Nio-Aktie: Kräftige Kurserholung voraus?
Aufgrund der schwachen Januar-Verkaufszahlen ist die Nio-Aktie (WKN: A2N4PB) seit Anfang des Monat um -15% auf 10,31 US$ abgesackt. Das Management des chinesischen Autobauers ist jedoch sehr zuversichtlich, was das laufenden Quartal angeht, sodass eine kräftige Kurserholung anstehen könnte. Sollte sich die aggressive Marketing- und F&E-Strategie des Unternehmens nun endlich auszahlen?
Nio ist ein E-Auto-Start-up im Premium-Segment, das von vielen als das chinesische Pendant des US-Branchenpioniers Tesla gesehen wird. Obwohl das Unternehmen erst 2014 gegründet wurde, belegt es bereits den 5. Platz der meistverkauften reinen E-Autos in China. An der New Yorker Börse hat der Autobauer derzeit einen Wert von 17 Milliarden US$.
Aggressive Marketing- und F&E-Strategie
Obwohl sich der Tesla-Vergleich immer schnell anbietet, hat Nio doch eine Strategie, die sich grundsätzlich von der des großen US-Rivalen unterscheidet. Zum einen bietet Nio seinen Kunden mit acht verschiedenen Modellen im Vergleich zu Tesla (vier Modelle) eine fast überwältigende Vielfalt an Auswahlmöglichkeiten an.
Hinzu kommt: Während sich Tesla-Chef Elon Musk für eine begrenzte Anzahl von Geschäften entschieden hat, propagieren die Chinesen ihren Premium-Automobil-Lifestyle in rund 400 Nio Houses in knapp 150 Städten weltweit – keine gewöhnlichen Showrooms etwa, sondern wahre Erlebniswelten für ihre Community. Hinzu kommen bereits 280 Service- und Auslieferungszentren in aller Welt.
Im vergangenen Jahr sind Standorte in Deutschland, Norwegen und Schweden hinzugekommen. Die Expansion geht derzeit unter anderem weiter in den Niederlanden und Dänemark. Nio verfügt in der EU durch ein Partnernetzwerk über 380.000 Ladestationen. Bis Ende des Jahres sind 120 Battery-Swap-Stations in Europa geplant, bis 2025 sollen es schon 1.000 sein.
Diese aggressive Marketing- und F&E-Strategie lässt sich Nio einiges kosten: Der chinesische Luxus-SUV-Bauer hat in den vergangenen 12 Monaten umgerechnet 1,22 Milliarden US$ in Forschung und Entwicklung investiert, was rund einem Fünftel des Umsatzes in dem Zeitraum entspricht. Zur Einordnung: Bei Tesla waren es nicht einmal 4%.
Die Ausgabenpolitik des Unternehmens ist ein wichtiger Grund dafür, warum es bislang noch keine positiven operativen Margen ausweisen konnte. Der Preiskrieg, der sich derzeit in China anbahnt, könnte für den Hersteller damit zur großen Herausforderung werden. Angeführt von Teslas aggressiven Price-Cuts von bis zu -13,5% haben auch Markt-Rivalen wie Xpeng ähnlich Maßnahmen angekündigt.
Trotz einer starken Liquiditätsposition von umgerechnet 6,3 Milliarden US$ wird das Nio-Management es sich ganz genau überlegen, ob es sich auf diese Schlacht einlassen will. Es wäre wohl langsam auch an der Zeit, die Margen zu verbessern, um ab 2025 rentabel zu sein.
Optimistische Guidance weckt Kurspotenzial
Die Nio-Aktie hatte im November eine lange Talfahrt runter auf bis zu 9 US$ beendet und ist in der aktuellen Konsolidierungsphase seitdem zweimal im Bereich von 12 US$ abgeprallt. Die jüngste Abwärtswende erfolgte nach den enttäuschenden Januar-Auslieferungszahlen: So ist der Absatz im vergangenen Monat aufgrund des chinesischen Neujahrsfests auf 8.500 Fahrzeuge eingebrochen – 12% weniger als im Vorjahr und nur halb so viele wie im Dezember.
Da sich die Lieferkettenproblematik, die Nio im vergangenen Jahr schwer beeinträchtigt hat, mehr oder weniger behoben ist, hat der Vorstand nun jedoch eine hervorragende Q1-Verkaufs-Guidance von 43.000 Einheiten veröffentlicht, was 40% mehr wären als im Vorjahreszeitraum.
Politische Risiken nehmen ab
Angesichts dieser Aussichten könnte sich die aggressive Marketing- und Expansions-Strategie von Nio bald auszahlen und für eine kräftige Erholung des Aktienkurses sorgen. Anleger müssen sich der anhaltenden geopolitischen Risiken eines China-Investments zwar stets bewusst sein; ich bin jedoch zuversichtlich, dass diese Gegenwinde nicht ewig anhalten werden.
So ist die Rhetorik Pekings trotz des „Spionageballon“-Vorfalls zuletzt zunehmend versöhnlicher und erholungsfreundlicher geworden. Dies dürfte auf den Wunsch der chinesischen Führung zurückzuführen sein, sich nach fast drei Jahren Null-Covid-Politik dem Westen wieder zu öffnen, um ihre aggressive BIP-Wachstumsprognose von +5,5% im Jahr 2023 zu erreichen.
Angesichts der jüngsten Korrektur der Nio-Aktie bietet sich daher aus meiner Sicht für risikotolerante Anleger eine einmalige Einstiegsgelegenheit.
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