Rohstoff-Aktien: Finger weg oder jetzt kaufen?
Ob Bitcoin, Biotech oder Edelmetalle: Es gibt derzeit viele Gewinner an der Börse. Wie hoch kann es mit dem Goldpreis noch gehen? Oder droht jetzt eine Korrektur? Und was ist mit den Verlierern, etwa dem Rohstoff-Sektor, der weiterhin unter Druck steht?
Goldpreis auf Allzeithochniveau
Die US-Notenbank hat nach den monatelangen Spekulationen endlich endlich Nägel mit Köpfen gemacht und den Leitzins gesenkt. Der Goldpreis profitiert davon sehr stark, der Silberpreis ebenfalls. Aber was ist mit den vielen Rohstoff-Aktien, die aktuell zu Tiefpreisen zu haben sind?
Rohstoff-Profi Miriam Kraus ist in diesen Sektoren seit Jahrzehnten unterwegs. Im Interview mit SD-Chefredakteur Frank Giarra beleuchtet die Chefanalystin des Rohstoff Anleger Club die Lage und verrät, wie sich Anleger jetzt positionieren sollten.
Nachdem die US-Notenbank die Zinswende mit der Senkung um 50 Basispunkte eingeleitet hat, kennt der Goldpreis kein Halten mehr und notiert derzeit bei knapp 2.640 US$. auf Allzeithochniveau. Wie teuer könnte eine Unze Gold dieses Jahr noch werden?
Miriam Kraus: Nun, das Umfeld für Gold ist jedenfalls aktuell hervorragend. Gold erhält in Phasen sinkender Zinsen immer Rückenwind durch geringere Opportunitätskosten. Und das selbst in Phasen mit schwächerem Wirtschaftswachstum und einer rückläufigen Inflation, wie die Jahre zwischen 2001 und 2003 beweisen. Selbst eine starke Rezession und ein Marktcrash halten Gold nicht auf, wie die Jahre um die große Finanzkrise 2007 zeigen.
In diesen Fällen wird Gold als pures Absicherungselement gekauft. Aber auch für ein stabiles Konjunkturumfeld mit dann in logischer Konsequenz tendenziell höherer Inflation gibt es eine Blaupause für steigende Goldpreise: Die Jahre zwischen 2003 und 2006 gestalteten sich sogar außerordentlich stark für den Goldpreis. Mit anderen Worten: Mit Gold kann derzeit praktisch gar nichts schiefgehen. Aber der stärkste Unterstützungsfaktor ist und bleibt die Nachfrage der Zentralbanken, die vor allem aufgrund der fortgesetzten geopolitischen Unsicherheiten wächst.
Allerdings haben wir in den letzten Monaten zunehmend eine Rückkehr der westlichen Spekulanten in den Goldmarkt gesehen, was zuletzt die Performance mit unterstützt hat. Damit ist nun aber auch das Risiko für Rücksetzer entlang von Aktienmarktkorrekturen erhöht, im Vergleich zu Beginn des Jahres.
Ich für meinen Teil würde einen Rücksetzer ja begrüßen, da ich immer gerne günstig kaufe. Aber übergeordnet bleibt der Trend in Richtung der nächsten großen Marke bei 3.000 US$ pro Unze sicher bestehen. Ob wir diese noch dieses Jahr sehen werden, vermag ich natürlich nicht zu sagen, aber ich gehe schwer davon aus, dass wir dieses Preisziel innerhalb der nächsten Monate erreichen.
Schon früh stark positioniert
Mit einer Performance von +36,43% binnen eines Jahres sticht Gold sogar den Nasdaq 100 mit „nur“ +34,69% aus. Hätten Sie das erwartet?
Miriam Kraus: Eine starke Performance hatte ich erwartet, deshalb haben wir uns im Rohstoff Anleger Club (RAC) auch schon Ende des letzten Jahres stark im Gold positioniert und hier eine Übergewichtung vorgenommen.
Zuletzt haben wir ein paar Gewinne mitgenommen von +53% und +67%, um etwas Cash für die nächsten und bessere Chancen frei zu machen.
Kann man Gold- und Silberaktien jetzt überhaupt noch guten Gewissens kaufen? Welche würden Sie dann präferieren?
