RTL Group: Deshalb ist diese Aktie besonders spannend
Die von der US-Notenbank eingeleitete Zinswende beflügelt weiterhin die Aktienmärkte. Kann es überhaupt noch weiter hochgehen? Oder drohen hier alsbald Korrekturen? Börsenprofi Marco Messina äußert sich im Interview zuversichtlich, hat aber gleichzeitig mögliche Fallstricke im Blick. Eine Aktie hat es ihm derzeit besonders angetan.
Gefahren durch Yen-Carry-Trades
Der DAX hat der erfolgsverwöhnten Wall Street in der vergangenen Woche mit einem Kursplus von 4% die Rücklichter gezeigt. Sind die US-Börsen zu weit gelaufen? Welche Rolle könnte die nahende US-Präsidentschaftswahl spielen?
Börsenprofi Marco Messina war nicht nur kürzlich in den USA und hat sich dort umgeschaut, sondern beobachtet auch seit Jahrzehnten die Märkte. Der Chefanalyst des Aktien Navigator blickt im Interview mit SD-Chefredakteur Frank Giarra auf die kommenden drei Monate und präsentiert eine in seinen Augen derzeit spannende deutsche Aktie.
Das dritte Quartal ist fast vorbei. Der allseits gefürchtete September war diesmal gar nicht so schlimm, oder?
Marco Messina: Erinnern Sie sich noch an unser Interview am 9. September? Damals hatte ich gesagt: „Börsensprüche sind schön und gut, aber nur weil es September ist, haben wir nicht das aktuelle Marktumfeld.“ Und so ist es dann auch letztendlich gekommen.
Die Märkte waren Anfang September supernervös wegen der Yen-Carry-Trades. Dazu haben wir einige Gewinnwarnungen gesehen, zum Beispiel letzten Freitag von Volkswagen. Im Grunde sind die Erwartungen jedoch so niedrig, dass viele positive Entwicklungen für neue Allzeithochs in Amerika, aber auch in Deutschland, gesorgt haben. Vor allem die Aussicht auf weitere Zinssenkungen belebt dann doch die Aktienmärkte – auch vor dem Hintergrund, dass eine Rezession nicht auszuschließen ist.
Aber ich bin weiterhin vorsichtig wegen möglicher Yen-Carry-Trades. Wir haben am Freitag gesehen, was aus Japan auf uns zukommen kann. Der Yen hat plötzlich nach Börsenschluss in Japan eine größere Bewegung vollzogen und der Nikkei Future ist in dieser Folge plötzlich schlagartig um fast 6,5% ins Minus gelaufen. Solche Bewegungen sind im Moment leider immer möglich und können Unruhe auslösen.
Starke Aussichten bis Jahresende
Die Märkte sind in diesem Jahr stark gelaufen. Glauben Sie, da geht noch mehr im Schlussquartal?
Marco Messina: Wir haben in diesem Jahr so viele negative Ereignisse und Gewinnwarnungen verarbeitet – was soll das letzte Quartal des Jahres jetzt noch kaputt machen? Nein, im Ernst: Wir sehen Höchststände sowohl bei den großen US-Aktien als auch im deutschen DAX, obwohl die wirtschaftlichen Entwicklungen nicht gerade rosig sind. Hier ist viel Positives eingepreist, und es gibt Korrekturpotenzial.
Dennoch, wenn ich mir die Bewertungsniveaus anschaue, sind deutsche Aktien nicht wirklich zu hoch bewertet und hätten weiterhin Luft nach oben. Vielleicht sehen wir die 20.000-Punkte-Marke im DAX schneller, als viele erwarten. Gleichzeitig haben wir ja auch Rekordstände beim Goldpreis, Silber haussiert ebenfalls. Eigentlich super Aussichten für die letzten drei Monate des Jahres.
Wie positioniert sich der Aktien Navigator im derzeitigen Umfeld, eher defensiv oder offensiv?
Marco Messina: Wir sind im Aktien Navigator grundlegend defensiver aufgestellt. Ziel ist es ja gerade, Börsenneulingen und eher unerfahrenen Anlegern die Basics näher zu bringen, damit sie nachhaltig langfristig an der Börse ihr sauer verdientes Geld gewinnbringend anlegen und nicht durch Fehler, Gier oder Unerfahrenheit Verluste machen und vielleicht dann sogar der Börse den Rücken kehren. Was ist zum Beispiel eine Money- oder eine Asset Allocation und wie wende ich diese grundlegend richtig an, um gut aufgestellt zu sein?
Wir wollen ordentlich Geld verdienen, aber gleichzeitig in unruhigen Börsenzeiten gut durch die raue See schippern können. Ein paar dieser defensiven Titel sind dann in kurzfristigen Zeitfenstern, wie jetzt gerade, nicht so stark im Fokus der Anleger.
