Greenvironment – «Jetzt gilt es, Investorenvertrauen zurückzugewinnen»

Marc Rendenbach
31.10.11

Was ist los bei der Greenvironment plc (WKN: A1JLT1)? Trotz anhaltend starker News und sehr vielversprechenden Rahmenbedingungen scheint der Aktienkurs der Geschäftsentwicklung nicht zu folgen - im Gegenteil! Müssen sich Anleger Sorgen machen? Wir sprachen mit Greenvironment-CEO Matti Malkamäki sowohl über das operative Geschäft des KWK-Technologiespzialisten als auch über die Aktie. Auch nach diesem Interview bleiben wir mehr denn je der Meinung: Greenvironment gehört die Zukunft!

Nach einem sommerlichen Höhenflug hat bei Ihrer Aktie eine regelrechte Talfahrt eingesetzt, dabei sind uns keine negativen Entwicklungen bekannt. Wie erklären Sie sich den Kursverlauf?

Matti Malkamäki: Die Greenvironment-Aktie konnte sich einerseits den allgemeinen Marktturbulenzen nicht entziehen. Andererseits müssen wir uns ankreiden lassen, dass sich einige Ereignisse (Entry Standard Wechsel, Wertpapierprospekt) nach hinten verschoben haben und dass die Meldung über die RWE-Kooperation eher für Verwirrung sorgte, als dass sie sich positiv auf den Kurs ausgewirkt hat. Wir haben versucht gegenzusteuern, indem wir den CEO Blog ins Leben gerufen und uns bei Investorenveranstaltungen präsentiert haben. Wir können nicht ausschließen, dass Investoren auch aufgrund der Aktienzusammenlegung short gegangen sind. Im Zuge dessen haben wohl auch andere Investoren die Geduld und das Vertrauen in Greenvironment verloren. Jetzt gilt es, dieses Investorenvertrauen zurückzugewinnen.

Zuletzt hatten Sie für das laufende Geschäftsjahr mindestens 20 Millionen Euro Umsatz und eine schwarze Null in Aussicht gestellt. Nächstes Jahr sollen bei rund 50 Millionen Euro Umsatz schon 4-5 Millionen Euro Nettogewinn erzielt werden. Bleibt’s dabei?

Matti Malkamäki: An diesen Planzahlen hat sich nichts geändert.

Wie ist der aktuelle Stand in Sachen Segmentwechsel und Wertpapierprospekt?

Matti Malkamäki: Wir haben gute Fortschritte bei der Vorbereitung unseres Wechsels in den Entry Standard gemacht. Da die rechtlichen, finanziellen und geschäftlichen Informationen von unserer Seite adäquat vorbereitet werden müssen, erwarten wir, dass all diese Arbeiten spätestens bis Ende November 2011 abgeschlossen sein werden.

Kommen wir zu Ihrem Geschäft an sich: Der KWK-Markt erlebt derzeit einen enormen Aufschwung. Ihr Unternehmen ist in diesem Bereich führend beim Einsatz von Mikrogasturbinen. Sie sagten einmal, es sei Ihr Plan, den Markt in Richtung Ihrer Technologie zu bewegen. Sehen Sie bereits Fortschritte?

Matti Malkamäki: Im osteuropäischen Ausland entwickelt sich der Markt definitiv in unsere Richtung, wohingegen das modifizierte EEG unser Geschäft in Deutschland nicht unbedingt unterstützt.

Während Mikrogasturbinen zweifellos deutliche Vorteile gegenüber der Motoren-Technik mitbringen, werden als Nachteile vor allem die vergleichsweise hohen Investitionskosten und der geringere elektrische Wirkungsgrad genannt. Besteht die realistische Chance, dass sich Ihre Technologie in dieser Hinsicht „verbessert“?

