Hensoldt: Super-Militäretat war erst der Anfang
Die Hensoldt-Aktie (WKN: HAG000) war nach Kriegsausbruch der Überflieger unter den Rüstungstiteln. Der etwas überzogene Kurs ändert jedoch nichts an den starken Auftragsaussichten des Radar-Spezialisten. CEO Thomas Müller macht sich nun dafür stark, dass Investitionen in die Verteidigungsindustrie in Europa bald als nachhaltig gelten – ähnlich wie es seit Kurzem für Atomkraft gilt. Das ist kein reines Wunschdenken des Hensoldt-Chefs, die EU-Kommission diskutiert derzeit bereits eine Reihe ähnlicher Vorschlägen hinsichtlich der Verteidigungsausgaben.
Die Hensoldt AG ist aus ehemaligen Geschäftsbereichen des Luftfahrtkonzerns Airbus entstanden. Die Rüstungsfirma mit Sitz in Taufkirchen bei München ist spezialisiert auf Radar- und Sensortechnologien sowie elektronische Ausstattung für Kampfjets. Seit September 2020 ist die Aktie an der deutschen Börse notiert, Großaktionäre sind die Bundesregierung und der italienische Rüstungshersteller Leonardo mit jeweils 25,1%. Die Marktkapitalisierung des Unternehmens liegt derzeit bei gut 2 Milliarden €.
Verteidigungsindustrie bald nachhaltig?
Seit Kurzem stuft die EU-Kommission Gas- und Atomkraftwerke unter bestimmten Auflagen als klimafreundlich ein. Nun rechnet Hensoldt angesichts des Ukraine-Kriegs für die Verteidigungsindustrie ebenfalls mit einem Umdenken bei den europäischen Nachhaltigkeitsregeln.
Hensoldt-Vorstandsschef Thomas Müller sagte gestern der Euro am Sonntag:
Aus unserer Sicht ist es von größter Bedeutung, dass der Begriff der Nachhaltigkeit weiter gefasst wird, um die Verteidigungsindustrie einzubeziehen. Denn ohne Sicherheit gibt es keine Nachhaltigkeit.
Die Diskussion um die EU-Taxonomieregeln werde nun eine neue Dynamik erhalten, sagte Müller. „Ich gehe davon aus, dass unsere Position gehört wird.“
Militärausgaben bald nicht mehr in EU-Haushaltsregeln berücksichtigt?
Aufgrund des Anlagetrends Nachhaltigkeit sind Rüstungsaktien wie Hensoldt zuletzt ins Abseits geraten. Ähnlich wie die Ölindustrie oder die Tabakhersteller passen Militärtitel nicht in die modernen ESG-Portfolios, weshalb sie zuletzt auch verstärkt von institutionellen Anlegern abgestoßen wurden.
Der skrupellose Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat in Europa jedoch vielen politischen Entscheidungsträgern schlagartig die Augen geöffnet. Die Erkenntnis, dass ein funktionales Militär notwendig ist, um Frieden und Demokratie zu wahren, ist überall auf dem Kontinent angekommen. Selbst linke Parteien mussten kleinlaut eingestehen, die Gefahr durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin falsch eingeschätzt zu haben.
Die Aussagen von Hensoldt-Chef Müller sind daher nicht etwa nur der Versuch, Lobby zu machen für die Interessen des Konzerns. Bei der EU-Kommission gibt es schließlich bereits Überlegungen, Militäraufwendungen auch bei den Haushaltsregeln für Mitgliedsstaaten nicht mehr zu berücksichtigen – wie es bereits für Klimaschutzausgaben diskutiert wurde.
Aussichten auf Milliardenaufträge
Die ehemalige Elektroniksparte von Airbus hat sich in den vergangenen Jahren zur Erfolgsstory verwandelt. Das Unternehmen entwickelt unter anderem ein sogenanntes Passivradar, mit dem auch Tarnkappenbomber aufgespürt werden können, ohne selbst als Radarstation entdeckt zu werden. Vor allem amerikanische Firmen sind brennend an der Technik interessiert. Die Bundesregierung will ebenfalls insbesondere ihre Luftstreitkräfte verstärken.
Auch andere Teile Europas werden nun deutlich mehr in militärische Sensortechnik investieren müssen, um mit den Vereinigten Staaten auf Augenhöhe zu kommen. Dem Marktführer Hensoldt winken somit für seine Super-Radars neue Milliardenaufträge.
Prognosen dürften steigen
Nach dem ersten Hype über den Rüstungsboom war der Aktienpreis des Radar-Spezialisten kurzfristig überzogen. Der Großaktionär KKR sah das offenbar genauso und verkaufte jüngst sein Aktienpaket von knapp 10% an institutionelle Anleger. Den Kurs dürfte das allerdings nur kurzfristig belasten. Es ändert nichts an den Aussichten auf substanzielle Aufträge in den nächsten Jahren.
Für das laufende Geschäftsjahr hatte das Management bei der Bilanzvorstellung eine Woche vor Kriegsbeginn ein Umsatzplus von 15% angekündigt. Das operative Ergebnis (EBITDA) sollte um 9 bis 15% steigen. Angesichts der unverhofften Auftragsaussichten dürften die kurz- und mittelfristigen Prognosen jedoch nun deutlich üppiger ausfallen.
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