Friedrich-Vorwerk-Aktie +15%: War das der Befreiungsschlag?

Nach einer monatelangen Seitwärtsbewegung in einer Range von 10 bis 11 € sprang die Aktie von Vorwerk (WKN: A255F1) am Donnerstag um +14,3% in die Höhe. Heute korrigieren die Anteile des Baudienstleisters wieder um knapp -4% und stehen aktuell bei 12,20 €. Grund für den plötzlichen Kurssprung war ein gemeldeter Großauftrag. Ist das der Beginn einer Trendwende?

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ℹ️ Friedrich Vorwerk vorgestellt

Die Friedrich Vorwerk Group SE – nicht zu verwechseln mit dem Wuppertaler „Thermomix“-Hersteller – ist ein führender Anbieter im Bereich der Energieinfrastruktur. Hierzu zählen Konzipierung, Realisierung und Inbetriebnahme komplexer Energienetze für Gas-, Strom- und Wasserstoffanwendungen. Das Unternehmen hat den Hauptsitz im niedersächsischen Tostedt. Die Marktkapitalisierung beträgt 250 Millionen €.

Großauftrag erhalten

Der Stau bei der Versorgungsinfrastruktur in Deutschland ist sehr groß, auch für die benötigten Stromtrassen. Wie nun am Donnerstagnachmittag bekannt wurde, hat der Übertragungsbetreiber Amprion die Verlegung einer bedeutenden Nord-Süd-Stromtrasse zum Teil bei Vorwerk in Auftrag gegeben. Neben der Erdkabeltrasse A-Nord gehört auch der Anschluss an die beiden Offshore-Windenergieparks BorWin4 und DoIWin4.

Das gesamte Auftragsvolumen beläuft sich auf 1,5 Milliarden €. Der Anteil der Tochterfirma Bohlen & Doyen beträgt rund 40%, was einem Wert von 600 Millionen € entspricht. Das Baukonsortium besteht aus sechs Partnern.

Über die Gewinnmarge wurde keine Angabe gemacht. Die Vergütung basiert auf einer „Cost-Plus-Incentive-Free-Struktur“, was bedeutet, dass es zu Bonus-Zahlungen und zu Malus-Abzügen kommen kann. Mit den Arbeiten wird im vierten Quartal 2023 begonnen, 2026 soll das Projekt abgeschlossen sein.

Vorwerk hat den Auftraggebern offenbar gezeigt, dass es über die nötige Expertise bei solchen Infrastrukturprojekten verfügt. Die Auftragseinholung ist sehr positiv zu bewerten, jedoch ist nichts über die Profitabilität bekannt.

Gewinnmargen weiterhin gering

Aus den am 26. Juli veröffentlichten vorläufigen Halbjahreszahlen wird ersichtlich, dass die geringen Gewinnmargen weiterhin das Hauptproblem sind. Die Marktteilnehmer bemängelten an dem Geschäftsbericht für 2022, dass die Profitabilität deutlich geringer ausfiel als erwartet. Die Folge war eine Kurshalbierung der Vorwerk-Aktie.

Im ersten Halbjahr setzte sich der Trend der schwächeren Ertragslage weiter fort. Im zweiten Halbjahr 2022 sowie zum Beginn des laufenden Geschäftsjahres belasteten hohe Material- und Fremdleistungskosten das Ergebnis.

Der Umsatz im ersten Halbjahr steigerte sich um 16% auf knapp 166 Millionen €. Hierzu trugen Großprojekte in Hamburg und Bremen wesentlich bei. Das operative EBIT lag bei 4,9 Millionen € – ein Jahr zuvor betrug es noch bei 14,6 Millionen €. Aufgrund dieser Verschlechterung sank die EBIT-Marge von 10,2% auf 2,9%.

Die Problematik der geringen Rentabilität setzt sich damit weiter fort. Die zuletzt bearbeiteten Aufträge stammten aus den vergangenen Jahren, entsprechend war nicht mit einer Margenerhöhung zu rechnen. Wichtig ist, dass bei den zukünftigen Aufträgen eine deutliche Verbesserung eintritt. Das Unternehmen verfügt zum 30. Juni über einen Auftragsbestand von 467 Millionen €.

Bewertung des Kursanstieges

So erfreulich der Eingang des Großauftrags ist, so wenig lässt sich noch seine Rentabilität bewerten. Die Bonus-Malus-Regelung kann sich in dieser Hinsicht positiv, aber auch negativ auswirken. Schlauer werden wir erst im Nachhinein sein.

Es bleibt zu hoffen, dass das Vorwerk-Management das Ertragsproblem erkannt hat und hier zügig eine Verbesserung einleitet. Ob dies gelingt, wird sich in den nächsten Quartalsberichten zeigen.

Generell beurteile ich das Unternehmen positiv und halte die Aktie für unterbewertet. Der gestrige Kursanstieg war wichtig, sollte jedoch nicht überbewertet werden. Um von einer Trendwende zu sprechen, ist es zu früh: Erst muss sich die Ertragslage deutlich verbessern.

Mein Fazit: Die Aktie eignet sich für langfristig orientierte Anleger. Wer auf einen schnellen Rebound spekulierte, wurde enttäuscht.

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Interessenkonflikt: Der Autor hält Aktien des besprochenen Unternehmens Friedrich Vorwerk. Somit besteht konkret und eindeutig ein Interessenkonflikt. Der Autor beabsichtigt, die Aktien – je nach Marktsituation auch kurzfristig – zu kaufen oder zu veräußern und könnte dabei von erhöhter Handelsliquidität profitieren.

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