Synlab-Aktie +25%: Coronatest-Hersteller vor Übernahme
Was sich bereits im März andeutete, ist jetzt eingetreten. Der Hauptaktionär Cinven unterbreitete ein Übernahmeangebot über 10 € pro Synlab-Aktie (WKN: A2TSL7). Daraufhin sprang die Aktie am Freitag um 24,3% auf 10,10 €. Wie ist die Übernahme zu werten, und welche Folgen hat das für Anleger und Aktionäre?
ℹ️ Synlab vorgestellt
Die Synlab-Gruppe ist der größte europäische Anbieter von klinischen Labor- und medizinischen Diagnostikdienstleistungen nach Umsatz und durchgeführten Tests. Synlab bietet medizinische Diagnostik für Patienten, niedergelassene Ärzte, Kliniken und die pharmazeutische Industrie an. Neben dem Hauptsitz in Augsburg unterhält der Konzern in Europa zahlreiche Niederlassungen. Die Marktkapitalisierung liegt bei 2,22 Milliarden €.
Übernahmeangebot abgegeben
Der Finanzinvestor Cinven, größter Synlab-Aktionär mit 43% der Anteile, hat am 29. September ein Angebot zur vollständigen Übernahme der restlichen Aktien unterbreitet. Der Konzern wird damit mit rund 2,2 Milliarden € bewertet. Der Vollzug der Übernahme erfolgt über die Luxemburger Ephios Luxembourg S.à.r.l., eine Tochtergesellschaft von Cinven.
Im Frühjahr 2021 brachte Cinven die Aktie an die Börse – der damalige Ausgabepreis lag bei 18 €. Den Höchstkurs mit knapp 25 €erreichte der Wert im November 2021, Hauptursache für den Anstieg war die starke Nachfrage nach Corona-Tests während der Pandemie.
Mit den weiteren Großaktionären, Novo Holding sowie Ontario Teachers Pension Plan Board, wurde bereits eine Einigung erreicht. Ebenfalls wurde mit dem Gründer Bartholomäus Wimmer eine Vereinbarung getroffen, dass er 60% seiner Aktien zu dem Übernahmepreis abgibt. Damit verfügt Civen bereits insgesamt über 80% der Gesamtaktien. Eine Mindestquote der zu übernehmenden Aktien ist nicht vorgesehen.
Vorstand und Aufsichtsrat haben der Investmentvereinbarung zugestimmt. Sie kennen den Hauptaktionär als zuverlässigen Partner und hoffen auf eine weitere gute Zusammenarbeit.
Der Vorstand bekundete jedoch, dass das Übernahmeangebot dem langfristigen Unternehmenswert nicht entspreche. Kurz und mittelfristig sei es jedoch realistisch.
Geschäftsentwicklung robust ausgefallen
In seinem am 9. August veröffentlichten Halbjahresbericht bezeichnet das Management die Geschäftsentwicklung als robust. Der Konzernumsatz in den ersten sechs Monaten sank gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 26% auf 1,37 Milliarden €. Der Rückgang basiert überwiegend auf dem schwindenden Interesse nach Coronatests. Wird dieser Bereich ausgeklammert, beträgt das organische Wachstum 7,1%. Ebenfalls wurde das Schweizer Geschäft verkauft.
Auch bei der Ertragslage beruht der Rückgang des bereinigten Betriebsgewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (AEBITDA) weitestgehend auf dem Umsatzrückgang. Mit dem eingeleiteten Kostensenkungsprogramm Salix wurden im ersten Halbjahr bereits 21 Millionen € eingespart. Das operative AEBITDA betrug 232,3 Millionen € – ein Jahr zuvor waren es 528 Millionen €. Neben dem Wegfall des Corona-Geschäfts machten sich höhere Energie- sowie Personalkosten negativ bemerkbar.
Für das Gesamtjahr rechnet der Konzern mit einer AEBITDA-Marge von 16 bis 18%, im ersten Halbjahr lag sie bei 16,9%.
Mathieu Floreani, CEO des Synlab-Konzerns, kommentierte die Geschäftsentwicklung so:
Synlab ist weiterhin auf Erfolgskurs und hat im ersten Halbjahr ein starkes zugrunde liegendes Wachstum erzielt, zu dem unsere Wachstumsinitiative ,FOR YOU' einen soliden Beitrag geleistet hat, der unsere Erwartungen deutlich übertroffen hat. Darüber hinaus haben wir große Fortschritte bei der Wiedererlangung unseres Produktivitätsniveaus von vor der Pandemie gemacht.
Was bedeutet das Übernahmeangebot für die weitere Kursentwicklung?
Für Neuinvestoren ist die Aktie weitestgehend uninteressant geworden. Mit einem weiteren Anstieg ist eher nicht zu rechnen. Anders sieht es bei den Altaktionären aus.
Hier kommt es darauf an, wie viel Prozent der restlichen Aktien Cinven angeboten werden. Ab einem Aktienbesitz von 95% kann der Übernehmer eine Zwangsübernahme der restlichen Aktien (Squeeze out) einleiten. Oftmals ist dies mit einem Aufschlag auf den bisherigen Übernahmepreis versehen. Cinven hat für die Übernahme keine Schwelle festgelegt. Das bedeutet, die Übernahme kommt, gleichgültig wie viel Aktien ihr angedient werden. Daher kann es sein, dass der Börsenhandel vorerst weitergeht.
Für die Aktionäre stellt sich jetzt die Frage, ob sie das Angebot annehmen oder ob sie ein höheres Angebot abwarten. Aktionäre, die deutlich unter dem Übernahmepreis eingestiegen sind, erzielen bei einem Verkauf einen entsprechenden Gewinn.
Aktionären, die zu einem deutlich höheren Kurs eingestiegen sind, erleiden bei der Annahme einen entsprechenden Verlust. Hier kann die Nichtannahme des Angebotes sinnvoll sein.
Mein Fazit: Gewinner bei dem Vorgang ist Cinven. Erst wurde die Aktie für 18 Euro emittiert und jetzt zu 10 € zurückgekauft. Für Aktionäre, die höher eingestiegen sind, sollten eine Nichtannahme in Betracht ziehen. Für zukünftige Investments ist die Aktie uninteressant geworden.
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