MercadoLibre-Aktie: Kaufen nach dem Kurssturz?

Nachdem die MercadoLibre-Aktie am Donnerstag um 16% in den Keller rauschte, konnte sie sich zum Wochenausklang am Freitag mit einem Plus von 5% teilweise erholen. Was steckt hinter dem massiven Kurseinbruch und ist er eine gute Einstiegsgelegenheit?

Umsatz top, Ergebnis flop

Auslöser des Kurseinbruchs der MercadoLibre-Aktie war die Bekanntgabe der Quartalszahlen. Am Umsatz lag es nicht, denn die Erlöse des lateinamerikanischen E-Commerce-Giganten stiegen im dritten Quartal um 35% gegenüber dem Vorjahr auf 5,3 Milliarden US$ und lagen damit leicht über dem Analystenkonsens.

Ebenfalls sehr positiv entwickelte sich der Bruttowarenwert mit einem Anstieg um 14% auf 12,9 Milliarden US$. Auch die Zahl der verkauften Produkte und die Zahl der Kunden erhöhten sich um 28 bzw. 21%.

Doch das operative Ergebnis nach Zinsen und Steuern lag mit 600 Millionen US$ um ganze 20% unter der Markterwartung, was auch die negative Reaktion der Börse begründet. Dafür gibt es aber einen speziellen Grund.

Die Besonderheit des Kreditgeschäfts

Der Grund für den unerwarteten Ergebniseinbruch ist die Finanzsparte von MercadoLibre. Die Zahl der Nutzer der Finanzdienstleistungen des Konzerns stieg im letzten Quartal um 35% auf 56 Millionen.

Überdurchschnittlich stark erhöhte sich allerdings die Kreditvergabe. Sie legte um 77% gegenüber dem Vorjahr auf 6 Milliarden US$ zu. Als gewaltiger Erfolg erweist sich dabei das Kreditkartengeschäft von MercadoLibre. Die Kreditkartensalden verdoppelten sich innerhalb der letzten zwölf Monate auf 2,3 Milliarden US$. Rund 60% der Kreditkartenumsätze werden von den Kunden übrigens außerhalb des MercadoLibre-Marktplatzes gemacht.

Das Kreditkartengeschäft hat für MercadoLibre derzeit allerdings einen bilanztechnischen Nachteil. Während die Zinseinnahmen nicht vorab bilanziert werden dürfen, sondern erst zum Zeitpunkt der Zahlung, müssen Rückstellung für erwartete Kreditausfällt über die gesamte Laufzeit vorab gebildet werden. Das führt bei einer raschen Kreditexpansion zu einer Gewinndelle.

Steht ein Trendbruch bevor?

Die MercadoLibre-Aktie befindet sich aktuell in einer charttechnisch hochspannenden Situation. Seit Mitte 2022 steckt sie in einem Aufwärtstrend.

Durch den Kurseinbruch am Donnerstag ist die Aktie allerdings an den Rand der unteren Trendlinie gestoßen. Sollte der Kurs in den kommenden Tagen weiter zurückgehen, würde sich ein Trendbruch ereignen.

Die Zeichen stehen auf weiteres Wachstum

Ich halte den Kurseinbruch der MercadoLibre-Aktie am Donnerstag für etwas übertrieben. Die Geschäftsentwicklung des „südamerikanischen Amazons“ ist beeindruckend.

In den letzten drei Jahren hat der E-Commerce-Konzern seinen Umsatz mehr als verdreieinhalbfacht und gleichzeitig seinen operativen Gewinn vervierzehnfacht. Die Ergebnisdelle im letzten Quartal ist zu einem guten Teil auf die besonderen Belastungen im Kreditgeschäft zurückzuführen. Dieses Geschäft wird aber in den kommenden Jahren einen positiven Ergebnisbeitrag leisten. Die Anzahl der faulen Kredite ist Konzernangaben zufolge stabil. Insofern ist es für MercadoLibre ein gut einschätzbares Geschäft.

Neben höheren Rückstellungen verringerten auch höhere Personalkosten und Logistikaufwendungen das Ergebnis. Allein in Brasilien wurden fünf neue Logistikstandorte in Betrieb genommen. Auch dies sind Aufwendungen, denen in Zukunft Umsätze gegenüberstehen werden.

Das einzige Fragezeichen ist für mich die Bewertung der MercadoLibre-Aktie. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 75 hat das Papier einen stattlichen Preis. In den kommenden Jahren rechnet der Konzern mit einem Umsatzwachstum von rund 20% pro Jahr. Zudem sollte sich der Gewinn überproportional erhöhen. Diese Wachstumsraten relativieren die aktuell sehr hohe Bewertung.

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