Aber mittel- und langfristig bin ich und sind auch die beiden Experten Miriam Kraus vom Rohstoff Anleger Club und Maximilian Ruth vom No Brainer Club sehr zuversichtlich.
Nächste Woche erscheint auch die erste Expertenausgabe von Maximilian Ruth, nachdem er den Staffelstab im No Brainer Club übernommen hat. Ich kann jetzt schon versprechen: Wenn die Märkte bis dahin nicht noch sehr komische Bewegungen machen, wird er eine superinteressante Aktie, die kaum jemand kennt, obwohl jeder deren Produkte täglich im Alltag sieht, vorstellen. Wer also noch nicht so fit am Aktienmarkt ist und die ersten wichtigen Schritte machen möchte, sollte sich jetzt den Aktien Navigator holen.
Auto-Aktien könnten einmalige Chance sein
Welche Aktien überraschen Sie aktuell positiv wie negativ?
Marco Messina: Ich bin überrascht, wie stark weiterhin viele deutlich überbewertete Technologie-Aktien aus den USA laufen. Bei vielen Werten sind wir von gesunden Maßstäben weit entfernt, und die kurze Korrektur durch die Carry-Trades ist bei einigen Aktien bereits wieder ausgeglichen. Natürlich repräsentieren diese Werte unsere Zukunft, aber nicht zu Bewertungsniveaus wie dem 40- oder 50-Fachen des Jahresgewinns.
In Deutschland sind die Automobil-Aktien historisch, aber auch absolut, so niedrig bewertet, wie ich es in den letzten 30 Jahren, glaube ich, noch nie erlebt habe. Die Probleme sind hausgemacht, die Stimmung für die Branche ist im Keller. Eigentlich genau der richtige Zeitpunkt, sich näher mit den Aktien zu beschäftigen, wenn die Mehrheit der Anleger sie nicht einmal mit der Kneifzange anfassen will. Ich halte den Abgesang auf die deutsche Automobilindustrie für verfrüht und glaube, dass sich der Herbst/Winter 2024 in ein paar Jahren rückblickend als einmalige Einstiegschance erwiesen haben könnte.
Was in Deutschland zum Beispiel viel zu wenig beachtet wird: In China wird, obwohl man massiv auf die E-Mobilität setzt, derzeit intensiv an der Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors geforscht. Anders als mancher grüne Politiker glauben machen möchte. Das Verbrenner-Aus in China, geplant ab 2060, ist überhaupt nicht in Stein gemeißelt. Allein die Tatsache, dass 2060 als Datum genannt wird, zeigt, dass unsere Hersteller dort weiterhin ihre Verbrenner-Modelle vertreiben können.
Nur kommen sie gegen die Dumpingpreise im E-Sektor derzeit nicht an. Daher sind es eher politische Interessen Chinas, massiv auf E-Mobilität zu setzen, um die deutsche Automobilindustrie vor Probleme zu stellen und gleichzeitig selbst an der Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors zu forschen.
Cash in der Hinterhand halten
Haben Sie Titel erspäht, die Anleger jetzt unbedingt kaufen sollten?
Marco Messina: Im aktuellen Marktumfeld ist es vielleicht auch mal ratsam, ein bisschen Kohle in der Hinterhand zu haben. In knapp sechs Wochen haben wir einen alten, neuen US-Präsidenten oder erstmals eine US-Präsidentin. Geht das alles reibungslos vonstatten oder ist das Ergebnis so knapp, dass es aus den USA Störfeuer geben wird?
Wenn Sie mich jetzt nach einem konkreten Namen fragen, finde ich die RTL Group (WKN: 861149) derzeit spannend. Ich glaube, ich hatte darüber schon berichtet, dass das Unternehmen auf einer Investorenkonferenz Ende August die anwesenden Investoren positiv überrascht hat und hinter vorgehaltener Hand als heißer Tipp auf den Fluren der Konferenz gehandelt wurde.
Wie man hört, schlägt die neue Show von Stefan Raab beim Streamingdienst RTL+ voll ein. Die erste Sendung sahen über 1,5 Millionen Menschen, wovon 70% neue Streamingkunden gewesen sein sollen. Ob sich diese Zuschauerzahlen langfristig an RTL + binden lassen, wird man sehen, aber ein Marketingcoup ist dem Unternehmen dennoch gelungen.
Die Aktie hat eine sehr attraktive Dividendenrendite und eines darf man nicht vergessen: Das Unternehmen will seine Tochter RTL Nederland an die DPG Media verkaufen. Über 1 Milliarde € soll der Verkauf einbringen, bei gerade einmal 4,8 Milliarden € Marktkapitalisierung.
Fantasie einer Sonderdividende nach Erhalt des Verkaufserlöses ist natürlich gegeben und dürfte die Dividendenrendite auf einen zweistelligen Prozentsatz ansteigen lassen. Das zieht dann wieder Dividendenjäger an.
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