Nio +8% – aber an zwei Stellen drückt der Schuh
Nach einer coronabedingten Durststrecke meldet Nio (WKN: A2N4PB) für Juli wieder deutliche Absatzsteigerungen. Die Aktie legte daraufhin an der Hongkonger Börse um über +8% auf 162,10 HK$ zu. Während die Fabrikschließungen aufgrund Chinas Null-Covid-Politik damit vorerst überwunden scheinen, hat der SUV-Hersteller weiterhin zwei andere Großbaustellen zu bearbeiten.
Nio ist ein E-Auto-Start-up im Premium-Segment, das von vielen als das chinesische Pendant des US-Branchenpioniers Tesla gesehen wird. Obwohl das Unternehmen erst 2014 gegründet wurde, belegt es bereits den 5. Platz der meistverkauften reinen E-Autos in China. An der New Yorker Börse hat der Autobauer derzeit einen Wert von 33 Milliarden US$.
Deutliche Absatzsteigerung im Juli
Am Montag ist die Nio-Aktie an der Hongkonger Börse um über +8% auf 162,10 HK$ geklettert. Der Grund dafür waren offenbar die starken Absatzzahlen des Autobauers für den abgelaufenen Monat. So hat das Unternehmen im Juli mehr als 10.000 Fahrzeuge ausgeliefert – gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Plus von 27%.
Bei rund drei Viertel der verkauften Einheiten handelte es sich den Angaben nach um SUVs. Die kumulierten Auslieferungen des chinesischen Herstellers stiegen damit auf knapp 228.000.
Damit hat der chinesische Konzern die Schwächephase der vorangehenden Monate wohl überwunden. Der Hersteller hatte das Pech, dass sich seine Fabriken überwiegend in Regionen befinden, die aufgrund der Null-Covid-Politik Pekings zu drastischen Seuchenschutzmaßnahmen gezwungen waren – inklusive der Schließung großer Fabriken.
Erste Fabrik in Europa und möglicher Einstieg ins Billig-Segment
Vergangenen Donnerstag hatte Nio bereits für Aufsehen gesorgt: Der Autobauer wird demnach im September sein erstes europäisches Werk in Ungarn eröffnen. Die 10.000 Quadratmeter große Fabrik wird den Angaben zufolge als Produktions-, Service-, Forschungs- und Entwicklungszentrum dienen – für die Batterieprodukte des chinesischen Konzerns wie die patentierten Battery-Swap-Stations.
Etwa ein Jahr nachdem Nio in Norwegen sein europäisches Debüt gefeiert hat, wird der chinesische Hersteller seine Präsenz auf dem Kontinent damit deutlich ausbauen.
Darüber hinaus plant der Luxus-SUV-Bauer offenbar auch den Einstieg ins Niedrig-Preis-Segment. Das berichtete am Montag jedenfalls das chinesische Branchenmedium 36Kr unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Demnach stellt der Konzern bereits ein separates Kernteam für das Management sowie den Forschungs- und Entwicklungsbereich der geplanten Billig-Marke ein. Die Elektrofahrzeuge für Preisbewusste sollen dem Bericht zufolge umgerechnet zwischen 15.000 und 30.000 US$ kosten. Seitens des Unternehmens gibt es bislang noch keine Stellungnahme zu dem Gerücht.
Rauswurf aus der Nasdaq droht
Neben den schwachen Absatzzahlen im ersten Halbjahr haben zuletzt weitere Probleme die Nio-Aktie belastet. So gehört der Autobauer zu den chinesischen Unternehmen, denen die US-Börsenaufsicht SEC wegen Missachtung der Offenlegungspflichten direkt mit einem Ausschluss von der New Yorker Börse droht.
Peking hat den US-Inspektoren die vollständige behördliche Prüfung chinesischer Unternehmen bislang verweigert und beruft sich dabei auf Sicherheitsbedenken. Die SEC macht jedoch nun Druck wegen des Holding Foreign Companies Accountable Act (HFCAA). Das 2020 verabschiedete Gesetz sieht vor, Unternehmen, die ihre Bücher innerhalb von drei Jahren nicht offengelegt haben, von der Börse zu nehmen.
Nio hatte erklärt, die Notierung an der Nasdaq aufrechterhalten zu wollen, wappnet sich gleichzeitig jedoch auch für den Ernstfall: Bereits am 10. März schloss das Unternehmen eine Zweitnotierung seiner Stammaktien an der Hongkonger Börse ab.
Diese Papiere sind mit den an der Nasdaq notierten American Depository Receipts (ADR) uneingeschränkt austauschbar. Das bedeutet: Selbst wenn Nio von der New York Stock Exchange genommen würde, könnten Anteilseigner die Aktie weiterhin ohne Verluste in Hongkong handeln.
Leerverkäufer-Vorwürfe noch nicht widerlegt
Obendrein hat ein Shortseller-Bericht das Vertrauen vieler Nio-Anleger erschüttert. So hat der Leerverkäufer Grizzly Research Ende Juni schwerwiegende Vorwürfe gegen den E-Auto-Hersteller erhoben. Demnach würde das Unternehmen seine Einnahmen und Margen aufblähen, um die Erwartungen der Wall Street zu erfüllen.
So behauptet Grizzly, dass Nios Battery-Asset-Management-Anbieter Weineng Einnahmen sofort verbucht haben soll statt über die gesamte Laufzeit eines Abonnements. Auf diese Weise soll der SUV-Hersteller in den neun Monaten bis September 2021 seinen Umsatz um rund 10% und seinen Nettogewinn um 95% aufgeplustert haben.
Nio hat den Grizzly-Bericht unverzüglich dementiert. Bislang ist es dem Unternehmen jedoch noch nicht gelungen, die Shortseller-Vorwürfe stichhaltig zu widerlegen.
Nio-Aktie bleibt eine riskante Wette
Nio ist ein Wachstumsunternehmen in einem aussichtsreichen Markt und laut Analysten nicht mehr weit von der Profitabilität entfernt – vorausgesetzt, dass weitere Corona-Lockdowns in Zukunft aufbleiben. Mit ihrem simplen, aber eleganten Batterie-Tausch-System könnte nun auch in ganz Europa ein erfolgreicher Markteintritt gelingen.
Bis bei dem Unternehmen Ruhe eingekehrt ist, könnte es jedoch noch eine Weile dauern. Der Shortseller-Bericht schwebt wie ein Damoklesschwert über der Aktie. Darüber hinaus werden Papiere aus dem Reich der Mitte vorerst schwankungsanfällig bleiben – vor allem aufgrund des Streits der Regulierungsbehörden um die Offenlegungspflichten der Unternehmen.
Ein Einzelinvestment in die Nio-Aktie würde ich daher nur Anlegern empfehlen, die sich diesen Kursrisiken aussetzen können.
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