Lufthansa: Die Liquidität schmilzt drastisch

Marco Messina
06.08.20

Aktionäre der Kranich-Airline Lufthansa (WKN: 823212) atmen zunächst auf. Die Quartalszahlen sind besser als erwartet ausgefallen, aber wird der Staat dennoch noch mal unter die Arme greifen müssen?

Im abgelaufenen Quartal hat die durch die Coronavirus-Pandemie in Schieflage geratene Deutsche Lufthansa erwartungsgemäß einen Milliardenverlust eingeflogen. Oder wie ich sage, eher nicht eingeflogen, da kaum Flüge stattgefunden haben.

Die deutliche Steigerung der Frachtflüge der Tochter Cargo sorgten allerdings dafür, dass das Ergebnis nicht noch schlechter ausgefallen ist. Anleger reagieren zunächst im frühen Handel erleichtert und greifen bei den Papieren bei Preisen um 8,70 Euro mit einem Aufschlag von über +5% beherzt zu.

Ich sehe die Entwicklung weiterhin etwas skeptischer. Der operative Verlust summierte sich auf satte 1,7 Milliarden Euro, sodass das Cashpolster kräftig dahingeschmolzen ist. Nur noch 2,5 Milliarden Euro Liquidität sollen vor den Hilfen des Bundes am Stichtag 30. Juni 2020 auf den Konten vorhanden gewesen sein. Das erste Rettungspaket kam daher auf den letzten Drücker. Wie lange wird dieses neue Liquiditätspolster in Höhe von rund 9 Milliarden Euro reichen?

Die Airline ohne echte Flugtätigkeit verliert rund 800 Millionen Euro im Monat und erst mit nachhaltigen Veränderungen in den weltweiten Flugplänen dürfte eine deutliche Verbesserung stattfinden. Wird der Bund in einigen Monaten noch mal ein weiteres Hilfspaket schnüren müssen?

Restrukturierungsprogramm soll Wende einläuten

Das Management um den Lufthansa-Chef Carsten Spohr erwartet, dass im 4. Quartal dieses Jahres rund 50 Prozent der Langstreckenflüge aus dem vergangenen Jahr wieder geflogen werden können und erwartet darüber hinaus im Laufe des Jahres 2021 wieder einen positiven Cashflow.

Ich halte diese Annahme in Anbetracht der weltweiten Entwicklung der Pandemie für mutig und auch etwas riskant, da einige Länder sehr schnell die Schotten erneut dichtmachen könnten und die derzeitige Liquidität wie Butter in der Sonne weiter dahinschmelzen wird.

Als Kurstreiber muss daher jetzt ein Restrukturierungsprogramm dienen. Das neue Restrukturierungsprogramm mit dem Namen "ReNew" sieht den Abbau von 22.000 Vollzeitstellen von derzeit insgesamt fast 130.000 Mitarbeitern in der Lufthansa Group vor. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres hat das Unternehmen bereits 8.600 Stellen im Vergleich zum Vorjahr abgebaut. Die Konzernflotte soll zusätzlich dauerhaft um mindestens 100 Flugzeuge verkleinert werden.

Dennoch soll die Kapazität im Jahr 2024 wieder der des Jahres 2019 entsprechen. Durch das Restrukturierungsprogramm soll die Produktivität um 15 Prozent gesteigert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die Flugbetriebe auf maximal zehn zusammengelegt werden.

Was ich an diesen Maßnahmen sehr beachtlich finde, ist dass die Lufthansa die Vorstands- und Geschäftsführungsgremien der Konzerngesellschaften verkleinern und die Zahl der Führungskräfte um 20 Prozent senken möchte. Endlich wird mal am Wasserkopf etwas verändert anstatt nur bei den operativ tätigen Mitarbeitern.

Dieser Personalabbau dürfte aber nicht komplett sozial verträglich durch altersbedingtes Ausscheiden funktionieren und betriebsbedingte Kündigungen dürften kein Tabuwort mehr sein. Das sollte ein erhebliches Loch in die derzeit klammen Kassen reißen.

Gerade langjährige Führungskräfte werden für ihre Abfindung deutlich höhere Abfindungsbeträge als ein halbes Monatsgehalt je Jahr der Betriebszugehörigkeit vor den Arbeitsgerichten einklagen. Dieses halbe Gehalt je Berufsjahr steht den Angestellten bei einer betriebsbedingten Kündigung gemäß Kündigungsschutzgesetz zu, wenn er nicht gegen seine Kündigung klagt.

Muss der Staat dennoch noch mal unter die Arme greifen?

Neue Jahrestiefstkurse könnten in der kommenden Woche möglich sein. Jeder Anleger sollte sich bewusst sein, dass es bei erneut aufkommenden Problemen im weltweiten Flugverkehr nahezu unmöglich ist, ohne weitere staatliche Hilfe durch die kommenden Monate und Jahre zu kommen.

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