Gold, Silber, Öl, Uran: Sind das gute Kaufchancen?

Sommerloch

Viele Edelmetall- und Rohstoff-Aktien leiden aktuell unter dem „Sommerloch“. Insbesondere die Titel großer Ölgesellschaften sind in den vergangenen Wochen unter Druck geraten. Bieten sich hier jetzt gute Kaufchancen? Im SD-Interview schätzt Vollprofi Miriam Kraus die Lage ein und gibt Tipps.

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Die Lage bei Gold und Silber

Der Goldpreis notiert nahe seines Allzeithochs, doch Anleger scheint das irgendwie kalt zu lassen. Jedenfalls kommen Titel von Produzenten und Explorern nicht wirklich vom Fleck.

Wie schätzt eine Börsenexpertin wie Miriam Kraus die Lage ein? Was macht sie als Vollprofi in dieser Situation? SD-Chefredakteur Frank Giarra hat mit der Chefanalystin des exklusiven Rohstoff Anleger Club gesprochen. 

Der Goldpreis notiert unwesentlich unter seinem Allzeithoch. Warum profitieren die Aktien von Produzenten und Explorern noch nicht wirklich davon?

Miriam Kraus: Der Grund, weshalb die Goldpreise ein Allzeithoch nach dem anderen erreichen, ist in erster Linie die starke Nachfrage der globalen Zentralbanken. Deren Netto-Goldkäufe sind im zweiten Quartal im Jahresvergleich um 6% auf 184 Tonnen gestiegen, was auf deren Bedarf an Portfolioschutz und Diversifizierung zurückzuführen ist.

Dagegen sanken die Goldbestände der ETFs um 7 Tonnen im zweiten Quartal. Auch die Nachfrage nach Barren und Münzen ging um 5  auf 261 Tonnen zurück. Das liegt vor allem an der schwachen Nachfrage aus den westlichen Märkten.

Wir sehen also, dass die Goldrallye – unterstützt durch die Zentralbanken – zwar noch von fernöstlichen Anlegern mitgetragen wird, aber an den westlichen Anlegern bislang fast spurlos vorbeiging. Chinesische Anleger kaufen aber bevorzugt physisches Gold und höchstens in China kotierte Wertpapiere, aber keine für uns klassischen Gold-Produzenten, -Entwickler, oder -Explorer. Diese sind hauptsächlich an den Börsen in Kanada, USA und Australien gelistet, mit Zweitlistings in Europa, aber nicht in Asien und schon gar nicht in China.

Ich gehe aber davon aus, dass die westlichen Anleger der Rallye nicht ewig von der Seitenlinie aus zusehen werden. Sobald diese Anleger wieder verstärkt ins Gold zurückkehren, werden auch die Kurse der Gold-Aktien wieder massiv anziehen. Denn diese sind im Vergleich zu Standard-Aktien immer noch nicht hoch bewertet und entfalten vor allem mit steigenden Goldpreisen eine starke Hebelwirkung.

Gold muss man immer haben

Würden Sie sagen, Gold und Silber glänzen gerade besonders schön, also jetzt muss man kaufen?

Miriam Kraus: Nun, grundlegend sollte man natürlich dann kaufen, wenn noch kein anderer kauft, und nicht wenn der Hype schon in aller Munde ist. Aber im Fall von Gold und Silber gilt eben auch, wie ich gerade dargelegt habe, dass das westliche Exposure im Vergleich – und zwar sowohl historisch, als auch im Vergleich zum fernen Osten – noch sehr gering ist. Das heißt, wir können im Gold und auch im Silber – das ja noch keine Allzeit-, aber immerhin 10-Jahres-Hochs erreicht hat – aktuell noch lange nicht von einem großen Hype ausgehen.

Deshalb sehen wir auch – trotz der jüngsten Verluste in den Standardaktienmärkten – keine entsprechenden Preisrutscher im Gold, wie das sonst üblich gewesen wäre, wenn Anleger ihre Verluste aus den Aktienmärkten ausgleichen müssen und dann temporär Gold zur Gewinnmitnahme verkaufen. Stattdessen hält sich Gold sehr stabil und bietet keinen Anlass, kurzfristig von stärkeren Rücksetzern auszugehen.

Silber ist dagegen eher volatiler und hat einen spekulativeren Charakter. Aber der Silbermarkt wird durch ein globales Angebotsdefizit bestimmt, das sich in 2024 erwartungsgemäß noch ausweiten dürfte. Dies ist auf ein Nachfragewachstum von 2% zurückzuführen, das vor allem auf den robusten industriellen Verbrauch zurückzuführen ist, während das Gesamtangebot zuletzt um 1% zurückging, wie der Branchenverband Silver Institute berichtet. Silber, das in verschiedenen Branchen wie der Schmuck-, Elektronik-, Elektrofahrzeug- und Solarindustrie sowie zu Anlagezwecken verwendet wird, steht das vierte Jahr in Folge vor einem strukturellen Marktdefizit, da das Angebot aufgrund jahrelanger Unterinvestition nicht mit der Nachfrage Schritt halten kann.

Gold muss man meiner Meinung nach immer haben und es lohnt sich, Gold immer sukzessive aufzustocken. Und Silber in einem wachsenden Absicherungstrend, wie er jetzt beginnt, ebenfalls. Die letzten Rücksetzer im Silber betrachte ich als Kaufgelegenheiten.

