HelloFresh: Hervorragende Quartalszahlen, aber...

Marc Rendenbach
13.08.19

Zu den Tagesgewinnern im SDAX zählt heute das Papier des Kochboxenversenders HelloFresh (WKN: A16140) mit Kursgewinnen von über +10%. Grund hierfür waren die heute vorgelegten Quartalszahlen, die besser als erwartet ausgefallen sind. Genau genommen sind sie sogar hervorragend ausgefallen, denn immerhin konnte die Gesellschaft im abgelaufenen zweiten Quartal einen Gewinn (auf Basis des bereinigten EBITDA) ausweisen.

Konkret verzeichnete HelloFresh in Q2/2019 einen Quartalsumsatz von 437 Mio. Euro (nach 320 Mio. Euro im Vorjahr; +37% bzw. währungsbereinigt +31,5%) bei einer bereinigten EBITDA-Marge von 4,2% (im wettbewerbsintensiven US-Geschäft, der Marktführer dort heißt bekanntlich Blue Apron, lag diese bei nur 2,9%, insgesamt im internationalen Geschäft jedoch bei herausragenden 11,5%) und somit ein bereinigtes EBITDA von knapp 18,0 Mio. Euro.

Das muss man sich in der Tat nochmal auf der Zunge zergehen lassen. Wo Supermarktketten wie Aldi, Edeka, Kaufland, Lidl oder Rewe im Lebensmittel-Business mit Margen von 2-3% leben müssen, schafft der Newcomer HelloFresh eine EBITDA-Marge von 4,2% und im internationalen Geschäft – lässt man den wettbewerbsintensiven US-Markt einmal außen vor – sogar von mehr als 11%. Kein Wunder, dass HelloFresh in der Vergangenheit daher als Übernahmekandidat für Edeka oder Rewe galt bzw. gilt.

Eine Lösung für das margenschwache US-Geschäft...

Die größte Herausforderung für das Management um CEO Dominik Richter ist daher gegenwärtig jetzt auch noch die Marge im US-Geschäft deutlich zu verbessern. Eine solche Lösung dürfte sich jedoch nur gemeinsam mit dem dortigen Marktführer Blue Apron finden lassen. Bei einem aktuellen Aktienkurs von weniger als acht US-Dollar bei Blue Apron wäre aber eine Übernahme für HelloFresh sicherlich machbar.

Denn deren Börsenwert liegt somit bei nur ca. 103 Mio. US-Dollar (ca. 92 Mio. Euro), wohingegen HelloFresh selbst jetzt eine Market Cap. von über 1,73 Mrd. Euro (knapp 2,0 Mrd. US-Dollar) aufweist. Dabei halte ich die Bewertung von HelloFresh mit einem KUV 2019e von ca. eins für nicht zu hoch. Auch wenn Blue Apron sogar nur ein KUV 2019e von ca. 0,2 aufweist. Was jedoch an der dort zuletzt rückläufigen Umsatzentwicklung liegt.

Blue Apron: Kann und möchte HelloFresh den US-Wettbewerber möglicherweise schlucken?

Großaktionär Rocket Internet ist komplett raus!

Mit dem ehemaligen Großaktionär Rocket Internet jedenfalls würde es dabei inzwischen keine Probleme mehr geben. Denn die Beteiligungsgesellschaft der Samwer Brüder hat ihre Beteiligung an HelloFresh bekanntlich bereits im Mai komplett versilbert. Seinerzeit wurden alle noch verbliebenen 43,7 Mio. Aktien zu acht Euro pro Stück bei überwiegend institutionellen Anlegern platziert, was für diese rückblickend ein guter Deal war.

Denn nach den guten News heute notiert die Aktie inzwischen mehr als +30% höher bei über 10,50 Euro. Allerdings kann man sich natürlich – trotz der positiven News heute – durchaus die Frage stellen, warum Rocket Internet seinerzeit für acht Euro je Aktie verkauft hat. Zumal die Samwers sicherlich einen genaueren Einblick in die Geschäftsentwicklung des Unternehmens haben dürften als die meisten (Klein)Anleger.

Eine ausgepackt Kochbox aus dem Hause HelloFresh...

Ich würde diesen Komplettausstieg daher, neben der deutlich niedrigeren Bewertung des US-Wettbewerbers Blue Apron – daher durchaus als Warnzeichen ansehen. Langer Rede, kurzer Sinn: Ohne eine deutlich Verbesserung des US-Geschäfts sowie weiterhin stabilen Geschäften in den übrigen Märkten, wird es HelloFresh in Zukunft schwer haben die aktuelle Bewertung zu halten. Da jedoch eine Rezession immer wahrscheinlicher wird und das Geschäft des Unternehmens konjunktursensibel sein dürfte, würde ich die Aktie zu Kursen über 10 Euro zumindest nicht mehr kaufen.

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