Matti Malkamäki: Capstone arbeitet intensiv an der Weiterentwicklung der Mikrogasturbinen. Diese sollen dann einen verbesserten elektrischen Wirkungsgrad aufweisen, so dass wir in diesem Punkt mit der Performance der Motoren-Technik zumindest gleichziehen bzw. diese sogar überholen können. Auf Seiten von Capstone gab es hier leider etwas Verzögerungen, so dass neue Turbinen erst in gut 12 Monaten auf den Markt kommen dürften.

Bei welchen Anwendungen genau sehen Sie für Mikrogasturbinen-Technologie das größte Potenzial?

Matti Malkamäki: Derzeit sehe ich das größte Potenzial bei industriellen Lösungen. Grundsätzlich haben Mikrogasturbinen alles, was für eine sinnvolle industrielle KWK-Anlage gebraucht wird: 1) eine gute Verfügbarkeit, 2) die Möglichkeit, Hochtemperatur-Wärmegewinnungslösungen mit  bis zu 140 Grad Celsius warmem Wasser ohne zusätzliche Brenner zu bieten, 3) größtmögliche Flexibilität und last but not least 4) einen besonders guten Teillast-Wirkungsgrad und geringen Wartungsbedarf. Dies alles passt zu einem Markt, der gesehen von den meisten Beratern als attraktivstem angesehen wird: Industrielle Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sind wirklich der am schnellsten wachsende Teil unseres Geschäftes.

Mikrogasturbinen-KWK-Anlage von Greenvironment

Greenvironment wächst rasant und konnte für dieses Geschäftsjahr bereits 12 Millionen Euro Umsatz in nur sieben Monaten sichern. Wie bewerkstelligt eine augenscheinlich noch so junge, kleine Firma dieses Wachstum?

Matti Malkamäki: Greenvironment wurde im Jahre 2002 gegründet, also so jung sind wir gar nicht mehr. Ein typischer Systemintegrator wie Greenvironment wählt hochentwickelte Technologien von verschiedenen Originalherstellern aus und steuert zu diesen Komponenten einen zusätzlichen Mehrwert bei, um ein neues Produkt zu designen. Im Fall von Greenvironment ist das eine KWK-Anlage. In diesem Geschäftsmodell können „niedere“ Arbeiten, wie die Fertigstellung der KWK-Anlagen, ausgegliedert werden. Typische Systemintegratoren beschäftigen hauptsächlich einen Stamm an Fachingenieuren, um das technische Know-how vorzuhalten sowie Manager, um die Geschäftsentwicklung voranzutreiben. Ein essentieller Teil, um das Geschäft weiterzubringen, ist es, den richtigen Vertriebskanal sowie lokale Partner zu finden, um in der Lage zu sein, leichtere Arbeiten in der jeweiligen Region ausgliedern zu können. Vom finanziellen Blickwinkel aus gesehen bedeutet dies, dass Investitionen mehr für Projekte als für Maschinen gebraucht werden. Nachdem der Vertriebsplan für die jeweiligen Länder mit dem lokalen technischen Team aufgestellt wurde, wird klar, dass es nur weniger Personen bedarf, um unsere bedeutenden Umsatzziele zu erreichen.

Das Thema Projektfinanzierung stand bei Ihnen zuletzt immer weit oben auf der Agenda. Wie laufen diesbezüglich die Verhandlungen?

Matti Malkamäki: Wir stehen nach wie vor in Verhandlungen mit einer Reihe von potenziellen Finanzierern. Wir sind optimistisch, dass wir uns bis Jahresende die notwendige Projektfinanzierung mit einem oder mehreren Partnern sichern können. Hierbei liegt unser Fokus auf einer Fremdkapitalfinanzierung.

Wir haben kürzlich etwas von asiatischen Investoren in Zusammenhang mit Greenvironment gelesen? Können Sie hierzu etwas sagen?

Matti Malkamäki: In Asien existiert starker Anlagebedarf und Investoren sind auf der Suche nach vielversprechenden Investments. Wenn ich von Investoren rede, meine ich damit auch große Investmentfonds und sogar Energieversorger. Wir befinden uns diesbezüglich in Gesprächen. Mehr können wir aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.

