Lufthansa: Was der abgeblasene Deal für Anleger bedeutet

01.12.23

Die Lufthansa-Aktie (WKN: 823212) rutscht um -1% ab, nachdem der Konzern das Ende seiner Verkaufspläne für die Wartungstochter bekanntgegeben hat. Viele Anleger trauern nun um den Shareholder-Value, den die lange diskutierte Teilveräußerung hätte freisetzen können. Von Trauer kann für geduldige Investoren jedoch nicht die Rede sein.

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Mit einer Flottengröße von über 300 Flugzeugen und mehr als 200 Flugzielen in der ganzen Welt zählt die Lufthansa zu den zehn größten Fluggesellschaften der Welt. Unter dem Dach der Lufthansa-Gruppe befinden sich die Marken Austrian, Brussels Airlines, Air Dolomiti, Eurowings und Swiss. Zum Kranich-Imperium gehören zudem die Fracht-Fluggesellschaft Lufthansa Cargo sowie der Wartungsanbieter Lufthansa Technik. Der Börsenwert liegt derzeit bei ca. 9,6 Milliarden €.

Kein Verkauf der Lufthansa Technik

Investoren, die sich für die Lufthansa vereinfachte Konzernstrukturen gewünscht haben, hatten vor einigen Wochen Grund zu feiern. Per Ende Oktober wurde der im April vereinbarte Verkauf der Catering-Sparte, die 160 Unternehmen umfasste und nicht gerade margenstark war, abgeschlossen.

Die am heutigen Donnerstag veröffentlichte Entscheidung der Fluggesellschaft werden die gleichen Investoren voraussichtlich jedoch als einen Rückschlag betrachten. Der Anteilsverkauf von Lufthansa Technik wurde nämlich abgeblasen. Die jüngsten Veräußerungspläne, wonach ein 20%-Anteil der Wartungssparte an einen Private-Equity-Investor gehen soll, wären damit vom Tisch.

Neue Perspektiven für die Wartungssparte

Stattdessen will der Mutterkonzern den Angaben nach nun die zuletzt entwickelten Wachstumspläne für die Technik-Abteilung eigenständig umsetzen. Der CEO des Geschäftsbereichs, Sören Stark, sprach demnach von „sehr ehrgeizigen Zielen für die kommenden Jahre“.

Das klingt nicht mehr nach den früheren Aussagen der Kranich-Gesellschaft, wonach man sich stärker auf die Airline-Aktivitäten konzentrieren will. Für den Strategie-Schwenk gibt es jedoch offenbar gute Gründe. Die Rede ist von einer veränderten Marktentwicklung bei Triebwerken, die nun neue Perspektiven eröffnen würde.

Damit bezieht sich der Konzern auf die anhaltenden Probleme von Triebwerkshersteller, welchen den strategischen Wert der Wartungssparte in den vergangenen Monaten deutlich erhöht hätten. Das Management erwartet demnach in diesem Bereich eine dauerhaft erhöhte Nachfrage nach Reparatur- und Überholungsleistungen. Dazu trage nicht nur die steigende Zahl älterer Triebwerke bei. Neu entwickelte Aggregate hätten sich ebenfalls als wartungsintensiv herausgestellt.

Große Investitionspläne

Das Wachstumsprogramm der Lufthansa Technik „Ambition 2030“ macht seinem Namen daher aller Ehre. Die „umfassenden“ Investitionen sehen vor, bestehende Standorte zu erweitern, ein weiteres Werk in Europa zu bauen, die digitalen Geschäftsmodelle auszubauen und möglicherweise auch Zukäufe zu tätigen.

Unter anderem wegen eines umfangreichen Rückrufs des Triebwerksherstellers Pratt & Whitney steuert die Wartungstochter beim bereinigten operativen Gewinn auf ein zweites Rekordjahr zu. 2022 lag das Ergebnis bei 511 Millionen €. Auch der Umsatz könnte im besten Fall zweistellig wachsen.

Aktie dreht nach News ins Minus

Die Lufthansa-Aktie ist nach Bekanntwerden der gestrichenen Verkaufspläne ins Minus gerutscht. Der MDAX-Titel ging am Donnerstag mit einem Tagesverlust von -1,25% bei 7,92 € aus dem Handel. Die Reaktion an der Börse macht klar, dass sich Anleger mit der Transaktion eigentlich die Freisetzung von Shareholder-Value erhofft hatten. Das ist nun passé.

Aus meiner Sicht überwiegt jedoch der positive Aspekt der Meldung. Schließlich hat sich das bereits hochprofitabler Geschäftsbereich zuletzt derart stark weiterentwickelt, dass die Lufthansa keinen Grund sieht, einen Teil der Sparte zu verkaufen und damit auch Mitspracherechte abzugeben.

Hier drück der Schuh

Während es bei der Lufthansa Technik, die im vergangenen Jahr rund 17% der Gesamterlöse erwirtschaftete, wie geschmiert läuft, gibt es im Kerngeschäft einige Baustellen. Zum einen drücken die gestiegenen Treibstoffkosten auf die Margen, einige US-Airlines haben kürzlich schon Gewinnwarnungen abgegeben.

Zum anderen lässt die EU-Kommission die Kranich-Airline hinsichtlich der Zustimmung für die Übernahme der italienischen Staatsfluglinie ITA zappeln. Offenbar verlangt Brüssel, dass der MDAX-Konzern sein Langstreckenangebot reduziert, um nicht ein Quasi-Monopol auf dem zentraleuropäischen Markt zu schaffen.

Mein Fazit: Veritables Investment

Auch wenn die Lufthansa-Aktie in den kommenden Monaten noch mit Gegenwinden zu rechnen hat, halte ich die Fluggesellschaft weiterhin für ein veritables Investment. Ich rechne mit dem Abschluss der ITA-Übernahme im kommenden Auftaktquartal – und zwar ohne größere Zugeständnisse für den MDAX-Konzern. Die Entscheidung, die Technik-Sparte weiter im Alleingang zu entwickeln, wird sich aus meiner Sicht letztendlich ebenfalls für Anleger auszahlen.

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