Miriam Kraus: Gold- und Silberaktien werden derzeit im Durchschnitt mit einem KGV von 16 bewertet. Das ist natürlich nicht mehr so spottbillig wie vor ein paar Monaten, allerdings in keiner Weise eine teure Bewertung zu nennen. Zumal die Unternehmen ja mit jedem Anstieg des Goldpreises höhere Margen und Gewinne verzeichnen, ergo die Bewertungen sinken.
Hier entsteht der berühmte Hebeleffekt, den Gold- und Silberaktien im Vergleich zu den Metallpreisen aufweisen. Mit der aktuellen Bewertung sind Gold- und Silberaktien jedenfalls noch weit entfernt von einer Überbewertung, wie sie derzeit in den Technologieaktien herrscht, die im Durchschnitt mit einem KGV von 28 bewertet werden.
Ich persönlich präferiere im Moment günstige Nachzügler unter den Gold- und Silberaktien, vor allem bei mittelgroßen Produzenten.
Deshalb leidet der Rohstoff-Sektor
Anders als bei Edelmetallen sieht die Lage bei Rohstoffen aus. Viele Aktien sind hier zu Tiefpreisen zu haben. Woran liegt das?
Miriam Kraus: Die Rohstoffmärkte haben zuletzt bereits mit einer Wahrscheinlichkeit zwischen 70 und 80% eine US-Rezession eingepreist, der breite Aktienmarkt dagegen nur zu unter 10%. Damit weist der breite Aktienmarkt ein erhöhtes Korrekturrisiko auf, hingegen die Rohstoffmärkte erhöhte Chancen auf eine Erholungs-Rallye. Doch dies sind eher kurzfristige Einflussfaktoren.
Übergeordnet weist in den meisten Rohstoffmärkten dagegen die fundamentale Ausgangslage auf steigende Preisszenarien. Denn in vielen Märkten herrscht aufgrund der jahrelangen Unterinvestitionen bereits ein massives Marktungleichgewicht bzw. streben die Märkte auf ein Marktdefizit zu. Wir sehen auch in vielen Märkten sinkende bzw. historisch niedrige Lagerbestände, die eigentlich längst eine Risikoprämie im Preis erfordern. Damit besteht auch von fundamentaler Seite ein deutliches Aufholpotenzial in vielen Rohstoffmärkten.
Deutlich unterbewertet
Sollten Anleger die Finger von Rohstoff-Aktien lassen oder gerade jetzt auf Schnäppchenjagd gehen?
Miriam Kraus: Es gibt aktuell keine bessere Anlageklasse für Schnäppchenjäger als Rohstoffe. Diese sind trotz zwischenzeitlicher Erholungstendenzen und Zwischenrallyes noch immer, nicht nur im historischen Kontext, sondern auch gegenüber anderen Anlageklassen, deutlich unterbewertet.
Angesichts der fundamentalen Ausgangslage mit steigender globaler Nachfrage aufgrund vielfältiger Faktoren wie der Energiewende, dem globalen Bevölkerungswachstum, dem technischen Fortschritt und dem Konsumwachstum in den Emerging Marktes sowie einer aufgrund jahrelanger Unterinvestitionen anämischen Angebotsseite bin ich der Meinung, dass wir uns kurz vor der Entfaltung des nächstens Abschnitts im übergeordneten Rohstoff-Superzyklus befinden.
Wer in einem solchen Zyklus wirklich im großen Stil mitverdienen will, muss günstig ein- und später teuer aussteigen.
Interessenkonflikt: Mitarbeiter des Herausgebers sowie der Herausgeber selbst halten Aktien des erwähnten Unternehmens Sierra Madre. Somit besteht konkret und eindeutig ein Interessenkonflikt. Autor und Herausgeber beabsichtigen, die Aktien – je nach Marktsituation auch kurzfristig – zu kaufen oder zu veräußern und könnten dabei von erhöhter Handelsliquidität profitieren. Ein weiterer erheblicher Interessenkonflikt besteht darin, dass der Herausgeber für seine Berichterstattung über Sierra Madre vom Unternehmen vergütet wurde.
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