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US-Wahl: So stellen sich kluge Anleger jetzt auf

Tipps fürs Depot
Gestern, 13:55 Uhr

Die Spannung steigt: Wer wird in den nächsten vier Jahren die größte Wirtschaftsnation der Welt regieren? Aktuell liegen Demokratin Kamala Harris und Republikaner Donald Trump offenbar gleichauf. Wir zeigen auf, wie sich Anleger kurz vor der Präsidentschaftswahl am 5. November präparieren können, um bestmöglich für alle Eventualitäten gewappnet zu sein.

stock.adobe.com/Corri Seizinger

Börsenprofi vor Ort

Börsenfuchs Marco Messina ist seit Jahrzehnten im Handel mit Wertpapieren aktiv. Er hat schon etliche US-Präsidentschaftswahlen erlebt und weiß, wie man sein Depot so aufstellt, dass nichts schiefgehen kann. Aktuell ist der Profi sogar live vor Ort, genauer gesagt in New York, und erzählt im Interview mit SD-Chefredakteur Frank Giarra, was er dort hört und sieht.

Sie sind seit einigen Tagen in den USA. Wie ist dort die Stimmung kurz vor der Präsidentschaftswahl?

Marco Messina: Wir müssen hier differenzieren, im Endeffekt ist die Wahrnehmung so wie das Land selbst: tief gespalten. In New York City zum Beispiel sehe ich seit Tagen nahezu nichts, was darauf schließen lässt, dass am Dienstag die vielleicht wichtigste Wahl des Landes stattfinden wird. Keine Wahlwerbung – außer ein bis zwei Trump-Fahnen an Pickup-Trucks – war hier in der großen Stadt bisher zu sehen.

Wäre da nicht der Auftritt von Kamala Harris am Samstagabend bei CBS Saturday Night Live gewesen, für den bereits in der Nacht zuvor Menschen für Karten angestanden haben und abends das gesamte Gebäude weiträumig abgeriegelt war, würde es sich wie ein normaler New-York-Besuch mit vielen Gesprächen anfühlen.

Außerhalb dieser Metropolen, in den ländlicheren Gebieten, sieht das allerdings anders aus. Dafür bin ich eine knappe Stunde außerhalb von New York gefahren. Dort wohnen diejenigen, die sich das Leben in der Stadt nicht mehr leisten können und nicht für einen Kaffee bei Starbucks fast 10 US-Dollar auf den Tisch legen müssen. Und, wie könnte es anders sein: Dort sehen wir dann auch viele Trump-Plakate und vor allem Fahnen an den Häusern, in den Vorgärten oder an stark motorisierten Trucks.

Swing States geben den Ausschlag

Ist es tatsächlich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Harris und Trump, wie deutsche Medien berichten?

Marco Messina: Es scheint tatsächlich so zu kommen, dass die wenigen Swing States ausschlaggebend sein werden und am Ende vermutlich nicht die Mehrheit der Stimmen ausreichen wird, sondern es wirklich nur darauf ankommt, wo diese Stimmen eingesammelt wurden. Das Wahlsystem der USA basiert auf dem Electoral College, sodass nicht unbedingt die Kandidatin oder der Kandidat mit den meisten Gesamtstimmen gewinnt, sondern diejenige oder derjenige, der die Mehrheit der Wahlmännerstimmen erhält. Ich meine mich zu erinnern, dass Hillary Clinton im Wahlkampf 2016 rund 2,9 Millionen Stimmen mehr als Trump geholt hatte, jedoch nicht die Wahlmännerstimmen, die sie benötigte.

Im Fernsehen gibt es neben sämtlichen Sportarten natürlich derzeit nur ein Thema: die Wahl. Aber auch dort muss man gut differenzieren. CNN zum Beispiel ist sehr Harris-orientiert in seiner Berichterstattung, während Fox stark Trump-lastig ist. Die Wahlwerbespots sind anders als bei uns – man greift dort seinen Konkurrenten direkt an, was Trump vorzüglich gelingt.

Schaut man auf die Medien, die weniger zu einer Seite tendieren, also auf eine, wenn man das hier überhaupt finden kann, eher neutrale Berichterstattung setzen, dann sieht es derzeit in den Umfragen so aus, dass alle Wackelstaaten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zeigen und die Ergebnisse dort extrem knapp ausfallen könnten. So scheint es, als würde die Entscheidung für das Kreuz erst in der Wahlkabine erfolgen.

Marco Messina

Die Börse wird spannend

Gibt es gerade überhaupt noch andere Themen in den Staaten, Börse zum Beispiel?

Marco Messina: Am vergangenen Donnerstag war die halbe Stadt zu Halloween auf den Beinen – dem vielleicht spektakulärsten Fest der Amerikaner. Dann wurde am Samstag Día de Muertos gefeiert, womit einer mexikanisch-amerikanischen Gemeinschaft Tribut gezollt wird, und gestern fand der New York Marathon mit über 50.000 Läufern und unzähligen Touristen statt. Da kommt die Wahl morgen irgendwie zu einer Unzeit.

