Die Zinswende steht vor der Tür – Grund zum Jubel?

Signal von Fed-Chef Powell
27.08.24 um 9:16

Noch eine positive Börsenwoche und fast schon wieder neue Rekorde an der Wall Street – der August ist von einer Berg- und Talfahrt geprägt. Wechselt das Sentiment erneut oder hat Jerome Powell am Freitag die richtigen Worte für die Börsianer gewählt? Wir beleuchten, was eine Zinswende genau bedeuten würde und wie sie der Fed-Präsident nun möglicherweise schon verbal eingeleitet hat.

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Dow Jones bringt neue Rekorde hervor

Die Konsolidierung am Aktienmarkt vom 5. August an ist lange verdaut und mehr als aufgeholt. Nachdem die 40.000 als rundes Level im Dow Jones wieder erobert werden konnte, glich der Index binnen zwei Handelswochen sozusagen den schwachen Start in der ersten vollen Augustwoche wieder aus und ließ diese Schwäche als Bärenfalle im Chartbild zurück.

Jerome Powell konnte den Märkten am Freitag noch einmal weitere Dynamik verleihen, als er in seiner Funktion als Fed-Chef am zweiten Tag des Jackson Hole Symposiums von einer zeitnahen Zinswende sprach.

Bevor wir das Thema Zinsen tiefer ergründen, möchte ich auf die Marktreaktion eingehen. Sie war am Freitag bereits positiv und zeigte am Montag eine Fortsetzung dieser Bewegung. Zum Handelsstart in die neue Woche fehlten dem Leitindex rund 200 Punkte oder 0,5% bis zu seinem Allzeithoch.

Genau dies war das technische Ziel und wurde dann auch in der ersten Handelsstunde erreicht. Das große Chartbild mit den Notierungen von CNBC ist hier verankert:

Eine Korrektur ist technisch ab diesem Niveau sehr wahrscheinlich, nicht nur wegen der Dynamik der jüngsten Bewegung, sondern auch weil dort viele Marktteilnehmer Umschichtungen an den großen Portfolios vornehmen. Ein Rücklauf an die Fed-Hochs vom 31. Juli und somit um rund 250 Punkte wäre das erste Ziel, die runde Marke von 41.000 Punkten das zweite Ziel. Insbesondere, da die US-Technologiebranche zum Wochenstart diese Bewegung nicht mittrug.

Doch warum hat eine Zinsphantasie, die wir seit letztem Jahr November im Markt immer wieder als Dynamo sehen, so eine starke Wirkung auf den Aktienmarkt? Dies ergründen wir nun in folgendem Absatz.

Was sagt die Zinswende aus?

Zu Beginn noch einmal die Worte von Jerome Powell, die er am Freitag äußerte: „Es ist an der Zeit, die Geldpolitik neu auszurichten.“ Die geldpolitische Richtung sei klar, allerdings seien Höhe und Abfolge weiterer Zinsschritte nicht festgelegt. Diese hingen unter anderem von der Entwicklung der Konjunkturdaten ab.

Gemeint sind damit die Inflationsdaten, von denen wir mit der PCE-Kernrate am Freitag weitere Details erhalten. Seitens der Wachstumsdaten aus der Wirtschaft stehen in dieser Woche die BIP-Erhebungen zum zweiten Quartal an und zum Monatsstart September dann auch wieder der offizielle Arbeitsmarktbericht aus Washington.

Die US-Notenbank hatte den Leitzins zuletzt Ende Juli in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent belassen und eine erste Senkung nach der großen Inflationswelle im September signalisiert. Damit notiert der Leitzins aktuell weiterhin auf dem höchsten Stand seit 23 Jahren und wurde von der Fed seit Juli 2023 nicht mehr verändert.

Eine Zinswende ist also ein Zeichen, welches weitere Zinssenkungen nach sich zieht und wohl überlegt sein muss. Im internationalen Vergleich notieren die US-Zinsen wie folgt:

Vorteile niedrigerer Zinsen

Eine Zinssenkung bietet eine Reihe von Vorteilen, die sich positiv auf die Wirtschaft und die Finanzmärkte auswirken können. Einer der Hauptvorteile besteht darin, dass sie die Kreditkosten für Unternehmen und Verbraucher reduziert. Wenn die Zinsen sinken, werden Kredite wie Hypotheken, Autokredite oder Unternehmensfinanzierungen günstiger.

Dies kann die Kreditnachfrage erhöhen, da sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen eher bereit sind, Kredite aufzunehmen. Dies wiederum fördert Investitionen und Konsumausgaben, was zu einem Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage führen kann.

Ein weiterer Vorteil einer Zinssenkung ist, dass sie den Investitionsanreiz für Unternehmen erhöht. Günstigere Kredite bedeuten, dass Unternehmen leichter an Kapital kommen, um in neue Projekte, Technologien oder die Expansion ihres Geschäfts zu investieren. Dies kann zu einem Anstieg der Produktion, der Beschäftigung und des Wirtschaftswachstums führen. Für den Arbeitsmarkt bedeutet dies potenziell mehr Arbeitsplätze und eine Reduzierung der Arbeitslosigkeit.

Auswirkungen auf die Finanzmärkte

Zudem kann eine Zinssenkung positive Auswirkungen auf die Finanzmärkte haben. Niedrigere Zinsen machen festverzinsliche Anlagen wie Anleihen weniger attraktiv, was Investoren dazu veranlasst, ihr Kapital in Aktien und andere risikoreichere Anlagen umzuschichten. Dies kann zu steigenden Aktienkursen und einer Belebung der Börse führen.

Gleichzeitig können niedrigere Zinsen auch den Wechselkurs einer Währung beeinflussen, indem sie die Attraktivität dieser Währung für ausländische Investoren verringern, was den Exporten eines Landes zugutekommen kann, da diese auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähiger werden.

Es bleibt hier jedoch negativ anzumerken, dass die Aktienkurse nah der Rekorde notieren und eine Überhitzung (wie damals zur Jahrtausendwende) erfolgen könnte. Dies als Einschub – denn insgesamt trägt eine Zinssenkung letztlich dazu bei, das Wirtschaftswachstum zu fördern, die Beschäftigung zu steigern und die Finanzmärkte zu stabilisieren. Sie ist ein wichtiges geldpolitisches Instrument, das Zentralbanken einsetzen, um auf wirtschaftliche Herausforderungen zu reagieren und die wirtschaftliche Stabilität zu unterstützen.

Prognosen für die nächste Zinssatzentscheidung

Die Fed-Zinssatzentscheidung findet alle sechs Wochen und damit zehn Mal im Jahr statt. Auf der nächsten Sitzung am 18. September steht somit eine Wahrscheinlichkeit von knapp 70% im Raum, den Zinssatz um 0,25 Basispunkte zu senken.

Die anderen Parteien aus dem Fed Watch Tool sind sogar auf eine doppelte Zinssenkung, also direkt um 0,5 Basispunkte, eingeschwenkt. In jedem Fall sollte es also eine Zinssenkung geben – alles andere wäre eine starke Enttäuschung.

Für Börsianer stellt sich somit aktuell nur eine Frage: Feiert der Markt die Zinssenkung im Nachgang noch einmal mit Kursaufschlägen oder ist nach den vielen Monaten des Signalisierens dieses Schrittes bereits das „Pulver verschossen“?

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