Volkswagen-Aktie: Droht ein 10-Jahrestief?
Über drei Jahre zieht sich der mehr oder weniger kontinuierliche Niedergang der Volkswagen-Aktie (WKN: 766400) nun schon hin. Das Papier des deutschen Autogiganten ist auf bestem Wege, auf ein neues 10-Jahrestief zurückzufallen. Wie ernst ist die Lage?
Ein Berg an Problemen
Die Kursentwicklung der Volkswagen-Aktie zeigt deutlich, wie ernst es um Volkswagen steht. Zwar ist die Existenz des Wolfsburger Autokonzerns nicht bedroht, aber der größte deutsche Autobauer hat seit Jahren mit einem Berg an Problemen zu kämpfen und scheint bei deren Beseitigung nicht wirklich voranzukommen.
Deutlich verschärfter Wettbewerb
Kernproblem von Volkswagen ist der deutlich verschärfte Wettbewerb in der globalen Autoindustrie. Während VW in der Vergangenheit primär mit französischen, koreanischen und japanischen Herstellern konkurrierte, sind mit Tesla, BYD sowie weiteren chinesischen Herstellern in den letzten fünf Jahren zahlreiche neue und potente Autobauer in den internationalen Markt eingestiegen.
Während sich VW in der Vergangenheit noch auf einen Qualitäts- und teilweise Technologievorteil berufen konnte, sind diese Wettbewerbsvorteile vollständig verlorengegangen. Ganz im Gegenteil. Viele asiatische Hersteller haben VW in Sachen Qualität und Technologie inzwischen überholt. Vor allem im Bereich der Software hat Volkswagen Aufholbedarf.
Fehlendes Angebot
Eines der Hauptprobleme von Volkswagen im internationalen Wettbewerb ist, dass die Fahrzeuge des Konzerns zu teuer sind. Bis heute bietet VW kein Elektroauto im Niedrigpreissegment an. Für einen Autohersteller mit diesem Namen ist das eigentlich eine Schande.
Erst 2027 will VW einen Kleinelektrowagen für einen Preis von rund 20.000 € auf den Markt bringen. Bis dahin sind Wettbewerber wie BYD und Stellantis schon jahrelang mit Wettbewerbsprodukten auf dem Markt. Die Wolfsburger müssen enorm Gas geben, um im Kleinwagensegment nicht völlig den Anschluss zu verlieren.
Hohe Investitionskosten
Die nächste massive Herausforderung von VW ist die Transformation zur Elektromobilität. Während Hersteller wie Tesla, Nio und Xiaomi von Anfang an auf E-Autos setzten und ihre volle Finanz- und Innovationskraft auf diese Antriebsart konzentrierten, müssen die Wolfsburger bis heute zweigleisig fahren:
Zum einen muss VW Milliardeninvestitionen für die Produktion von E-Autos tätigen, zum anderen aber auch Verbrennungsmotoren weiter entwickeln und produzieren. Diese Zweigleisigkeit bindet enorme Ressourcen.
Abhängigkeit von China
China hat sich in den letzten Jahren zum größten Automarkt der Welt entwickelt. Dementsprechend durfte sich auch VW über ein fabelhaftes Absatzwachstum im Reich der Mitte freuen.
Die Kehrseite der Medaille: VW ist stark von China abhängig geworden. Der Pkw-Absatzanteil lag im ersten Quartal 2024 bei fast 35%. Diese Abhängigkeit wird aus zwei Gründen zum Problem:
Zum einen herrscht seit gut drei Jahren ein mörderischer Wettbewerb auf dem chinesischen Markt. Einheimische und ausländische Hersteller kämpfen in massiven Rabattschlachten verbissen um Marktanteile – und das zu Lasten ihrer Gewinnmargen.
Zum anderen ziehen derzeit düstere Wolken in den Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und China auf. Aufgrund der laufenden Subventionierung der Autohersteller durch Peking will die EU nun Strafzölle gegen chinesische Autos erheben. Die Maßnahme könnte der Auftakt zu einem Handelskrieg zwischen den beiden Wirtschaftsgroßmächten führen, bei dem VW definitiv einer der Verlierer wäre.
Der Konzern verdient zu wenig
All diese Probleme führen unter dem Strich dazu, dass Volkswagen seit Jahren viel zu wenig Geld verdient. Zwar konnte VW in den letzten drei Geschäftsjahren seine operative Marge leicht steigern, aber sie ist im Wettbewerbsvergleich immer noch zu niedrig.
Im ersten Quartal 2024 lag sie bei knapp über 6%. Für das Gesamtjahr peilt der Konzern eine Marge von 7,0 bis 7,5% an. Das reicht nicht, um langfristig in der Autoindustrie wettbewerbsfähig zu bleiben.
Keine Trendwende in Sicht
Das Chartbild der Volkswagen-Aktie ist desaströs. Seit März 2021 befindet sich der DAX-Titel in einem ausgeprägten Abwärtstrend. Eine kurze Erholungsphase zum Jahresbeginn brachte keine nachhaltige Trendwende.
Die Volkswagen-Aktie notiert aktuell noch rund 16% über ihrem 10-Jahreshoch.
Aus gutem Grund ein Schnäppchen
Aus all den genannten Gründen sehe ich derzeit nicht, warum es beim Kurs der Volkswagen-Aktie eine Trendwende geben sollte. Ich gehe davon aus, dass der DAX-Titel in den kommenden Wochen auf sein 10-Jahrestief bei knapp unter 100 € fällt.
Viele Experten argumentieren, dass die VW-Aktie alleine schon wegen ihrer sensationell günstigen Bewertung ein Kauf wäre. Klar, ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp unter 4 ist selbst für einen Autobauer auf den ersten Blick ein Schnäppchen.
Auf den zweiten Blick hat es aber auch gute Gründe, warum die Volkswagen-Aktie so günstig ist. Die Wolfsburger werden es in den nächsten Jahren nicht einfacher haben. Viele neue Hersteller drängen auf den europäischen Heimatmarkt von VW und werden den Wettbewerb hierzulande drastisch verschärfen. Volkswagen muss in den kommenden Jahren seine PS sehr viel schneller auf die Straße bringen als bislang.
ℹ️ Volkswagen vorgestellt
- Die Volkswagen AG mit Sitz in Wolfsburg ist der nach Umsatz größte und nach Absatz zweitgrößte Fahrzeughersteller der Welt. Zusätzlich zur Kernmarke Volkswagen ist die VW AG auch Muttergesellschaft zahlreicher weiterer Autohersteller, darunter Audi, Lamborghini, Porsche, Seat und Skoda.
- Neben dem Pkw-Bereich gehört auch der Geschäftsbereich Nutzfahrzeuge mit den Unternehmen MAN und Scania zum VW-Konzern. Zudem bietet der Konzern zahlreiche Finanzdienstleistungen an, darunter Finanzierungen und Versicherungen.
- Volkswagen ist Mitglied im deutschen Leitindex DAX und im europäischen Leitindex EuroStoxx 50 und aktuell ca. 59 Milliarden € wert.
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