Die Börse ist ja immer ein Thema. Ich hatte hier vor Ort einige spannende Meetings und natürlich war in jedem Meeting auch die Frage präsent: Wer macht das Rennen und welche Auswirkungen sehen wir ab Mittwoch/Donnerstag auf die Börsen? Spannenderweise hatte jeder dazu eher auch seine persönliche Meinung, wer das Rennen macht, weniger eine sachliche Begründung, die sich zum Beispiel auf die Umfragen stützen lassen würde. Gerade weil es derzeit so unklar ist, wird das Thema Börse in wenigen Stunden umso spannender werden.

Erhöhte Volatilität

Was erwarten Sie für diese Handelswoche? Könnte es etwa extreme Ausschweifungen geben?

Marco Messina: Historisch gesehen führen US-Wahlen oft zu kurzfristigen Marktschwankungen aufgrund der Unsicherheit über die zukünftige Politik. Die Handelswoche an den US-Börsen nach der Präsidentschaftswahl könnte von erhöhter Volatilität geprägt sein, weil viele Investoren die Auswirkungen des Wahlergebnisses auf die Wirtschaft und die Finanzmärkte bewerten. Es kann zudem sein, dass sie vorsorglich zuvor Chips vom Tisch genommen haben oder auf das falsche Pferd gesetzt haben.

Es ist wichtig zu beachten, dass die tatsächliche Marktreaktion von verschiedenen Faktoren abhängt, einschließlich der Klarheit des Wahlergebnisses. Nach den Ereignissen vor vier Jahren ist dies wohl das Wichtigste. Das Ergebnis darf keine Zweifel zulassen und sollte keine rechtlichen Auseinandersetzungen wie Nachzählungen nach sich ziehen.

Im zweiten Schritt müssen dann die politischen Programme des gewählten Präsidenten bewertet werden. Analysiert haben wir sie ja bereits alle. Lässt sich das Programm mit der erreichten Mehrheit in den jeweiligen Bundesstaaten umsetzen? Falls ja, welche Aktien sind dafür am besten geeignet?

Im dritten Schritt betrachten wir dann noch einmal kurz die allgemeinen wirtschaftlichen Bedingungen. Anleger sollten daher auf kurzfristige Schwankungen vorbereitet sein und ihre Anlagestrategien entsprechend überprüfen.

Tipps fürs Depot

Was raten Sie Anlegern jetzt? Augen zu und durch?

Marco Messina: „Augen zu und durch“ war mal meine Strategie bei meiner Prüfung zum Bankkaufmann. Ich war mehr der Praktiker und mochte Theoretisches eher weniger. Das lief sehr gut, aber diese Prüfungen am Ende der Ausbildungszeit waren dann wirklich eher Augen zu und durch. Der Kölner würde sagen: „Et hätt noch immer jot jejange.“

Ich weiß nur nicht, ob das bei einem so wichtigen Ereignis wie der US-Wahl der richtige Weg ist. Anleger sollten meiner Meinung nach daher folgende Strategien in Betracht ziehen, wobei ja nicht mehr viele Stunden zum Handeln bleiben:

Diversifikation des Portfolios: Eine breite Streuung über verschiedene Anlageklassen und Regionen, um Risiken zu minimieren. Wie hoch ist mein US-Anteil im Portfolio? Wie hoch ist der Anteil an Aktien, auf die das Wahlergebnis einen direkten Einfluss haben könnte?

Fokus auf Fundamentaldaten: Langfristige Investitionsentscheidungen sollten auf soliden Unternehmens- und Wirtschaftsdaten basieren anstatt auf kurzfristigen politischen Ereignissen. Muss ich also unbedingt die Geo Group als Betreiber von Gefängnissen in den USA trotz der signifikanten Verschuldung vor der Wahl im Portfolio halten? Im Falle eines Wahlsiegs von Harris dürfte der Aktienkurs deutlich nachgeben. Gewinnt Trump, dürfte der Kurs deutlich zulegen.

Liquiditätsreserven aufbauen: Es kann sinnvoll sein, einen Teil des Kapitals in liquiden Mitteln zu halten, um flexibel auf Marktbewegungen reagieren zu können. Im Aktien Navigator halten wir zum Beispiel derzeit rund 13% Cash, um dann auch auf solche Ereignisse reagieren zu können.

Absicherung von Positionen: Wer das Know-how hat, wie einige User im Live Chat, kann natürlich mit dem Einsatz von Hedging-Instrumenten wie Optionen oder Futures das Portfolio gegen mögliche Verluste absichern.

Vermeidung von Panikverkäufen oder FOMO: Kurzfristige Marktschwankungen sind häufig; daher ist es ratsam, nicht überstürzt zu handeln und an der langfristigen Anlagestrategie festzuhalten.

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