Nio-Aktie: Fassen Anleger wieder Vertrauen?

Starkes Wachstum

In den letzten August- und ersten September-Tagen feierte die Nio-Aktie (WKN: A2N4PC) eine unerwartete Kursrallye, in deren Zuge sie um fast 50% in die Höhe schoss. Doch am gestrigen Donnerstag musste der chinesische Elektroautobauer wieder gut 8% abgeben. Fassen Anleger wieder Vertrauen oder überschätzen sie die Aktie?

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Das Wachstum geht weiter

Wahrscheinlich haben am Donnerstag einige Aktionäre angesichts der Kursexplosion der Vortage Kasse gemacht. Der leichte Kursanstieg am Freitagmorgen zeigt, dass sich die Nio-Aktie bereits wieder stabilisiert hat.

Seit über einem Jahr befand sich das Papier des chinesischen Auto-Startups in einem dramatischen Abwärtstrend, doch die letzten Quartalszahlen scheinen Anlegern neues Vertrauen in Nio gegeben zu haben. Der Umsatz verdoppelte sich im Vergleich zum Vorjahr auf fast 2,4 Milliarden US$. Der Absatz stieg sogar um 144% im Jahresvergleich auf knapp über 57.000 Autos.

Vielleicht noch wichtiger ist die Tatsache, dass Nio im abgelaufenen Vierteljahr seine Gewinnkennzahlen deutlich verbessern konnte. Die Chinesen steigerten ihre Bruttomarge erheblich von 1,0% im Vorjahr auf aktuell 9,7%. Heißt konkret: Nio verdient mit jedem verkauften Auto deutlich mehr Geld.

Das reicht aber noch lange nicht, um die enormen Kosten des Unternehmens zu decken. Der Nettoquartalsverlust belief sich immer noch auf 693 Millionen US$, was aber immerhin eine Verringerung des Verlustes um ca. 17% gegenüber dem Vorjahr bedeutet.

Erfolg mit einer Billigmarke?

Im Gegensatz zu einigen anderen chinesischen Autobauern herrscht bei Nio derzeit Optimismus. Im laufenden Quartal will der Konzern seinen Absatz weiter auf 61.000 bis 63.000 Fahrzeuge steigern und damit einen Umsatz zwischen 2,63 und 2,70 Milliarden US$ erzielen.

Das Wachstum antreiben soll unter anderem eine neue „Billigmarke“ namens ONVO. Die ersten ONVO-Läden haben in China bereits eröffnet und noch im September sollen chinesische Autofahrer das erste ONVO-Modell, ein mittelgroßes SUV, kaufen können.

Mit einem Preis von rund 30.000 US$ ist das ONVO-Auto ein direkter Angriff auf das deutlich teurere Tesla Model Y und andere Vertreter der SUV-Mittelklasse. Mit seiner neuen Marke will Nio ein breiteres Publikum ansprechen und mehr Autos in der Mittelklasse verkaufen. Bislang ist der chinesische Hersteller auf die Premiumklasse fokussiert.

Charttechnisch bedeutend

Der jüngste Kursanstieg der Nio-Aktie ist charttechnisch von größter Bedeutung. Die Aktie konnte ihren seit über einem Jahr bestehenden Abwärtstrend nach oben durchbrechen. Es sieht ganz nach einer Chartwende aus. Für einen nachhaltigen Kursaufschwung muss der Autotitel nun das 6-Monatshoch bei 5,20 € knacken.

Vier Gründe gegen Nio

Ich bin seit jeher ein großer Skeptiker in Bezug auf die Nio-Aktie. Meine Skepsis hat gleich mehrere Gründe:

Zum Ersten ist Nio im internationalen Vergleich ein sehr kleiner Hersteller. Das bedeutet, dass das Startup viel geringere Skaleneffekte und folglich Kostenvorteile besitzt als große Hersteller wie BYD oder Tesla.

Zum Zweiten ist Nio fast ausschließlich auf dem chinesischen Markt tätig. Das ist per se kein Nachteil, da es sich immerhin um den größten Automarkt der Welt handelt.

Aber China ist eben auch der wettbewerbsintensivste Markt weltweit. Autohersteller kämpfen mit extremen Rabatten um die Gunst der Kunden. Für die Margen der Hersteller ist das Gift. Der Export von Fahrzeugen verspricht Nio kaum Rettung, denn der Autobauer ist momentan schlichtweg zu klein dafür.

Zum Dritten fährt Nio mit seinen Batteriewechselstationen einen sehr riskanten Kurs. Die Stationen haben zwar den Vorteil, dass sie ähnlich wie Tankstellen Elektroautos deutlich schneller „aufladen“. Doch sie sind wahnsinnig teuer und die Technik von Ladesäulen verbessert sich unglaublich schnell. Ich glaube, dass sich Nio mit seinem Sonderweg in eine Sackgasse manövriert hat.

Und zum Vierten verliert Nio einfach zu viel Geld. Umsatzsteigerungen sind schön und gut. Aber irgendwann muss ein Konzern auch Gewinn machen. Bei Nio ist das Erreichen der Gewinnschwelle überhaupt nicht in Sicht.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich schwarze Zahlen bei Nio durch die neue Marke ONVO noch weiter verzögern könnten. Der Eintritt in den Markt für Klein- und Mittelklassewagen wird die Margen wieder unter Druck setzen.

Für mich ist die Nio-Aktie deshalb immer noch keinen Kauf wert. Ich glaube, dass der Autokonzern mittelfristig einer der ganz großen Wackelkandidaten unter den chinesischen Herstellern ist.

ℹ️ Nio vorgestellt

  • Nio ist ein 2014 gegründetes chinesisches Elektroauto-Startup mit Sitz in Shanghai.
  • Der Autobauer fokussiert sich derzeit auf die Herstellung von E-Autos der Mittel- und Oberklasse.
  • Besonderheit von Nio ist das Angebot von Batteriewechselstationen, an denen Nio-Fahrer ihre Akkus innerhalb von Minuten automatisch tauschen lassen können.
  • Der Konzern ist derzeit an der Börse mit rund 11 Milliarden US$ bewertet.

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