrieben deutlich schneller vorantreiben müssen. Auf große Trends in der Branche reagierte der Traditionskonzern zuletzt behäbig und unbekümmert. Die Tricks, die der Vorstand angewandt haben soll, um die Vorstandsbesetzung einer Frau zu vermeiden, hinterlassen zudem einen faden Nachgeschmack. Bis sich in diesen Bereichen keine Besserung abzeichnet, werde ich die Deutz-Aktie vorerst meiden.
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