Die Ölpreise werden steigen

Die Ölpreise haben stark nachgegeben. Ist das normal im Sommer oder woran liegt das?

Miriam Kraus: Tatsächlich steigen die Ölpreise saisonal betrachtet ab den Sommermonaten bis in den Herbst hinein traditionell eher an, aufgrund der Summer Driving Season. Soll heißen, im Sommer wird traditionell mehr Kraftstoff für Ferienreisen aller Art verbraucht. Der Grund für den Rückgang der Ölpreise im letzten Monat sind Nachfragesorgen, die eine Kombination aus der Erwartung einer US-Rezession und der möglichen Rücknahme eines Teils der OPEC+-Kürzungen sind.

Allerdings ist der Markt aktuell unterversorgt, was auch jüngst der starke Rückgang der US-Rohölvorräte beweist. Überdies hat die OPEC+ mehr als klar gemacht, dass eine Rücknahme von Angebotskürzungen nur bei entsprechender Nachfrage infrage kommt. Mit anderen Worten: Die OPEC+ wird kein Überangebot im Markt zulassen.

Hinzu kommen auch die immer wieder aufflammenden Angebotsrisiken durch den Nahost-Konflikt. Die Sorgen in Bezug auf die Versorgung wurden in diesem Zusammenhang zuletzt durch Unterbrechungen in Libyens größtem Ölfeld Sharara und den jüngsten ukrainischen Vorstoß auf russisches Gebiet im Ukraine-Krieg noch verstärkt.

Ich betrachte hier vor allem die US-Ölproduktion, deren Wachstum zu wünschen übrig lässt. Der jüngste EIA-Bericht zeigt hier einen Rückgang von 13,239 Millionen b/d auf 13,178 Millionen b/d auf. Doch was vielen Marktteilnehmern noch nicht klar ist: Die implizite US-Ölproduktion ist unter Verwendung der Produktions- und Anpassungsmethode tatsächlich von 13,45 Millionen b/d auf 12,974 Millionen b/d zurückgegangen. Von Februar bis Mai lag die durchschnittliche US-Ölproduktion (EIA 914 + monatliche Anpassung) bei 13,312 Millionen b/d. Im 4. Quartal 2022 lag die US-Ölproduktion nach derselben Methodik bei durchschnittlich 13,183 Millionen b/d. Im Wesentlichen ist die US-Ölproduktion seit Q4 2022 also nur um 129.000 b/d gestiegen. Das beweist eine überaus anämische Wachstumsrate, die viele Anleger und auch Analysten noch gar nicht auf dem Schirm haben.

Kurzfristig wird es auf die chinesischen Konjunkturdaten ankommen, die für Volatilität im Markt sorgen. Doch nach dem jüngsten Kursrücksetzer ist eine Erholung in den für die OPEC+ angenehmeren Bereich um 85 US$ pro Barrel erwartbar.

Öl-Aktien günstig und hohe Dividenden

Die Aktien großer Öl-Gesellschaften erscheinen aktuell sehr günstig. Ist das auch eine Kaufchance, womöglich eine große?

Miriam Kraus: Viele Ölaktien haben neben einer aktuell günstigen Bewertung auch noch hohe Dividenden als zusätzlichen Renditeanreiz zu bieten. Auch wenn die durchschnittlichen Bewertungen im Gesamtsektor mit einem KGV von 10 für 2024 nicht mehr ganz so tief sind, wie zu Beginn des Jahres, als viele Titel nur mit dem 5-fachen ihres Gewinns bewertet wurden, sind Ölaktien nicht teuer im Vergleich zu anderen Sektoren.

Dennoch würde ich hier ganz klar vor allem auf Value-Titel setzen. Nachzügler mit günstigen Bewertungen, die mit positiven Aussichten und hohen Dividenden überzeugen.

Bei welchen Rohstoffen und bei welchen Aktien schlagen Sie jetzt zu?

Miriam Kraus: Ganz klar: Trumpf sind aktuell Value und Gold! Dazu gehören neben unterbewerteten Öl-Titeln und Goldaktien, welche die Rallye des Goldpreises noch zu gehen haben, auch die zuletzt stark zurückgekommenen Uran-Titel, bei denen wir schon am letzten Hoch saftige Gewinne von + 207 % und + 95 % mitgenommen hatten und die jetzt wieder spannende neue Chancen bieten.

Auch Schiffsaktien sind, angesichts der bestehenden strukturellen Probleme in diesem Markt, immer noch sehr günstig bewertet. Ein Sektor, der aktuell ebenfalls noch zu wenig Beachtung erhält, sind Versorgertitel, die im Vergleich zu ihren historischen Bewertungen vielfach noch unterbewertet sind, aber gerade in unsicheren Zeiten als ruhige Depotstabilisatoren gelten. Natürlich haben wir aktuell von allem etwas im Depot des Rohstoff Anleger Club (RAC) zu bieten.

Interessenkonflikt: Mitarbeiter des Herausgebers sowie der Herausgeber selbst halten Aktien des besprochenen Unternehmens Abitibi Metals. Somit besteht konkret und eindeutig ein Interessenkonflikt. Autor und Herausgeber beabsichtigen, die Aktien – je nach Marktsituation auch kurzfristig – zu kaufen oder zu veräußern und könnten dabei von erhöhter Handelsliquidität profitieren. Ein weiterer erheblicher Interessenkonflikt besteht darin, dass der Herausgeber für seine Berichterstattung über Abitibi Metals vom Unternehmen vergütet wurde. 

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