Leoni: Lockt hier ein irres Schnäppchen?
Die schon häufig totgesagte Leoni (WKN: 540888) schaffte in den vergangenen zwei Jahren Corona und weltweiten Lieferkettenproblemen zum Trotz einen bemerkenswerten Turnaround. Gestern Abend bestätigte das Unternehmen jedoch völlig überraschend, dass es ins Fadenkreuz des Bundeskartellamts gerückt ist. Nach Bekanntwerden der Nachricht notierte der Titel nachbörslich auf Tradegate -3% tiefer bei 10,50€. Wie sollten Anleger auf den Schock reagieren?
Leoni ist ein führender deutscher Hersteller in den Produktgruppen Drähte, Kabel und Bordnetz-Systeme. Das Nürnberger Unternehmen hat gestern bestätigt, dass es am Dienstag an Standorten des Autozulieferers eine Durchsuchungsaktion gegeben hat. Demnach ging das Bundeskartellamt dem Verdacht nach, dass verschiedene Kabelhersteller und branchennahe Verbände illegale Absprachen getätigt haben sollen.
Konkret geht es laut Leoni darum, dass die Leitungsproduzenten „die Berechnung branchenüblicher Metallzuschläge in Deutschland miteinander koordiniert haben sollen“. Mit diesen Zuschlägen passen Kabelhersteller die Preise etwa für Kupfer oder Aluminium an den tagesaktuellen Börsenkurs an. „Die Leoni AG kooperiert mit den Behörden und wird die Vorwürfe prüfen“, teilte das Unternehmen mit.
Erfolgreicher Turnaround
Die Meldung kommt für Leoni wahrlich zur Unzeit. Der lange angeschlagene Autozulieferer war zuletzt auf dem besten Weg, wieder in die Spur zu finden – nach vielen Jahren, die von hohen Verlusten und negativen freien Cashflows geprägt waren. Durch die schlechte Geschäftsentwicklung zwischen 2014 und 2019 flog der Titel des Kabelherstellers nacheinander aus dem MDAX und SDAX.
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Es war ein Schuss vor den Bug des Kabelherstellers. Seither bauen die Nürnberger ihr Unternehmen radikal um: Es wird gespart, verkauft und umstrukturiert. So veräußerte Leoni große Teile seines Kabelgeschäfts, das nicht für die Autoindustrie arbeitet, für 300 Millionen € an einen US-Investor. Die Zahl der Mitarbeiter senkte das Unternehmen im vergangenen Jahr von 102.000 auf 95.000 weltweit. Mit dem Stellenabbau will das Unternehmen jährlich 700 Millionen € an Kosten einsparen.
Großinvestor stieg im Sommer ein
Die Anlegerzuversicht wuchs weiter, als der österreichische Investor Stefan Pierer im letzten Sommer als Großaktionär bei Leoni einstieg. Pierer ist bekannt dafür, dass er bedrohte Unternehmen wieder flottmachen kann. In den frühen Neunzigern kaufte er die fast insolvente Motorradfirma KTM und machte sie zu einem der profitabelsten Zweiradhersteller der Welt.
So arbeitete sich das Unternehmen aus den zeitweise tiefroten Zahlen und schreibt seit dem ersten Quartal 2021 wieder Gewinne. In den ersten neuen Monaten steht für die Nürnberger ein Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 76 Millionen € zu Buche – nach einem Minus von 217 Millionen € im Vorjahr. Auch für das Gesamtjahr rechnet Leoni mit einem positiven Ergebnis.
Obwohl es für Leoni operativ wieder besser läuft, kämpft der Autozulieferer immer noch gegen einen Berg an Verbindlichkeiten. So sind die Netto-Finanzschulden zum Ende des dritten Quartals gegenüber dem Vorjahr von 1,5 auf 1,67 Milliarden € gewachsen. Die Eigenkapitalquote sank gleichzeitig von 10,2 auf 7,2%.
Ein kalkulierbares Risiko
Trotz Pandemie und globaler Lieferprobleme ist es der Leoni AG in den vergangenen zwei Jahren gelungen, sich operativ zu stabilisieren und zurück in die Gewinnzone zu kämpfen. Die Razzia des Bundeskartellamts wird jedoch vielen Anlegern Sorgen bereiten. So ist im Laufe der nächsten Tage mit weiteren Abschlägen für den Nebenwert zu rechnen. Was den Verdacht illegaler Preisabsprachen angeht, sollte jedoch zunächst die Unschuldsvermutung gelten.
Fakt ist: Auf Basis von 2022 liegt das Kurs-Umsatz-Verhältnis des Nürnberger Unternehmens gerade einmal bei 0,07. Wer bereit ist, ein kalkuliertes Rechtsrisiko zu tragen, kann mit dem wiederbelebten Autozulieferer möglicherweise ein irres Schnäppchen machen.
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