Nochmal zurück zu Ihrem operativen Geschäft. Sie sehen vor allem starke Kooperationen und Joint Ventures als Basis für Ihren zukünftigen Erfolg. Gerade erst haben Sie eine Zusammenarbeit mit dem polnischen Energiekonzern Dalkia vermeldet, vor einigen Monaten bereits einen Deal mit RWE. Und auch der französische Branchenriese GDF Suez wurde in Zusammenhang mit Ihrem Unternehmen bereits erwähnt. Erklären Sie uns doch bitte einmal genau, wie Greenvironment von solchen Abkommen profitiert.

Matti Malkamäki: Es ist sehr mühselig, relativ kleine „Stand-alone“-Projekte zu akquirieren. Das sieht man recht gut bei unserem deutschen Wettbewerber E-quad, der seit dem Jahr 2000 am Markt ist. Mit Blick auf die Referenzen von E-quad fällt auf, dass sich diese Firma hauptsächlich im Marktsegment 30-65 kW bewegt, während Greenvironment derzeit hauptsächlich die 200 kW Turbine aufwärts installiert. Obwohl Greenvironment sieben Jahre später in den Markt eingetreten ist, haben wir diese Firma in puncto MW installierter Leistung längst weit hinter uns gelassen. Anstatt kleiner Projekte treiben wir unsere Geschäftsentwicklung über gute Multiplikatoren voran. Der Fall Schmalkalden ist ein Beispiel für diese Art von Multiplikatoren. Andere könnten zum Beispiel größere Industrieunternehmen sein, die eine Testanlage mit unserer Technologie installieren und diese Lösung dann auf möglichst alle ihre Standorte übertragen. Ein weiteres Beispiel sind Vertriebskooperationen mit namhaften, etablierten Gesellschaften, wie nun Dalkia Polska.

Sehen Sie nicht die Gefahr, dass Know-how abgeschöpft wird und einige Ihrer Partner „auf eigene Faust“ in Ihren Markt einsteigen könnten?

Matti Malkamäki: Das ist ziemlich unwahrscheinlich. Die Markteintrittsbarrieren sind recht hoch. Einerseits braucht man eine Lizenz von Capstone Turbine Corp. und zum anderen kann man unser - über viele Jahre - erworbenes Know-how nicht einfach abschöpfen. Darüber hinaus haben wir für neue Capstone-Produkte ein „Right of First Refusal“. Unsere Partner haben Greenvironment als Technologiespezialisten ausgewählt, um die jeweiligen Märkte gemeinsam zu entwickeln. Es stellt eine Win-Win-Situation für alle Parteien dar, wenn jeder sich auf sein Spezialgebiet konzentriert.

Zum Schluss noch einmal zu Ihrer Aktie. Unseren Beobachtungen zufolge wird Greenvironment immer wieder mit der Firma 2G Energy AG aus dem nordrhein-westfälischen Heek verglichen. Am Kapitalmarkt machte Ihr Konkurrent durch eine phänomenale Wertsteigerung von über 1000% in weniger als drei Jahren auf sich aufmerksam. Können Sie Ihren Aktionären eine Aufholjagd versprechen? Immerhin ist Ihre Technologie doch die weitaus innovativere …

Matti Malkamäki: Leider sind dem Management durch die Lock-Up-Vereinbarung die Hände gebunden, um die aktuellen Kurse für Nachkäufe zu nutzen. Wir können unseren Aktionären indes versprechen, dass wir hart arbeiten werden, um unsere Ziele zu erreichen und idealerweise zu übertreffen. Dann wird sich auch der Aktienkurs wieder deutlich verbessern. Die Analysten von First Berlin Equity Research sehen vorerst ein Kursziel von 4,50 Euro für die Greenvironment-Aktie.

Erklärung nach § 34b Abs. 1 des Wertpapierhandelsgesetzes
Die Autoren erklären, dass sie im Besitz von Finanzinstrumenten sein könnten, auf die sich die hier publizierten Beiträge beziehen. Hierdurch besteht die Möglichkeit eines Interessenkonfliktes.

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