Vinfast-Aktie: Könnte es bald wieder knallen?
Die Vinfast-Aktie (WKN: A3ESV6) ist nach dem Börsengang und den atemberaubenden Kurskapriolen weiterhin so hoch bewertet wie ein gestandener Autokonzern mit Milliardeneinnahmen. Am Donnerstag hat der E-Autobauer nun erstmals nach dem IPO Zahlen veröffentlicht und kühne Expansionspläne preisgegeben. Wird der vietnamesische Hersteller zum Nutznießer eines sino-europäischen Handelsstreits? Oder wird sich – wie man so schön sagt – die Geschichte stets wiederholen?
ℹ️ Vinfast vorgestellt
Vinfast ist ein 2017 gegründeter Elektroauto- und -motorradhersteller aus Vietnam. Das Unternehmen gehört mehrheitlich zum Mischkonzern Vingroup des vietnamesischen Milliardärs Pham Nhat Vuong. Seit 2019 verkauft Vinfast ein Sport Utility Vehicle und eine Limousine, die in einer Produktionsstätte in Vietnam gefertigt werden. Der Börsenwert von Vinfast beträgt aktuell rund 107 Milliarden US$.
Zügige Eroberung Europas geplant
Noch in diesem Jahr plant VinFast, seine ersten E-Autos nach Europa zu liefern. Das sagte CEO Le Thi Thu Thuy am Donnerstag gegenüber Reuters nach der Vorlage der ersten Quartalszahlen seit dem Börsengang.
Ein Insider verriet der Nachrichtenagentur Details. Demnach sollen im bevorstehenden Schlussquartal 3.000 Fahrzeuge des Modells „VF8 Crossover“ aus den nordvietnamesischen Fabriken nach Frankreich, Deutschland und in die Niederlande geliefert werden, nachdem man die behördliche Genehmigung erhalten hat. Im kommenden Jahr sollen außerdem auch die Modelle VF6, VF7 und VF9 in Europa ihr Debüt feiern.
Sollte dieses Ziel erreicht werden, würde Europa für VinFast in diesem Jahr zum größten Überseemarkt avancieren. Diesen Status hält bislang die USA, in die Anfang des Jahres 2.100 Fahrzeuge des asiatischen Herstellers geliefert wurden.
Globale Expansion im Visier
Die Chancen auf den Erhalt einer Marktlizenz stehen laut Thuy gut. Der Geländewagen VF8 wurde laut der Vorstandschefin bereits von einer europäischen Aufsichtsbehörde als konform mit den EU-Normen anerkannt und könne innerhalb des Staatenbunds verkauft werden. Das Unternehmen bewirbt sich zudem um das freiwillige Euro NCAP-Sicherheitsrating, fügte sie hinzu.
Weiteren Firmenangaben nach ist die Europa-Expansion nur ein Puzzlestück eines globalen Plans, der den Bau neuer Fabriken in den Vereinigten Staaten und Indonesien vorsieht. Zudem nimmt das Start-up nun weitere Märkte ins Visier wie Indien, den Nahen Osten, Afrika und Lateinamerika.
Nutznießer der europäischen China-Politik?
Unterdessen erwägt die EU-Kommission, Zölle auf die chinesischen Konkurrenten von VinFast zu erheben. Sollte es in der Tat dazu kommen, könnten die Vietnamesen nach Lesart der Nachrichtenagenturen als Nutznießer der Handelsstreitigkeiten hervorgehen.
Derzeit ist Europa laut der Beratungsfirma Inovev der größte Auslandsmarkt für chinesische Hersteller mit knapp 70.000 ausgelieferten E-Autos in den ersten sieben Monaten des Jahres – gegenüber dem Vorjahreszeitraum eine Verdreifachung.
Erneut riesige Quartalsverluste
Während VinFasts Aussichten auf die Eroberung Europa Kursfantasien nähren, lassen die vorgelegten Geschäftszahlen Anleger erschaudern. Zwar meldete der Hersteller für das zweite Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum einen Umsatzanstieg von 131% auf 334 Millionen US$; unter dem Strich stand dennoch wieder ein gewaltiger Nettoverlust von 526,7 Millionen US$ – im Vorjahresvergleich nur ein unwesentlicher Rückgang von 8,2%.
Das Liefervolumen hat der Hersteller in Q2 gegenüber dem Vorjahreszeitraum immerhin auf rund 9.500 mehr als verfünffacht. Für das Gesamtjahr sieht das Management den Verkauf von 40.000 bis 50.000 E-Autos vor.
Winziger Streubesitz macht den Wahnsinn möglich
Die Diskrepanz der Bewertung der VinFast-Aktie zu den Fundamentaldaten des Unternehmens machen auf den ersten Blick sprachlos. Wenn man die Marktkapitalisierung und den Umsatz des vietnamesischen Start-ups mit den Zahlen von Konkurrenten wie Nio, Lucid oder Polestar vergleicht, hat das VinFast-Papier trotz seines tiefen Falls Anfang des Monats ein weiteres Abwärtspotenzial von mindestens 80%.
Ein Blick auf die Aktionärsstruktur zeigt jedoch: Dieses Marktversagen ist nur deshalb möglich, weil lediglich 1% der VinFast-Aktien tatsächlich an der Nasdaq handelbar sind. Der Löwenanteil der Shares ist in Besitz des Milliardärs und Gründers Pham Nhat Vuong. Ein solch begrenzter Streubesitz kann Kursbewegungen erheblich verstärken – insbesondere wenn Short-Positionen de facto nicht möglich sind, was korrigierende Marktmaßnahmen weiter einschränkt.
Talfahrt hat gerade erst begonnen
Mit den ehrgeizigen Zielen und nur 160 Millionen US$ an Barmitteln müssen sich VinFast-Anleger weiterhin auf eine gefährliche Reise einstellen. Hinzu kommen große Risiken durch die Abhängigkeit vom volatilen vietnamesischen Dong, der zum US-Dollar einen Wechselkurs von 24.000:1 aufweist.
Wer hier eine Chance auf spekulative Gewinne sieht, dem sei gesagt: Das VinFast-Phänomen ist beileibe kein Einzelfall – und am Ende haben sich jedes Mal die Fundamentaldaten durchgesetzt.
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